Vegan statt Stress? Rezension: Vegan in Topform netzathleten.de/Nils Borgstedt

Vegan statt Stress? Rezension: Vegan in Topform

  • Nils Borgstedt
Brendon Brazier ist Veganer - und Top-Triathlet. Das Buch "Vegan in Topform", das unter dem Titel "The Thrive Diet" 2007 auf Englisch erschienen ist und jetzt auf Deutsch übersetzt wurde, will zeigen, dass das kein Widerspruch ist. Das Buch bietet dabei sowohl theoretisches Hintergrundwissen zu den Vorteilen veganer Vollwerternährung als auch einen 6-Wochen-Einsteigerplan und zahlreiche Rezepte.

Warum das Ganze? Der Ausgangspunkt für Brazier, der als Ausdauersportler in der Wettkampfvorbereitung ein extremes Trainingspensum abspult, ist es, alle möglichen negativen Einflüsse von Ernährung auf seine Leistung zu minimieren. Hierzu zählen seiner Ansicht nach vor allem "Ernährungsstress", aber auch mangelnde Nährstoffe in vielen Lebensmitteln und säurebildende Lebensmittel.

Die ersten Kapitel des Buches versuchen entsprechend die Konzentration auf vegane und weitgehend rohe Ernährung theoretisch zu begründen, bleiben dabei aber relativ oberflächlich und beten oft Allgemeinplätze herunter. Das stört die ansonsten interessanten Ausführungen zum Cortison- und Serotoninspiegel sowie zum Säure-Basen-Haushalt des Körpers – gerade die Auswirkungen einer "Übersäuerung" des Körpers sind ja nicht unumstritten. Es fällt besonders auf, dass der Autor äußerst selten wissenschaftliche Studien zitiert oder auf gegensätzliche Befunde zu seiner Theorie eingeht. Auch bei einem populärwissenschaftlichen Buch würde man sich das - gerade als Sportler! - wünschen. So bleiben viele Fragen offen: Wurde die Thrive-Ernährung von anderen Sportlern erfolgreich angewendet? Und eignet sie sich auch für Nicht-Ausdauersportler mit einem (vermuteten) höheren Proteinbedarf?

Seine Stärken zeigt Brazier dagegen im "praktischen" Teil - den Vorschlägen für Ernährung vor, während und nach dem Sport und den Rezepten. Allein die Anleitungen für selbst gemachte Energiepuddings und -riegel sind klasse und lohnen die Lektüre. Das Buch bringt dem Leser einige ungewohnte Lebensmittel wie Kokosöl, Hanfprotein oder Meerespflanzen näher, was tatsächlich einen neuen Blick auf die eigenen Ernährungsgewohnheiten bietet und Alternativen ermöglicht.

Die Rezepte sind deutlich interessanter, als die Schlagwörter "vegan", "vollwert" und "Rohkost" zunächst denken lassen: Einerseits wird Rohkost nicht streng (mit Kochtemperaturen bis 48 C) sondern etwas lockerer (bis 150 Grad) ausgelebt. Andererseits schafft es Brazier, eine große Bandbreite an Rezepten und Zutaten zusammenzustellen. Für Nicht-Rohkostler mögen die diese zwar etwas ungewohnt sein (Pizza wird ohne Käse und mit einem Teig aus Hülsenfrüchten gebacken), die ausführlichen Beschreibungen zu den neuen Gerichten wie Burger, Pizzen oder Energieriegel beantworten aber die wichtigsten Fragen und zeigen Variationsmöglichkeiten auf. Bei dem Ernährungsplan, der eine Ernährungsumstellung von 0 auf 100 vorsieht, würde sich allerdings ein alternativer Plan für einen langsamen Einstieg in die "Thrive"-Küche anbieten.

Letztendlich ist "Vegan in Topform" bzw. die Thrive-Diät ein interessantes Konzept mit hervorragenden Praxis-Tipps, das wegen der theoretischen Mängel leider einige seiner Stärken verspielt. Wer diese Schwächen ignorieren kann und offen für neue Ernährungsweisen ist, der kann sich über neue Perspektiven - und vielleicht auch leistungssteigernde Tipps? - freuen.

Steckbrief zum Buch

Titel: Vegan in Topform: Der vegane Ernährungsratgeber für
Höchstleistungen in Sport und Alltag
Autor: Brendan Brazier
360 Seiten, geb.
Verlag: Unimedica
ISBN: 978-3-944125-16-9
Preis: € 26,-

Felix Wrede

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