Gesundheit ist das Wichtigste – Interview mit Daniel Arnold Daniel Arnold

Gesundheit ist das Wichtigste – Interview mit Daniel Arnold

  • Maria Poursaiadi
Daniel Arnold, 5-facher Weltmeister, 3-facher Paralympics Sieger und 8-facher Europameister im Tischtennis erzählt im netzathleten-Interview von seinem Aufstieg zu einem der weltbesten Tischtennisspieler im Behindertensport. Was er von Doping hält und warum er es auch mit gesunden Kontrahenten aufnehmen könnte.

netzathleten: Daniel, Du bist 5-facher Weltmeister, 3-facher Paralympics-Sieger und 8-facher Europameister im Tischtennis. Du hast Dich trotz Deiner Behinderung nicht daran hindern lassen so Vieles zu erreichen. Was treibt Dich voran?
Daniel: Bei mir stand immer der Spaß am Tischtennis im Vordergrund. Wenn mir das viele Training, das Reisen und die Wettkämpfe keinen Spaß gemacht hätten, wäre ich bestimmt nicht soweit gekommen. Tischtennis ist eine Sportart, die sehr durch Taktik geprägt ist und zu einem großen Teil im Kopf entschieden wird. Jedes Spiel ist anders und man hat bei jedem Spiel eine neue Herausforderung, die es zu meistern gilt. Das fand ich von Anfang an faszinierend.

netzathleten: Welche Behinderungen hast Du und wie kommst Du mit ihnen klar?
Daniel: Zum einen sind meine beiden Arme verkürzt (von der Armlänge kann man es sich so vorstellen, als dass bei mir der Unterarm fehlt) und zum anderen ist mein rechtes Bein ca. 5 cm verkürzt. Da ich meine Behinderung von Geburt an habe, kann ich es nur sehr schwer einschätzen, wie es mit einer normalen Armlänge wäre. Ich kenne es nicht anders und komme ganz gut zurecht.

netzathleten: Wann hast Du bemerkt, dass in Dir dieses Riesen-Talent schlummert? Wann hast Du Dich dazu entschlossen, in den internationalen Wettkampf zu treten und Deine Tischtennis-Karriere zu starten?

Daniel: Ich habe schon mit 6 Jahren mit Tischtennis angefangen. Zu Beginn habe ich an der heimischen Platte mit meinem Bruder Florian gespielt und bin anschließend beim TSV Merching und TV Mering in den unteren Jugendligen eingestiegen. Zum Behindertentischtennis bin ich eher aus Zufall gekommen, als ich 1994 gefragt wurde, ob ich denn mal Lust hätte bei den bayerischen Meisterschaften der Behinderten teilzunehmen. Aus Bayern stammten damals auch einige international sehr erfolgreiche Spieler und ich gewann kein einziges Spiel. Doch dann hat mich der Ehrgeiz gepackt, und ich wollte auch einmal so gut werden. Ich begann, viel intensiver zu trainieren. 1996 sah ich dann noch im Fernsehen Ausschnitte von den erfolgreichen deutschen Tischtennisspielern bei den Paralympics in Atlanta. Von da an stand für mich fest, dass ich 4 Jahre später in Sydney unbedingt dabei sein wollte.



netzathleten: Welcher war Dein erster internationaler Wettkampf und welche Erfahrungen hast Du da gemacht?

Daniel: Mein erster internationaler Wettkampf war 1997 ein Turnier in der Nähe von Ostrava/Tschechien. Ich verlor damals relativ früh gegen den damaligen Weltranglisten-Ersten Brian Nielsen aus Dänemark. Doch schon wenige Monate später gewann ich bei den Europameisterschaften in Stockholm die Bronzemedaille im Einzel und die Goldmedaille im Team mit meinem Mannschaftskollegen Rainer Schmidt.

netzathleten: Wie hast Du Deine Familie und Deine nähere Umgebung in der Zeit Deines Aufstieges wahrgenommen?

Daniel: Meine Familie hat mich immer unterstützt und mir geholfen. Ihr verdanke ich es, dass ich überhaupt soweit gekommen bin. Zum Beispiel die weiten Fahrten zu Lehrgängen, als ich noch keinen eigenen Führerschein hatte, oder die Anfeuerung bei wichtigen Wettkämpfen. Ohne ihre Unterstützung wäre mir Vieles nicht möglich gewesen.

netzathleten: Wenn Du Dich zurück erinnerst an Deine Anfänge und Deinen jetzigen Status, mit all den Annerkennungen und Ehrungen, wie hat sich Deine Sicht der Dinge verändert? Wie hast Du Dich persönlich entwickelt?

Daniel: Dadurch, dass ich schon als Jugendlicher mit der deutschen Nationalmannschaft unterwegs war, wurde ich sehr schnell selbständig. Und auch mein Selbstbewusstsein wurde sicherlich gestärkt.

netzathleten: Wie ist es für jemanden mit Deinem Erfahrungsschatz mit anzusehen, wenn Sportler dopen und mit Hilfe gesundheitsschädlicher Mittel ihre Leistungen versuchen zu pushen? Was geht Dir dabei durch den Kopf, wenn jemand seine Gesundheit für den Erfolg aufs Spiel setzt?
Daniel: Ich kann das überhaupt nicht verstehen. Die Gesundheit ist das wichtigste was wir haben. Man sollte sie nicht so leichtfertig aufs Spiel setzen. Außerdem ist Doping eindeutig Betrug und sollte noch viel härter bestraft werden.

netzathleten: Findest Du, dass die Einstellung unserer Sportler heutzutage überholt werden müsste? Was würdest Du zu ehrgeizigen Sportlern sagen?

Daniel: Das kommt auf den jeweiligen Sportler an. Ehrgeiz ist schon wichtig. Man sollte ein realistisches Ziel vor Augen haben, das man erreichen möchte. Aber als Sportler muss man auch akzeptieren wenn andere besser sind und man nicht immer ganz oben auf dem Treppchen stehen kann.

netzathleten: Wie wichtig war Dir denn, Meister in Deiner Sportart zu werden? Was brachte Dir die Annerkennung? Wie viel hättest Du aufs Spiel gesetzt für den Ruhm?
Daniel: Mein Ziel war es, einmal bei Paralympics dabei zu sein. Dass ich von dort dann auch noch mit Medaillen nach Hause fahre und weitere große Erfolge folgen würden, hätte ich niemals gedacht. Aber wie schon zu Beginn gesagt stand bei mir der Spaß am Tischtennis immer im Vordergrund. Sicherlich gab es zum Beispiel Zeiten, in denen ich ziemlich viel unterwegs war und bei Familienfeiern oder Feiern bei Freunden fehlte. Aber das haben wir versucht, immer irgendwie nachzuholen.

netzathleten: Tischtennis ist Deine Leidenschaft. Welche Erfolge waren für Dich persönlich die schönsten und welche Erfahrungen die wertvollsten?

Daniel: Der schönste Erfolg war mit Sicherheit die Goldmedaille im Einzelwettbewerb bei den Paralympics in Athen. Ich hatte bis dahin alle Titel gewonnen, die es gibt, im Einzel sowie im Team. Doch dieser Titel hatte mir noch gefehlt. Im Viertelfinale der Paralympics hatte ich mich dann auch noch am linken Knie verletzt und „schleppte“ mich mehr oder weniger ins Finale gegen meinen Mannschaftskollegen Rainer Schmidt. Trotzdem gewann ich dieses wichtige Spiel und holte die noch fehlende Goldmedaille.

netzathleten: Karrieremäßig hast Du ja schon alles erreicht, was man erreichen kann, gibt es privat noch den einen oder anderen Wunsch/Traum, den Du Dir erfüllen möchtest?
Daniel: Da ich sehr gerne reise, möchte ich noch so viel wie möglich von der Welt sehen und vielleicht auch mal eine Kreuzfahrt machen. Dazu bin ich bisher leider noch nicht gekommen.

netzathleten: Dein Bruder Florian, hat einmal behauptet, er könnte Dich in Tischtennis schlagen. Wäre es ein zu ungleicher Kampf, gegen einen Menschen ohne Behinderungen, oder könntest Du den Angeber in die Tasche stecken?
Daniel: Wenn wir ihm heute einen Schläger geben und er gegen mich antreten sollte, würde ich wohl gewinnen – das liegt aber nur daran, dass er seine Karriere beendet und mindestens fünf Jahre kein Tischtennis mehr gespielt hat. Er war früher ebenfalls ein sehr guter Tischtennisspieler (u.a. in der Regionalliga beim Post SV Augsburg) und hat auch öfter mal gegen mich gewonnen. Ein ungleicher Kampf wäre es auf keinen Fall, denn ich nehme ja auch zusätzlich ganz normal am Spielbetrieb der Nichtbehinderten mit meiner Mannschaft vom Post SV Augsburg teil. Dort bin ich zwar der einzige Spieler mit Behinderung, aber durch gute Taktik und Ballplatzierungen gelingt es mir immer wieder, Spiele für mich zu entscheiden.

netzathleten: Wie sieht es in der Zukunft für Dich aus, was kriegen wir noch von Dir zu sehen?

Daniel: Ich befinde mich inzwischen wieder im Training und versuche, mich für die Weltmeisterschaften 2010 zu qualifizieren.

netzathleten: Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Dir für Deinen weiteren Weg alles Gute.

Das Interview führte Maria Poursaiadi.

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