Was bringen Kältekammern picture alliance

Was bringen Kältekammern

  • Marco Heibel
Es ist zwar schon kalt genug in Deutschland, aber ein bisschen kälter geht es immer noch. Mittlerweile gibt es rund 70 Kältekammern in Deutschland, die einerseits zu Therapiezwecken eingesetzt werden, von denen aber auch Sportler profitieren können. Doch warum sollte man sich minus 110°C antun?

Kältekammern wurden hierzulande lange Zeit vor allem zur Behandlung von Leiden wie Rheuma oder Epilepsie eingesetzt. Andernorts hat man jedoch schon längst erkannt, dass die Kälte auch gesunden Menschen und insbesondere Sportlern gut tut: Die australische Olympiamannschaft hat sich bereits 1996 dem extremen Frost ausgesetzt. Mittlerweile hat man auch im deutschen Spitzensport nachgezogen. So gibt es seit Mitte des Jahres z.B. eine Kältekammer im Bundesleistungszentrum Kienbaum.

Das Prinzip der Kältekammer


Der Körper wird in drei Phasen herunter gekühlt. In der ersten Kammer herrschen minus 10°C, in der zweiten minus 60°C und in der dritten minus 110°C. Das gesamte Prozedere dauert nur knappe 3 Minuten. Die Athleten laufen dabei in der Kammer umher. Danach geht es schrittweise wieder ins Warme, wo eine halbe Stunde nachruhen angesagt ist.

Die Bekleidung erscheint auf den ersten Blick wenig angebracht angesichts der Temperaturen: Schuhe, Socken, Badebekleidung, Handschuhe, Stirnband und Mundschutz. Doch das hat seinen Grund und ist keinesfalls ein Verstoß gegen den guten Mode-Geschmack. Zum einem ist die Luft in der Kältekammer extrem trocken, sodass die Temperaturen zumindest kurzfristig erträglich bleiben. Zum anderen sorgt die minimalistische Bekleidung für den gewünschten Effekt: Die eisige Temperatur kühlt die Haut ab (von ca. 33°C auf 15°C), die peripheren Gefäße verengen sich, und das Blut verteilt sich von der Oberfläche ins Körperinnere. Dadurch werden die Muskeln mit jedem Herzschlag stärker als üblich durchblutet und vermehrt mit Sauerstoff versorgt.

Kurzzeitiger Leistungszuwachs durch Pre-Cooling

Mittlerweile gibt es rund 300 Publikationen rund um die Wirkung von Kältekammern. Die Wissenschaft kommt darin überein, dass der Athlet unmittelbar nach der Kältebehandlung kurzzeitig mehr Leistung abrufen kann (im Spitzenbereich 1 bis 2 Prozent, im Amateurbereich bis zu 10 Prozent). Dies lässt sich dadurch erklären, dass sich der Körper beim Sport danach nicht so schnell erhitzt. Der Effekt dieses so genannten „Pre-Cooling“ hält jedoch nur rund eine halbe Stunde an.

Doch prinzipiell leuchtet es ein: Der menschliche Körper hat im Normalfall eine Temperatur zwischen 36 und 37°C. Steigt die Temperatur beim Sport über dieses Maß an, muss zusätzliche Energie aufgewendet werden, um ihn wieder herunter zu kühlen. Dadurch, dass der Körper jedoch vorgekühlt ist, dauert es länger, bis die Thermoregulation einsetzt. Diese zusätzliche Energie steht dann dem Sportler zur Verfügung.
Untermauert werden diese Ansichten durch diverse Studien. Im Rahmen einer Studie der Universitäten Münster und Dortmund etwa absolvierten 50 Sportler je zwei Läufe bei 90 Prozent Maximalleistung – einen nach Warm-Up und einen nach einem Besuch in der Kältekammer. Das Resultat: Alle Teilnehmer konnten sich nach der „Schockfrostung“ verbessern.

Verbesserte Regeneration

Darüber hinaus kann die konzentrierte Kälte auch die Regeneration beschleunigen. Die Wissenschaft empfiehlt eine solche Anwendung unter anderem nach harten Intervalltrainings. Durch dieses „Post-Cooling“ können zudem Entzündungen verhindert oder schneller kuriert werden.
Im Übrigen hat die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) durchaus registriert, dass sich durch einen Besuch in der Kältekammer ein Leistungszuwachs einstellen kann. Auf die Dopingliste setzen wird sie das „Kälte-Doping“ jedoch nicht. Im Blut oder Urin ließe sich es sich ohnehin nicht nachweisen…

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