WM-Kolumne von Marina Hegering (Teil 5) picture-alliance; Fassungslosigkeit und Trauer nach dem WM-Aus

WM-Kolumne von Marina Hegering (Teil 5)

  • Redaktion
Nach dem WM-Aus der deutschen Mannschaft im Viertelfinale gegen Japan wird nun viel über die Gründe und Ursachen diskutiert und spekuliert. Meiner Meinung nach sollte man jetzt nichts überstürzen und das Ganze in Ruhe analysieren. Natürlich bin auch ich sehr traurig über das vorzeitige Aus bei der Heim-WM und die dadurch verpasste Qualifikation für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr.

Eigentlich hatte ich geplant, in Köln bei den „Kölner Lichter“ vorbeizuschauen. Aber nach der Niederlage der deutschen Mannschaft und dem WM-Aus stand mir gar nicht mehr der Sinn danach. Ich kenne natürlich viele Spielerinnen und habe dementsprechend mitgefühlt. Ich selbst habe bei der U-19 WM in Weißrussland ähnliches erlebt und weiß wie schwierig solch eine Situation ist. Dort hatte auch niemand damit gerechnet, dass wir in der Vorrunde ausscheiden. Das mussten wir Spielerinnen auch erst einmal verarbeiten. Da war es nicht ganz einfach, wieder zur Normalität zurückzufinden. Aber mit Freunden und Familie übersteht man das und das wird bei den Spielerinnen jetzt nicht anders sein.

Woran lag es?

Der entscheidende Faktor im Spiel gegen Japan war meiner Meinung nach ähnlich wie im ersten Gruppenspiel gegen Kanada die mangelnde Chancenverwertung. Die deutsche Mannschaft war eigentlich die ganze Zeit spielbestimmend, aber wenn man dann anrennt und alles versucht, verzweifelt man irgendwann, wenn einfach kein Tor fallen will. Was die kämpferische Leistung angeht, kann man der Mannschaft überhaupt keinen Vorwurf machen, denn sie haben bis zur letzten Sekunde alles versucht. Aber so ist Fußball, so ein Spiel kann immer passieren und wenn es dann in einem K.O.-Spiel bei einer WM passiert ist das natürlich doppelt bitter.

Die Suche nach den Gründen für das WM-Aus

Analysiert und aufgearbeitet werden muss das unerwartet frühe Ausscheiden mit Sicherheit. Für mich sind es mehrere kleine Faktoren, die eine Rolle gespielt haben könnten. Es ist klar, dass personelle Diskussionen, wie die um Birgit Prinz, nicht ganz spurlos an der Mannschaft vorbei gehen. Auch generell ist es eine Frauenfußball-Nationalmannschaft nicht unbedingt gewohnt, teilweise stark kritisiert zu werden. Andererseits ist das große Medieninteresse ja auch gut für den Frauenfußball.

Die durchaus lange Vorbereitung von drei Monaten hat meiner Meinung nach keine Rolle gespielt. Schließlich wirkte die deutsche Mannschaft eineinhalb Wochen vor Turnierbeginn im Spiel gegen Norwegen total fit. Da glaube ich nicht, dass das Team trotz der langen Vorbereitung müde war. Außerdem hat es so eine lange Vorbereitung schön öfter gegeben und damit ist das deutsche Team bisher immer gut gefahren.

Die Trainerdiskussion um Silvia Neid halte ich momentan für total überstürzt. Sie hat so viel zur Weiterentwicklung des deutschen Frauenfußballs beigetragen und so viele Erfolge mitverantwortet. Man sollte das Ganze jetzt erst einmal sacken lassen und mit einem gewissen Abstand das Abschneiden in Ruhe analysieren. Letztlich ist das gesamte Team daran beteiligt. Genauso wie immer das gesamte Team an den bisherigen Erfolgen beteiligt war.

Letztendlich ist es ja auch so, dass in der K.O.-Phase ein einzelnes Spiel entscheidet und die Spielerinnen, die auf dem Platz stehen. Und faktisch hat einfach dieses eine Tor in der regulären Spielzeit gefehlt. Mir kommt es momentan so vor, als würde jeder verzweifelt nach irgendwelchen Gründen suchen, woran es gelegen hat. Man sollte vielleicht einfach auch einmal akzeptieren, dass es nicht so gelaufen ist, wie man sich das vorgestellt hat. Das ist ein Schock über den alle erst einmal hinwegkommen müssen.

Welche Auswirkungen hat das WM-Aus?

Ich hoffe natürlich, dass sich das frühzeitige WM-Aus nicht negativ auf den Frauenfußball auswirken wird. Dieser hat in den vergangenen Jahren eine sehr positive Entwicklung genommen. Dass Deutschland jetzt nicht bei Olympia dabei ist, ist natürlich sehr bitter, denn eigentlich gehört eine deutsche Mannschaft zu so einem Turnier. Aber die EM in zwei Jahren kommt und darauf sollte man sich jetzt voll und ganz konzentrieren.

Um die Stimmung bei den letzten Spielen bei der WM mache ich mir keine Sorgen. Ich habe im letzten Viertelfinale zwischen England und Frankreich selbst live im Stadion erlebt, wie gut die Stimmung trotz dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft noch ist. Und das ist auch gut so. Es stehen sich schließlich die besten vier Mannschaften der Welt gegenüber und die haben die gute Stimmung und den Respekt der Zuschauer genauso verdient.

Wer holt den Titel?

Was die Halbfinals betrifft erwarte ich ähnlich knappe Spiele wie in den Viertelfinal-Partien. Sehr positiv überrascht hat mich bisher Frankreich. Die Französinnen werden es den US-Amerikanerinnen nicht leicht machen. Im Gegenteil. Das ist mittlerweile eine technisch sehr starke Mannschaft mit einer sehr guten Offensive. Sollte sich die USA dennoch durchsetzen können, denke ich, dass die Mannschaft von Hope Powell auch den Titel holt. Der Gegner einer dieser Mannschaften wird denke ich Schweden sein, da auch sie mich bisher überzeugt haben. Außerdem mussten sie, im Gegensatz zu Japan, in ihrem Viertelfinalspiel nicht in die Verlängerung und sind dadurch vielleicht noch etwas frischer als die Japanerinnen. Aber wie man bei den Deutschen gesehen hat… Man weiß es nie mit Sicherheit.

Hoffen wir auf zwei interessante und spannende Halbfinals…

Bis zum nächsten Mal,

Eure Marina

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