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Treffsicher – Elfmeter kann man trainieren

  • Christian Riedel
Elfmeter sind angeblich Glücksache. Aber auch wenn es noch über ein Jahr Zeit ist bis zur nächsten Fußball WM, sollten sich Jogis Jungs öfter mal mit dem Thema Strafstoß auseinandersetzen. Denn wie Dr. Georg Froese von der Universität Heidelberg behauptet, kann man auch Elfmeter trainieren.

Wenn es bei der WM 2014 in Brasilien für die deutsche Fußball Nationalmannschaft zum Elfmeterschießen kommt, kann man sich als Fan der DFB-Auswahl eigentlich gemütlich zurück lehnen. Denn abgesehen vom EM-Finale 1976 gegen Tschechien (Fußballfans erinnern sich an Uli Hoeneß´ himmlischen Strafstoß) hat die Nationalmannschaft noch kein Elfmeterschießen verloren. Woran das liegt, kann niemand genau sagen. Doch Bundestrainer Jogi Löw lässt bisher im Gefühl der Sicherheit keine Elfmeter trainieren.

In Hinblick auf die WM in Brasilien sollte Bundes-Jogi vielleicht umdenken. Wenn der Nimbus der DFB-Elf vom Elfmeterpunkt erhalten bleiben soll. Denn auch wenn man die Drucksituation, die im Ernstfall auf dem Schützen lastet, im Training nicht nachstellen kann, kann man das Elfmeterschießen trotzdem trainieren. Das zumindest behauptet der Sportwissenschaftler Dr. Georg Froese, der über das Thema Elfmetertraining seine Doktorarbeit geschrieben hat. Laut Froese können Elfmeterschützen trotz der extremen Stresssituation mit bestimmten Strategien gezielt trainieren und somit ihre Erfolgschancen beim Torschuss deutlich erhöhen.

Alle Elfmeter der Bundesliga-Geschichte

Als Basis für seine Untersuchung führte Froese entsprechende Interviews durch, mit deren Hilfe er herausfinden wollte, welche Faktoren die Effektivität von Elfmeterschützen beeinflussen und welche Rolle dabei die Psychologie spielt. Dadurch konnte er zwei Spielertypen mit jeweiligen Schuss-Strategien identifizieren und leitete daraus Konsequenzen für ein spezifisches Elfmetertraining ab. Zudem wertete er zahlreiche Studien zu Strafstößen aus und analysierte die Aufzeichnungen aller Elfmeter, die jemals in der Bundesliga und bei Großereignissen getreten wurden. Für diese Arbeit erhielt er auch den erstmals vergebenen Wissenschaftspreis des Deutschen Fußball-Bunds (DFB).

Aus seinen Ergebnissen passte er ein Handlungsmodell aus der Motivationspsychologie an die spezifische Elfmetersituation an. Daneben leitete er Hypothesen ab, inwieweit die Persönlichkeit die Leistung beim Elfmeterschießen unter Druck beeinflusst. In einer Feldstudie, beim extra dafür ins Leben gerufenen „Elfmeterkönig von Leipzig“, bei dem die Spieler durch mediale Berichterstattung, Preisvergabe und Zuschauer unter Druck gesetzt wurden, überprüfte Froese seine Hypothesen.

Das Ergebnis

Nicht wirklich überraschend kommt Dr. Froese zu dem Ergebnis, dass der beste Spieler nicht unbedingt auch gleichzeitig der beste Elfmeterschütze ist. „Wer schießt, sollte nach seiner psychologischen Eignung ausgewählt werden, wobei vor allem geringe Wettkampfängstlichkeit eine Rolle spielt.“

Zwei Schuss-Typen und ihr Training

Wie erwähnt identifizierte der Sportwissenschaftler zwei Typen von Schuss-Typen. Der eine Schütze schießt torhüterunabhängig. Er denkt sich eine Ecke aus und schießt dahin und nimmt dabei auch das Risiko in kauf, dass der Torhüter dieselbe Ecke wählt. Er hält seine Fähigkeiten für so gut ausgeprägt, dass er trotz dieser Wahrscheinlichkeit von seinem Erfolg ausgeht. Sein Erfolg hängt dabei von seiner Schussgenauigkeit ab, die trainiert werden kann und für den Erfolg trainiert werden muss. Typ 2 schießt laut Dr. Froese torhüterabhängig. Diese Spieler möchten ihr Ziel eher durch Fehlervermeidung erreichen: Sie nutzen ihren Vorteil als Schütze und passen den Schuss an das an, was der Torwart macht. Um hierbei erfolgreich zu sein, muss die Wahrnehmung und die Handlung eng gekoppelt werden, da man reflexartig auf das Torhüterverhalten reagieren muss, um entsprechend in die andere Ecke schießen zu können.

„Ihre Strategie können Spieler trainieren und unter Drucksimulationstraining perfektionieren, um Automatismen zu entwickeln und so die Elfmeter-Angst zu reduzieren“, erklärt Froese. Vielleicht ist das auch die Strategie für die deutsche Nationalmannschaft, um in Brasilien erfolgreicher zu sein, als es Lukas Podolski bei der WM 2010 gegen Serbien war.

Quelle:
Georg Froese: Sportpsychologische Einflussfaktoren der Leistung von Elfmeterschützen. Verlag Dr. Kovac (2012)

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