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Die fünf kuriosesten Motivationstricks im Sport

  • Marco Heibel
Sportler für einen Wettkampf zu motivieren ist nicht immer ganz einfach. Nicht von ungefähr haben in der Geschichte des Sports Trainer, Athleten und sogar Staatsoberhäupter zu teilweise abstrus erscheinenden Motivationstricks gegriffen. Die netzathleten zeigen die fünf kuriosesten Kniffe.

Platz 5: Gerd Müller visualisiert seine schönsten Treffer


Das Ranking eröffnet ein verhältnismäßig simpel wirkender Motivationstrick. Doch nur weil ein Trick einfach ist, muss er nicht schlecht sein. In diesem besonderen Fall war er sogar höchst erfolgreich. Man mag es kaum glauben, aber auch Gerd Müller, der „Bomber der Nation“, hatte im Verlauf seiner Karriere die eine oder andere Tor-Flaute.

Als es beim Bayern-Stürmer in der Saison 1975/76 so gar nicht lief, ließ der damalige FCB-Trainer Dettmar Cramer - heute vor allem bekannt als der sympathische ältere Herr aus einem Bank-Werbespot - seinen Starstürmer im Zwiegespräch einfach von seinen schönsten Toren erzählen. In der Sportpsychologie nennt man das Visualisieren.

Cramer beschrieb später, wie Müllers Augen mit jedem visualisierten Tor mehr und mehr leuchteten. Der Torjäger hatte sein Selbstvertrauen und seine Treffsicherheit wieder. Es folgten Tore am Fließband. Am Ende der Saison stand für den FC Bayern der dritte Titel in Serie im Landesmeister-Pokal (der heutigen Champions League) und der Weltpokal-Sieg.

Platz 4: Christian Gross und seine Leckerlis


Christian Gross, der heutige Trainer des VfB Stuttgart hat sich Mitte der Neunziger Jahre etwas ganz Originelles einfallen lassen, um seine Spieler vor dem Spiel des Jahres heiß zu machen. Gross‘ Grasshoppers aus Zürich hatten soeben die Schweizer Meisterschaft gewonnen und waren in der Champions League-Qualifikation gegen Maccabi Tel-Aviv nur noch einen Schritt vom lukrativen Einzug in die Gruppenphase entfernt.



Um seiner Mannschaft den letzten Kick zu geben, ließ er für jeden seiner Spieler einen Mini-Champions League-Pokal aus Schokolade anfertigen. Die Botschaft lautete: So süß ist die Champions League. Der Motivationstrick glückte, die Grasshoppers schafften es in die Gruppenphase. Dort waren sie allerdings gegen Ajax Amsterdam und Real Madrid ohne jede Chance.

Platz 3: Ein Maskottchen zum Anfassen


In der Hinrunde der Bundesliga-Saison 1993/94 schickte sich Eintracht Frankfurt an, die Deutsche Meisterschaft im Sturm zu gewinnen. Die Mannschaft um Uwe Bein, Anthony Yeboah, Jay-Jay Okocha und Uli Stein bot Traumfußball und stand nach 11 Spieltagen mit neun Siegen und zwei Unentschieden souverän an der Tabellenspitze.

In dieser Erfolgsphase wartete der erst im Sommer '93 installierte Trainer Klaus Toppmöller mit flotten Sprüchen („Bye bye, Bayern“) und eigenwilligen Motivationsmethoden auf. So überraschte Toppmöller seine Spieler mit einem leibhaftigen Steinadler, dem Eintracht-Wappentier. Diesen brachte er nach einer Trainingseinheit mit in die Mannschaftskabine. Er wollte mit dieser Maßnahme noch ein paar Prozentpunkte mehr aus seinen Spielern herauskitzeln.

Ob der bald darauf einsetzende Absturz an der Aktion mit dem Adler festzumachen ist, lässt sich im Nachhinein nicht sagen; jedenfalls gewann die Eintracht bis zum Saisonende nur noch sechs weitere Spiele, handelte sich aber noch elf Niederlagen ein und beendete die Saison als Fünfter. Und bereits nach dem 30. Spieltag hieß es: „Bye bye, Toppi“.

Platz 2: Christoph Daum – Einzig übers Wasser ließ er sie nicht laufen


Um ein Haar-Bundestrainer Christoph Daum gilt als einer der größten Motivatoren des Fußballsports. Im Verlauf seiner fast 25 Trainerjahre auf höchster Ebene hat er schon auf die verschiedensten Motivationstricks zurückgegriffen, weswegen er völlig zu Recht auf Platz zwei in diesem Ranking landet. Nicht jeder dieser Tricks geht allerdings auf Daum selbst zurück (vermutlich sind es sogar die wenigsten). Aber es hat ja auch noch nie geschadet, über den Tellerrand zu schauen.

So hat Daum in seiner ersten Amtszeit als Cheftrainer beim 1.FC Köln (1986-1990) vor einem Spiel gegen den FC Bayern seiner Mannschaft die Extra-Siegprämie von 13.000 DM nicht nur versprochen, sondern – vermutlich um Missverständnissen mit den ausländischen Profis im Kader vorzubeugen – die Scheine auch gleich an die Kabinentür genagelt. Es half, der FC gewann mit 3:1. Daums Idee war das jedoch nicht. Der damalige FC-Sportdirektor Udo Lattek hatte diesen Kniff Jahre zuvor schon während seiner Zeit als Bayern-Trainer angewandt.

Wirklich berühmt wurde Daum jedoch für zwei andere Motivationstricks, die er in seiner Zeit bei Bayer Leverkusen (1996-2000) aus dem Ärmel schüttelte. Er ließ seine Spieler zunächst über glühende Kohlen und ein paar Jahre später noch einmal über Glasscherben laufen. Diese Maßnahmen sollten den Spielern zeigen, welche vermeintlichen Hindernisse sie mit der Kraft ihres Willens nehmen können.

Mit diesen beiden Maßnahmen sorgte Daum für einiges Aufsehen in der Branche. Dabei war dies ebenfalls keine neue Errungenschaft, sondern allenfalls gut abgekupfert. Insbesondere auf den in den 90er Jahren so populären Motivationsseminaren, von denen Daum ein großer Fan war, gehörte der Gang über glühende Kohlen (respektive Glasscherben) zum guten Ton. Nichtsdestotrotz: Im Falle Daums rechtfertigt allein die Masse an Motivationstricks den zweiten Platz. Einige weitere Motivationskniffe sind hier nämlich aus Platzgründen noch unter den Tisch gefallen, u.a. die bei Ulf Kirsten angewandte "Staubsaugervertreter-Mentalität", um dessen Ladehemmung zu bekämpfen.

Platz 1: Der Haka-Tanz der neuseeländischen Rugby-Mannschaft


Auf den ersten Platz hat es der Haka, der Ritualtanz der Maori geschafft. Mit diesem Tanz stimmten sich einst die neuseeländischen Ureinwohner auf  anstehende Schlachten ein, versuchten aber mit dem Kampfgeschrei nicht zuletzt auch, den Gegner einzuschüchtern.

Die neuseeländische Rugby-Nationalmannschaft (die „All Blacks“) importierte diesen Tanz in den Sport. Er wurde für sie vor Länderspielen so selbstverständlich wie das Abspielen der Nationalhymne. Der Effekt auf Gegner und Publikum war anfangs noch groß, einigen Gegnern konnte man den Respekt förmlich ansehen. Vermutlich war der Haka damals auch zweierlei: ein Mittel, sich selbst zu pushen; aber auch ein Weg, den Gegner zu demotivieren. Hier eine kleine Kostprobe:

${center:Haka}

Mittlerweile scheint der Haka jedoch an Wirkung eingebüßt zu haben – und zwar in dem Maße, in dem er Anhänger und Nachahmer hinzugewonnen hat. Sowohl die neuseeländische Basketball- als auch die Fußballnationalmannschaft tanzen ihn mittlerweile vor jedem Spiel, und andere Rugby-Nationen (u.a. die Samoaner) haben nun auch irgendwo einen Ritualtanz „ausgegraben“, den sie vor Spielen zelebrieren.

Die Faszination des Haka hat auch auf die Fußball-Bundesliga abgefärbt. Im ersten Bundesligajahr des FSV Mainz 05 (2004/05) spielte der damalige Trainer Jürgen Klopp seiner Mannschaft auf der Fahrt zu den Spielen regelmäßig ein Video des Haka vor, um sie heiß zu machen und den Teamgeist zu beschwören. Motto: „Wir sind die All Reds.“

Und als wäre überhaupt nichts mehr heilig, kursieren mittlerweile im Internet sogar diverse Haka-Parodien. Hier ist eine davon:

${center:Parodie}

Außer Konkurrenz: Mussolini und Mobutu


Aus Gründen der Menschlichkeit gehört der folgende „Motivationstrick“ nicht in unsere Top 5. Er ist aber dennoch so kurios und außergewöhnlich, dass man ihn trotzdem erwähnen sollte. Mittlerweile hat sich der Fußballweltverband FIFA ja jeglichen Einfluss der Politik auf den Sport verbeten. Das war bei den Weltmeisterschaften 1934 und 1974 noch nicht der Fall. Damals versuchten die Diktatoren Mussolini (1934/Italien) und Mobutu (1974/Zaire), den Vertretern ihres Landes mit einer knappen, aber unmissverständlichen Botschaft Beine zu machen. Beide schickten ihren Teams vor Turnierbeginn einen Brief mit dem Text „Sieg oder Tod“.

Im Falle der Italiener sollte es am Ende tatsächlich für den Titel reichen – wobei einige skandalöse Schiedsrichterentscheidungen der Squadra Azzurra zu Hilfe kamen. Womöglich hatte Mussolini, der den Titel bei der Heim-WM nicht zuletzt aus Propaganda-Gründen unbedingt wollte, seine Finger im Spiel.

Beim Zaire 40 Jahre später war bereits frühzeitig abzusehen, dass es nicht für den Sieg reichen würde. Die Mannschaft verlor gegen Schottland zum Auftakt mit 0:2, im zweiten Gruppenspiel gegen die Jugoslawen setzte es sogar eine 0:9-Klatsche. Jahre nach der WM hatten einige Spieler erzählt, dass Diktator Mobutu ihnen für den Fall einer 0:4-Niederlage gegen Brasilien im letzten Gruppenspiel mit dem Tod gedroht hatte.

Das würde auch das Verhalten einiger Spieler in dieser Partie erklären. Als Brasilien nämlich kurz vor Schluss beim Stand von 3:0 einen Freistoß aus aussichtsreicher Position zugesprochen bekam, stürmten gleich mehrere Afrikaner bereits vor der Ausführung hektisch aus der Mauer und kickten das Leder auf die Tribüne. Letzten Endes retteten sie das 0:3 über Zeit und somit ihr Leben. Wobei niemand sagen kann, ob Mobutu mit seiner Drohung ernst gemacht hätte. Zum Glück haben es die Spieler nicht darauf ankommen lassen.

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