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Der Abräumer – Interview mit Patrick Hausding

  • Derk Hoberg
Patrick Hausding (21) ist Wasserspringer. Bei der EM in Budapest Mitte August gewann er zwei Mal Gold und drei Mal Silber. Er holte also in allen fünf Sprung-Wettbewerben eine Medaille. Ein Kunststück, das zuvor keinem anderen Springer gelungen ist. Wir sprachen mit dem jungen Berliner über seinen Erfolg und seinen Sport.

netzathleten: Hallo Patrick, zunächst einmal Glückwunsch zu Deiner erfolgreichen Europameisterschaft. Jetzt warst Du zur Erholung in Kroatien. Wie war der wohlverdiente Urlaub?
Patrick Hausding: Sehr gut, ganz weit weg von allem, sehr entspannend.

netzathleten: Wohlverdient. Du warst ja der Abräumer der EM, wie erklärst Du Dir Deinen persönlichen Medaillenregen bei der EM in Budapest?
Patrick Hausding: Es ist schwer, da eine Erklärung zu finden. Der Grundbaustein ist sicherlich das harte Training. Und Disziplin. Man muss auch im Training immer aktiv dabei sein. Das heißt, eben nicht den Kopf auszuschalten und nur Anweisungen vom Trainer zu befolgen. Vielmehr muss man sich mit dem Trainer austauschen, ihm die eigene Meinung zu den Sprüngen mitteilen und dann zusammen Lösungen finden. Anders kann ich mir den Erfolg gar nicht erklären. Das war natürlich toll, auch in den Disziplinen Medaillen zu holen, die gar nicht zu meinen Spezialitäten gehören. Dazu zählt auch das Turmspringen, bei dem ich nur die Hälfte der gezeigten Sprünge trainiert habe. Ich bin ja auch nur als Ersatzmann dort eingesprungen. Insofern war das sicherlich die überraschendste Medaille.

netzathleten: Jetzt steigerst Du Dich von Großereignis zu Großereignis. Ist das einfach die längere Wettkampferfahrung, oder kommt es im Turmspringen auf die zahlreich gesammelten Trainingsstunden an?
Patrick Hausding: Die Erfahrung ist ja eine mentale Geschichte. Die Erfahrung sammelt man sowohl im Wettkampf als auch im Training. Aber es ist auch wichtig, körperlich auf den Punkt fit zu sein. Vor allem, wenn man fünf Wettbewerbe hintereinander hat, was ich so auch noch nie hatte. Da hat alles gestimmt.

netzathleten: Wie sieht denn Dein Training genau aus? Wie viel arbeitest Du im Wasser, was macht den Rest aus?
Patrick Hausding: Das Wasserspringen selbst macht etwa nur 50 Prozent aus. Die andere Hälfte sind quasi „Trockenübungen“, im wahrsten Sinne des Wortes. Dazu gehören Krafttraining, Dehnübungen und Akrobatikschulung. Im Olympiastützpunkt Berlin finden wir hervorragende Bedingungen vor. Da haben wir alles, was wir brauchen, haben keine langen Wege zu bewältigen.

netzathleten: Wenn man oben auf dem Turm steht gibt es kein Zurück mehr. Besonders beim letzten Sprung, bei dem es vielleicht noch mal um alles geht, ist die Anspannung sicher riesengroß. Wie steht es um das Thema Nervenstärke?
Patrick Hausding: Gute Nerven zu haben, ist natürlich wichtig in unserem Sport. Das hat man ja bei der EM gesehen. Mit dem letzten Sprung kann man noch Medaillen holen. Ich gehe damit aber ganz locker um. Es gibt Springer, die blenden alles um sich herum aus. Die wollen noch nicht einmal die Noten der anderen Springer sehen. Bei mir ist das komplette Gegenteil der Fall. Ich sauge alles auf wie ein Schwamm, muss wissen, wie ich gerade im Wettkampf liege, wie die Konkurrenz sich verhält. Das ist eine Art der Motivation für mich, dadurch gehe ich hellwach auf den Turm.

netzathleten: Du holtest aus jeder Absprunghöhe Medaillen, welche ist Deine Lieblingshöhe?

Patrick Hausding: Das ist schwer zu sagen. Eigentlich mag ich alle. Und wenn man auch von allen Höhen aus erfolgreich ist, dann präferiert man auch keine. Die Abwechslung ist ja auch ganz schön.

netzathleten: Dann besprechen wir das nach Deiner Karriere. Deine erfolgreichste Disziplin wird dann vielleicht auch Deine liebste sein. Jetzt sprichst Du die Abwechslung an. Nun ist das Synchronspringen ja noch eine vergleichsweise junge Disziplin. Auch für Dich ein Zugewinn, nicht wahr?
Patrick Hausding: Natürlich. Dadurch steigt die Anzahl der Wettbewerbe und somit auch die Chance auf Medaillen. Ich springe Synchron, seit ich 12 oder 13 bin. Es ist auch schön, in einem Sport, in dem man von Hause aus auf sich allein gestellt ist, etwas im Team zu erleben. Mit meinen derzeitigen Partnern Stephan Feck und Sascha Klein (3 Meter-Brett und -Turm, Anm. d. Red.) läuft auch alles super.

netzathleten: Was rechnest Du Dir bei Olympia 2012 in London aus, dort wird die Konkurrenz ja noch größer sein?

Patrick Hausding: Klingt vielleicht abgedroschen, ist aber so: Erstmal dabei sein, das ist tatsächlich zunächst das Ziel. Natürlich sind dann dort die asiatischen Wasserspringer auch am Start, da wird es ein wenig schwieriger, ganz klar. Aber das ist ja noch ein Fernziel. Wenn es soweit ist, lassen wir uns überraschen, was letztlich dabei herausspringt.

netzathleten: Wie lange meinst Du, noch Wasserspringen auf Topniveau betreiben zu können?

Patrick Hausding: Ich will schon noch springen, bis ich etwa 30 bin. Es gibt Springer, die springen bis 35, 36 Jahre. Das wird dann aber von meiner Motivation abhängen und von der körperlichen Fitness, ob es die Knochen noch zu lassen.

netzathleten: Schön, dann können wir uns ja noch einiges von Dir erwarten. Aber wie sieht es denn mit der Verletzungsgefahr aus?

Patrick Hausding: Wenn Du so fragst, ich bin eigentlich der Verletzungskönig bei uns im Team. Wenn ich jetzt alles aufzähle, was ich schon an Verletzungen hatte, sprengen wir hier sicherlich den Rahmen. Meine Knie hatten schon viel auszuhalten und auch die Daumen. Wenn man kopfüber eintaucht, fasst man ja die beiden Hände zusammen. Das kann aber auch schief gehen. So hatte ich dadurch auch schon an beiden Daumen kurz hintereinander Bänderrisse. Diese Verletzungen behindern mich heute noch ein wenig, sodass ich auch vom Turm nur noch mit Bandagen an den Händen springen kann.

netzathleten: Gut Patrick, dann pass gut auf Deinen Körper auf, damit wir noch lange Deine tollen Sprünge bewundern können. Vielen Dank für das nette Gespräch.

 

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