Schaffelhubers Goldjahr: „Ich bin die gleiche Anna geblieben“ Michael Kaltenecker - Y.E.S. Sportmarketing GmbH

Schaffelhubers Goldjahr: „Ich bin die gleiche Anna geblieben“

  • Derk Hoberg

Ein Jahr ist ihr großer Triumph inzwischen her: Mit fünf Goldmedaillen stieg Anna Schaffelhuber zur strahlendsten Athletin der Deutschen Paralympischen Mannschaft in Sotschi auf. Ihre Erfolge verhalfen der Monoskibobfahrerin zu einer noch größeren Bekanntheit – und zogen viele PR-Termine nach sich. Nun steht die Regensburgerin bei der Weltmeisterschaft in Kanada endlich wieder sportlich im Blickpunkt – und die Paralympics 2018 in ihrem ganz persönlichen Fokus.

Das Leben der Anna Schaffelhuber lässt sich seit vergangenem Winter in „Vor-Sotschi“ und „Nach-Sotschi“ teilen: Vor den Paralympischen Spielen in Russland nahm die Öffentlichkeit die durchaus beachtlichen Erfolge der 22-Jährigen kaum wahr, danach entbrannte ein regelrechter Hype um die junge Sportlerin. Vor Sotschi war der Gewinn einer Goldmedaille das große Ziel, nach Sotschi hängt das begehrte Edelmetall gleich fünffach in ihrem Schrank. Vor Sotschi Außenseiter in der Sportszene, nach Sotschi ein Star. Als solcher und als große Favoritin startet sie nun bei der alpinen WM im kanadischen Panorama.

Dort richtet sich der Fokus der Öffentlichkeit vor allem auf die gebürtige Regensburgerin. Auf dem Internetportal von ‚Wir für Deutschland’ erklärt sie: „Ganz ehrlich: Bevor ich diese fünf Goldmedaillen in Sotschi gewonnen hatte, kam ich mir wirklich eher wie eine Randnotiz vor“, erinnert sich Schaffelhuber an die Zeit vor ihrem größten Triumph - und das trotz vier Weltmeistertiteln und einer Bronzemedaille im Super-G bei den Paralympics 2010 in Vancouver. Die Erfolge in Russland veränderten diese Wahrnehmung nachhaltig: „Seit Sotschi fühle ich mich deutlich anerkannter“, sagt Schaffelhuber. „Ich komme mir auch in der öffentlichen Wahrnehmung mehr als Leistungssportlerin vor.“

Dies machte sich auch in ihrem Kalender bemerkbar: Medienanfragen, Sponsorentermine, Ehrungen. „Nach Sotschi war es brutal viel“, blickt Schaffelhuber auf die vielleicht stressigsten Wochen ihres Lebens zurück. „Es gab tatsächlich einen Zeitpunkt, an dem ich gesagt habe: Jetzt muss ich weniger machen, sonst komme ich nicht mehr zum Ski fahren.“ Tatsächlich trainierte sie in den vergangenen Monaten weniger als im Jahr zuvor, sogar ein Urlaubssemester an der Universität hat die Jura-Studentin einlegen müssen, um der Terminflut Herrin zu werden. Es sei „wirklich extrem“ gewesen, sagt Schaffelhuber heute, doch auf der anderen Seite freut sie das auch: „Ich wollte und musste das mitnehmen. So eine Aufmerksamkeit ist einfach positiv - nicht nur für mich, sondern für unseren ganzen Sport. Wir wollen ja bekannter werden.“

Wirklich abgeebbt sind die Termine zur Überraschung Schaffelhubers immer noch nicht: „Natürlich ist es weniger geworden, doch eigentlich hat es bis heute angehalten“. Die vorläufige Krönung ihrer Erfolge in Sotschi erhielt sie erst im Januar: Schaffelhuber wurde von der Laureus-Stiftung als Weltbehindertensportlerin des Jahres 2014 nominiert. Stolz sagt sie dazu: „Das bedeutet mir unheimlich viel. Der Laureus ist die höchste Ehrung, die man erhalten kann. Ich habe mir immer gesagt: Irgendwann wäre es schon cool, so weit zu kommen - und das ich jetzt schon nominiert bin, freut mich wirklich sehr.“

Ihre Motivation hat sich Schaffelhuber trotz der fünf Goldmedaillen und dem öffentlichen Hype bewahrt: „Als ich direkt nach Sotschi die Medaillen im Schrank hängen sah, habe ich kurz gedacht: Eigentlich hast du alles erreicht, was du erreichen kannst. Doch dann habe ich gemerkt, dass die Medaillen eigentlich nicht viel ändern - denn die Motivation ist weiterhin da.“ Ihr sei stattdessen etwas klar geworden: „Ich will das nicht nur einmal erreichen, sondern noch ein zweites Mal. Ich will zeigen, dass es kein Zufall war, sondern, dass ich wieder ganz oben stehen kann.“

Dafür hat Schaffelhuber gemeinsam mit ihren Coaches das Training umgestellt. „Ich trainiere nun mit einer höheren Intensität als vor Sotschi“, verrät die Monoskibobfahrerin, die aufgrund einer Querschnittslähmung auf den Rollstuhl angewiesen ist. „Ansonsten schauen wir natürlich weiterhin immer auf die Technik, denn die Basics müssen sitzen.“ Mental helfen ihr die fünf Goldmedaillen auch im Training: „Ich weiß, dass ich das schaffen kann, ganz oben zu sein“, beschreibt sie, „so habe ich den Mut, im Training auch mal etwas auszuprobieren.“ Das zahlt sich aus: Schaffelhuber erhielt Anfang Februar sowohl die kleine Kristallkugel für den Disziplin-Gesamtweltcup-Sieg im Slalom als auch die große Kristallkugel für den Gewinn des Gesamtweltcups,

Im März steht nun das erste Großereignis nach Sotschi an: Die WM in Panorama. Schaffelhuber reist freilich als heißeste Gold-Kandidatin nach Kanada. „Wenn man fünf Goldmedaillen bei den Paralympics holt und dann beim nächsten Großereignis startet, muss das ganz große Ziel Gold sein, alles andere wäre Schmarrn“, weiß sie um den Druck. Sie wird in alle ihren goldenen Disziplinen an den Start gehen: In der Abfahrt, dem Super-G, dem Slalom, dem Riesenslalom und der Super-Kombination. Ob es wieder für fünf Goldmedaillen reicht? Schaffelhuber schmunzelt: „Am Schluss werden wir sehen, wie oft ich den perfekten Tag erwischt habe.“

Die Weltmeisterschaft ist jedoch nur ein Schritt auf dem Weg zu ihrem nächsten großen Ziel: Die Paralympischen Spiele 2018 in Pyeongchang. „Ich habe immer gesagt: Die nächsten Spiele will ich noch mitnehmen“, blickt Schaffelhuber voraus. „Südkorea ist das große Ziel, auf das alles ausgerichtet ist.“ Anders als vor Sotschi hat sie die Motivation in Form von fünf Goldmedaillen schon im Schrank hängen. Verändert haben sie die Erfolge, der Hype und die verrückte Zeit nach Sotschi indes nicht, da ist sich Schaffelhuber sicher: „Persönlich bin ich die gleiche Anna geblieben.“

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