WM-Kolumne von Marina Hegering (letzter Teil) picture-alliance

WM-Kolumne von Marina Hegering (letzter Teil)

  • Redaktion
Nach drei tollen Wochen ist die Frauenfußball-WM nun zu Ende gegangen. Mit dem Finale am Sonntag durften wir noch einmal ein sehr spannendes und gutes Spiel zum Abschluss erleben. Ich freue mich sehr für die Japanerinnen, dass sie den Titel geholt haben. Und auch dem gebeutelten Land Japan tut dieser Erfolg mit Sicherheit sehr gut.

Ein würdiger Weltmeister ist Japan meiner Meinung nach auf jeden Fall. Sie haben im Turnierverlauf sehr gute Leistungen gezeigt und immer die Ruhe bewahrt, selbst wenn sie schon kurz vor dem Ausscheiden standen oder sich aus brenzligen Situationen befreien mussten. Das hat die Menschen begeistert. Als neutraler Beobachter hätten aufgrund der größeren Spielanteile und der Vielzahl von Chancen eher die Amerikanerinnen den Sieg verdient gehabt. Aber so ist Fußball nun mal.

Dass den US-Amerikanerinnen am Ende dann so die Nerven versagt haben, hat mich doch sehr überrascht. Sie haben ein gutes Spiel gezeigt und hätten eigentlich mit sehr viel Selbstbewusstsein ins Elfmeterschießen gehen können. Schon allein die Tatsache, dass die Japanerinnen zwei Mal nach einem Rückstand noch in die Partie zurückkommen konnten… daran hätte ich nicht geglaubt. Grundsätzlich zugetraut hatte ich ihnen das zwar schon, aber ich habe amerikanische Mannschaften immer als sehr abgezockt kennen gelernt. Das war sehr untypisch und das hat mich doch sehr gewundert.

„Ein würdiger Abschluss“

Alles in allem war das Finale jedenfalls noch einmal ein würdiger Abschluss der Weltmeisterschaft in Deutschland. Auch mit der Abschlussfeier vor Spielbeginn. Die Stimmung in Frankfurt war noch einmal super. Das Stadion war bis auf den letzten Platz ausverkauft und es standen sich zwei Mannschaften im Finale gegenüber, die fast immer überzeugt haben. Beim Elfmeterschießen stand ich bei den japanischen Fans und als die Mannschaft gewonnen hatte, sind viele Tränen geflossen und alle haben sich so sehr gefreut. Das war ein sehr schönes Erlebnis. Schade war nur, dass man das Feuerwerk von den Rängen gar nicht gesehen hat, weil das Dach in Frankfurts WM-Stadion geschlossen war.

Platz 3 für Schweden

Den dritten Platz hat sich Schweden verdient gesichert. Ich konnte das Spiel selbst leider nicht sehen, aber ich hatte die Schwedinnen eigentlich schon gegen die Japanerinnen favorisiert. Von daher hat mich der Sieg gegen Frankreich nicht überrascht. Auch diese beiden Mannschaften standen meiner Meinung nach aufgrund ihrer tollen Leistungen verdient im kleinen Finale. Dass zwei europäische Teams das Spiel um Platz 3 bestritten, zeigt außerdem die Qualität des europäischen Frauenfußballs.

Die schönen Momente

Insgesamt hat der Frauenfußball sicherlich seine Stellung in Deutschland und auch in der Welt festigen können. Auch wenn es beispielsweise durch den Doping-Fall in der nordkoreanischen Mannschaft negative Schlagzeilen gegeben hat. Aber ich denke, das schadet eher dem Land Nordkorea als dem Frauenfußball an sich. Man wird sich hauptsächlich an die schönen Momente der Weltmeisterschaft erinnern und davon gab es genügend. Für mich persönlich war das 4:2 der deutschen Mannschaft gegen Frankreich eines der Highlights der WM, da man in diesem Spiel gesehen hat, was das Team eigentlich kann, nachdem die ersten beiden Gruppenspiele nicht berauschend waren. Und natürlich das Erlebnis vorgestern in Frankfurt.

Die Spielerinnen des Turniers

Schöne Momente bescherten uns auch einige Spielerinnen im Turnier. Bei den Französinnen fand ich die Spielerinnen Louisa Necib und Gaetane Thiney sehr stark. Ich denke ohne diese beiden Spielerinnen wäre Frankreich nicht so weit gekommen. Bei den Schwedinnen hat mir Lotta Schelin sehr gut gefallen. Sie war immer torgefährlich, auch wenn ihr zu Beginn einfach kein Tor gelingen wollte. Beeindruckend fand ich auch die Leistung von der Japanerin Homare Sawa, die ja auch zur besten Spielerin des Turniers gewählt wurde. Sie ist mit 34 Jahren nicht mehr die Jüngste, aber eine sehr gute Teamplayerin, die immer wieder Akzente nach vorne gesetzt hat und einen maßgeblichen Anteil am Erfolg der Japanerinnen hat.

Der fade Beigeschmack

Schade natürlich, dass es bei einer insgesamt so tollen WM nicht rund lief bei der deutschen Mannschaft. Vor allem auch die verpasste Qualifikation für die Olympischen Spiele 2012. Ich habe seit dem Ausscheiden mit ein paar Spielerinnen sprechen können und der Stachel der Enttäuschung sitzt nach wie vor natürlich noch tief. Es ist auch von Typ zu Typ unterschiedlich, wie die Mädels damit umgehen. Die einen sagen, sie möchten sofort wieder ins Training, einfach weitermachen und sich ablenken. Die anderen sagen, sie müssen jetzt erst einmal abschalten und ein bisschen Abstand vom Fußball gewinnen. Insgesamt wird das aber mit Sicherheit noch eine Weile dauern, bis der Schock verdaut ist.

Dass Silvia Neid früh bekannt gegeben hat, dass sie ihren Vertrag erfüllen wird, ist meiner Meinung nach ein gutes Zeichen. Sie hat so viel Zuspruch von den Spielerinnen selbst und vom DFB bekommen, da fällt einem so eine Entscheidung auch leichter. Und nur, weil sie in diesem Jahr nicht Weltmeister mit der Mannschaft geworden ist, muss man die Zusammenarbeit meiner Meinung nach nicht zwangsläufig beenden, nach allem, was sie für den deutschen Frauenfußball geleistet hat.

15 Millionen Zuschauer

Umso schöner war es, dass das Finale rund 15 Millionen Menschen gesehen haben, obwohl die deutsche Mannschaft nicht beteiligt war. Es gibt nach wie vor zwar noch immer Menschen, die dem Frauenfußball nichts abgewinnen können und sich leider auch sehr derbe äußern, indem sie Frauenfußball beispielsweise als paralympisch bezeichnen und damit nicht nur den Frauenfußball abwerten, sondern auch behinderte Sportler angreifen. Aber diese Menschen wird es leider immer geben. Deshalb freue ich mich lieber über das, was die WM in Deutschland für den Frauenfußball tatsächlich geleistet hat. Und gerade diese Zuschauerzahlen zeigen, dass der Frauenfußball in Deutschland und der Welt wirklich angekommen ist.

In diesem Sinne möchte ich mich von Euch verabschieden. Die Kolumne zu lesen hat Euch hoffentlich so viel Spaß gemacht, wie mir dasSchreiben.

Macht’s gut,

Eure Marina

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