Die richtige Tritttechnik für Radfahrer istockphoto.com/GregChristmann

Die richtige Tritttechnik für Radfahrer

  • Marco Heibel
Jan Ullrich oder Lance Armstrong? Große oder kleine Übersetzung? Das ist die Frage, die sich Radrennfahrer immer wieder stellen. Mittlerweile hat sich wahrscheinlich das Gros für eine Technik mit vielen Umdrehungen entschieden – und das aus gutem Grund, wie eine US-Studie nahelegt.

In der Ratgeberliteratur zum Thema Radfahren wird immer wieder zu hohen Trittfrequenzen geraten. Die Gründe liegen auf der Hand: Auch mit kleinen Gängen lassen sich große Geschwindigkeiten erzielen. Man muss zwar mehr Umdrehungen machen als bei einer großen Übersetzung, jedoch sind kleinere Gänge kraftsparender. Eine Studie der Universitäten von Wisconsin und Wyoming hat nun herausgefunden, warum das so ist.

Was beim Treten im Körper geschieht


Die Wissenschaftler wollten in ihrer Untersuchung ermitteln, welche Auswirkungen schnelles bzw. langsames Treten auf die Muskelzellen in den Beinen hat. Hierzu ließen sie acht Radrennfahrer zwei halbstündige Testläufe bei einer Intensität von 85 Prozent ihrer maximalen Sauerstoffaufnahmekapazität (VO2max) absolvieren.

Im ersten Durchgang lautete die Vorgabe, bei konstant 50 Umdrehungen pro Minute in einem hohen Gang zu fahren. Im zweiten Durchgang waren 100 Umdrehungen pro Minute bei niedriger Übersetzung gefordert. Dabei sollten die Probanden versuchen, möglichst die gleiche Geschwindigkeit wie im ersten Durchgang zu erzielen.

Das Ergebnis: Der Sauerstoffverbrauch, die Herz- und Atemfrequenz sowie die Laktatwerte waren bei jedem Teilnehmer in beiden Durchgängen sehr ähnlich. Allerdings wurden bei einer Frequenz von 50 Umdrehungen pro Minute überwiegend Kohlenhydrate im Körper abgebaut, bei 100 Umdrehungen überwiegend Fette. Nun ist die Kapazität der Glykogenspeicher im Körper begrenzt, während die menschlichen Fettreserven nahezu unerschöpflich sind; ein Plädoyer für die hohen Trittfrequenzen. Doch wie lässt es sich erklären, dass bei wenigen Kontraktionen in erster Linie der Glykogenvorrat angetastet wird?

Schnelle vs. langsame Muskelfasern


Des Rätsels Lösung verbirgt sich hinter den schnell kontrahierenden Muskelfasern (auch: fast twitch- oder FT-Fasern). Diese verloren bei 50 Umdrehungen pro Minute rund 50 Prozent ihres Glykogens, bei 100 Umdrehungen jedoch nur knapp 33 Prozent.

Was zunächst paradox erscheinen mag – schließlich sollte man meinen, dass bei einer niedrigen Trittfrequenz eigentlich keine schnellen Kontraktionen von Nöten sind –, lässt sich jedoch erklären: Hohe Gänge erfordern einen größeren Kraftaufwand; und da schnelle Fasern leistungsstärker sind als langsame, kommen sie hier zum Einsatz. Vereinfacht ausgedrückt: Unser Körper ist so „gepolt“, dass dann, wenn ein erhöhter Kraftaufwand nötig ist, der Motor mit der größten Zugkraft anspringt. Und das sind nun einmal die FT-Fasern. Im Umkehrschluss verschiebt sich bei einer hohen Trittfrequenz die Hauptlast hin zu den langsamen Fasern (auch slow tiwtch- oder ST-Fasern). Hier kommt es zwar zu vielen Kontraktionen, doch diese sind verhältnismäßig leicht und können auch von den ST-Fasern bewältigt werden.



Auch für die Energiegewinnung aus Fett bzw. Glykogen gibt es eine Erklärung: ST-Fasern beziehen ihre Energie überwiegend aus dem Fetthaushalt, FT-Fasern aus dem Kohlenhydrathaushalt.

Hohe Trittfrequenz spart Kraft und steigert Fettverbrennung


Es hat also durchaus seinen Grund, warum immer wieder zu Trittfrequenzen im Bereich von 80-90 Umdrehungen pro Minute geraten wird. Wie die Studie zeigt, sind Fahrten bei schnelleren Kadenzen kraftsparender und verbrennen während des Trainings mehr Fett. Im Umkehrschluss bleibt bei dieser Fahrweise in den FT-Fasern mehr Glykogen erhalten. Und dieser Faktor kann sich im Verlauf eines Rennes für Antritte oder Schlusssprints noch als lohnend erweisen.

(Quelle: European Journal of Applied Physiology)

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