Markus Wasmeier – Olympia muss wieder näher an die Menschen Nils Borgstedt

Markus Wasmeier – Olympia muss wieder näher an die Menschen

  • Derk Hoberg
TV-Experte Markus Wasmeier über die Olympia-Form der deutschen Ski-Asse, über Kritik am IOC und die Nominierungskriterien des DOSB. Bei Olympia startet kein DSV-Athlet in den Speed-Disziplinen.

netzathleten: Markus, wie beurteilst Du die Form der deutschen Ski-Asse kurz vor Olympia?
Markus Wasmeier: bei den Herren standen wir noch nie so gut da wie momentan. Felix Neureuther, Fritz Dopfer und Stefan Luitz, vor deren Leistungsvermögen haben die anderen Nationen Respekt.

netzathleten: Felix Neureuther hat aktuell acht Weltcupsiege auf dem Konto, du hast neun in Deiner aktiven Karriere erreicht und führst damit die deutsche Rangliste an. Fürchtest Du schon um Deinen Rekord?

Markus Wasmeier: Im Gegenteil, ich bin froh wenn den einer bricht. Umso mehr, wenn der Felix das erreichen würde. Er ist ein enger Freund von mir und eigentlich wie mein eigener Sohn.

netzathleten: Inwieweit kann diese gute Form, die er derzeit an den Tag legt, zu einem unerwünschten Ballast bei Olympia werden?

Markus Wasmeier: Umso mehr man im Fokus steht, umso schwieriger wird es in Sotschi natürlich. Ein Vorteil könnte aber sein, dass die Sicherheitsvorschriften dort sehr hart sind, so dass die Journalisten gar nicht oft zu ihm Vordringen können. Das entlastet vielleicht ein wenig. Und er steht nicht alleine im Fokus, so wie in den vergangenen Jahren, er hat wie gesagt zwei starke Kollegen.

netzathleten: Was traust du den beiden Kollegen, vor allem Fritz Dopfer, denn konkret zu in Sotschi?

Markus Wasmeier: Der Fritz braucht eines: Er darf im ersten Durchgang nicht ganz vorne mit dabei sein. Er muss so von Platz sieben oder acht angreifen können. Natürlich muss sich sein Rückstand dabei in einem gewissen Rahmen bewegen, dann ist alles für ihn möglich.

netzathleten: Rund um die olympischen Spiele in Sotschi gibt es viel Kritik. Wie siehst Du die Entwicklung der Olympischen Bewegung seit Deinem letzten aktiven Auftritt in Lillehammer, 1994?

Markus Wasmeier: In der Olympischen Bewegung ist sicherlich eine kleine Kursänderung notwendig. Man hat das ja bei unseren Bewerbungen um die Spiele gesehen, dass Olympia beim Volk nicht mehr so gut ankommt. Dazu tragen neben dem IOC aber auch die FIFA und sogar Bauprojekte wie der Berliner Flughafen bei. Man hat zunehmend Angst vor den damit verbundenen Kosten. Umgekehrt befassen sich die wenigsten damit, welche Chancen Olympische Spiele einer Stadt oder einem ganzen Land bieten. Nehmen wir alleine die Ski-WM in Schladming vergangenes Jahr. Die haben in diesem Jahr 80 Prozent mehr Gäste als im Vorjahr, wie der ORF kürzlich berichtete. Das wird dann gerne übersehen. Aber ganz grundsätzlich muss das IOC wieder die Nähe zu den Athleten und zu den Bürgern finden, damit jeder wieder stolz darauf wäre, Olympische Spiele ausrichten zu dürfen.

netzathleten: Mit welcher Einstellung gehst Du denn die Spiele in Sotschi an?

Markus Wasmeier: Man darf den Grundgedanken „Dabei sein ist alles“ nicht vergessen. Denken wir doch nur mal daran, was Olympia für die Athleten bedeutet, vor allem für die sogenannten Exoten. Wir haben einen Sportler aus dem Königreich Tonga dabei, für ihn geht ein absoluter Traum in Erfüllung. Ich selbst habe die erfolgreiche Geigerin Vanessa Mae vor einigen Tagen in Kitzbühel kennengelernt. Sie hat ihre musikalische Karriere auf Eis gelegt, um für Thailand im Slalom an den Start zu gehen. Sie trainiert seit fünf Jahren, um diesen Kindheitstraum zu verwirklichen. Sie hat natürlich keine Chance auf den Sieg, aber sie hat mit ihrer Qualifikation ja jetzt schon gewonnen. Das sind die Geschichten, die Olympia schreibt. Da sind wir hier viel zu Leistungsbezogen und diese Geschichten gehen unter. Mir wäre es ja am liebsten, wenn wir bei jedem Rennen unser Kontingent voll ausschöpfen und vier Starter auf die Strecke schicken.

netzathleten: Du bist mit den Qualifikationskriterien für Olympia seitens des DOSB also nicht einverstanden?

Markus Wasmeier: Die Vorgaben sind klar, wie die Athleten nominiert werden. Diese Vorgaben muss man bis zum Nominierungsschluss des IOC erfüllt haben. So weit so gut. Wenn jetzt ein Stefan Keppler in der Abfahrt erst nach dem Nominierungsschluss in Form kommt und wie in Kitzbühel ein gutes Resultat erzielt, dann ist dieses Fenster eben zu.

netzathleten: Aber sollten nicht generell die besten eines Landes in ihrer Disziplin – im Fall der Ski-Herren in den Speed-Disziplinen, in denen nun kein deutscher Starter dabei ist – bei Olympia starten dürfen?

Markus Wasmeier: Das Problem ist dabei die Quotenregelung des DOSB. Die Nominierung erfolgt im Winter wie bei den Sommerspielen und wenn man im Winter Härtefälle zulässt, also Sportler die die Kriterien eigentlich nicht erfüllt haben, dann fordern das in Zukunft auch die Sommer-Olympioniken. Die Anzahl der deutschen Sportler bei Olympia hängt ja auch davon ab, wie viele Quotenplätze Deutschland zugesprochen bekommt. Deshalb entscheidet man sich seitens des DOSBs dann unter Umständen eben, lieber einen Biathleten mehr mitzunehmen, weil ihm vielleicht größere Medaillenchancen eingeräumt werden, als einem Stefan Keppler in den Speed-Disziplinen beim Skifahren. Da wäre es schön, wenn ein Umdenken stattfinden würde. Da ist aber der Wunsch der Vater meines Gedankens. Wir haben ja nicht einmal unsere Heim-WM in Garmisch-Partenkirchen 2011 mit vier deutschen Startern in der Abfahrt besetzt.

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