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"Alles kommt anders" - Interview mit Niki Hosp

  • Derk Hoberg
Niki Hosp, Gesamtweltcupsiegerin von 2007, kämpft sich derzeit nach ihrem Kreuzbandriss zurück auf die Piste. Im ersten Rennen dieser Saison stürzte sie und zog sich die Verletzung zu. Wir haben die Österreicherin zum Interview getroffen und mit ihr über Olympia und ihre bisherige Karriere gesprochen.

netzathleten: Niki, zu Beginn erst einmal: Wie geht es Dir momentan?
Niki Hosp: Danke, mittlerweile geht’s mir wieder ganz gut. Die Verletzung ist zwar noch nicht ganz ausgeheilt, aber es wird besser.


netzathleten: Was schmerzt mehr, das Knie oder Olympia zu verpassen?

Niki Hosp: Naja, das Thema Olympia ist momentan der größere Schmerz.


netzathleten: Olympia steht ja kurz vor der Tür. Was wären Deine persönlichen Prognosen im alpinen Bereich?

Niki Hosp: Es gibt in jeder Disziplin Favoriten, die schon den gesamten Winter über vorne mit dabei sind. Großereignisse haben aber meistens andere Gesetze und da gibt es immer wieder mal Überraschungen. Rennläufer, die nicht zu den Favoriten zählen, die dann aber ganz vorne mit dabei sind. Ich hoffe natürlich, dass unsere österreichischen Starter viele Medaillen machen werden!


netzathleten: Wenn wir ganz auf Anfang spulen, wie bist Du eigentlich zum professionellen Skisport gekommen? War es schon immer ein Kindheitstraum oder hat sich das einfach aus Deinem enormen Talent ergeben?
Niki Hosp: Es war beides, irgendwie. Bei uns hat es ja im Winter immer viel Schnee - da fängt man sowieso mit dem Skifahren an. Ich habe recht früh begonnen Rennen zu fahren und habe das Ganze dann ziemlich schnell auf professionelle Ebene übertragen. Eines kam zum Anderen und ich habe die ganzen Stufen durchgemacht: Zuerst im Jugendbereich, dann im Europacup und schließlich dann im Weltcup.



netzathleten: War deine Familie immer eine große Stütze für Dich?
Niki Hosp: Ja. Das ist aber bei jedem so. Ohne die Unterstützung der Familie im Hintergrund kann es keiner schaffen! Man braucht von der Jugend an eine gute Betreuung und dann natürlich auch die entsprechenden finanziellen Mittel dazu. Es ist ja nicht so, dass man im Winter einfach nur ein wenig Ski fährt, sondern man muss wirklich alles dafür geben.


netzathleten: „Man muss alles dafür geben…“ - Hattest Du jemals das Gefühl, dadurch etwas verpasst zu haben. Hat Dir jemals etwas gefehlt?
Niki Hosp: Nein, das Gefühl hatte ich überhaupt nicht. Eigentlich sehe ich das auch ganz anders. Ich habe durch den Profisport viel mehr Sachen gelernt und gesehen. Sicherlich, oft ist es nicht leicht und es gibt auch harte Zeiten. Aber die gibt es im normalen Leben genauso.


netzathleten: Wie bleibt man bei all dem Ruhm bodenständig?
Niki Hosp: Ich denke, man darf das ganze einfach nicht überbewerten. Skifahren ist für mich schon extrem wichtig und hat einen extrem hohen Stellenwert, aber am Ende ist es ja doch „nur“ Skifahren. Ich fahre eben in einer Liga, in der die Öffentlichkeit mit dazu gehört und ein gewisses Interesse da ist. Im Endeffekt mach ich aber ja nur das, was mir Spaß macht.


netzathleten: Durch was motivierst Du Dich immer wieder aufs Neue?

Niki Hosp: Die Motivation kommt bestimmt durch die Erfolge und die Ziele die man hat. Letzten Sommer war natürlich Olympia das große Ziel. Da will man besonders fit sein, so dass man alles dafür tut um erfolgreich sein zu können. Fitness ist natürlich keine Garantie, aber zumindest eine wichtige Grundlage.


netzathleten: Was muss ein junger Alpinsportler heute mitbringen, um im Profibereich erfolgreich zu sein?
Niki Hosp: Auf jeden Fall sehr viel Ehrgeiz und Willensstärke und natürlich den elterlichen Rückhalt. Sicher, Glück gehört auch dazu, dass man das alles schafft. Vor allem insofern, dass man von Verletzungen verschont bleibt. Oft muss man einfach auch die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt treffen. Egal ob Trainer oder andere Betreuer.


netzathleten: Zum Thema Verletzungen: steht man gerade nach einer schweren Verletzung nicht beim ersten Mal nach dem Unfall wieder mit ganz wackeligen Knien auf den Skiern?
Niki Hosp: Ich glaube, es ist ganz normal, dass man sich nach einer Verletzung erst einmal wieder überwinden und an die Grenzen herantasten muss. Und das ist auch gut so! Es ist ja schließlich keine Selbstverständlichkeit, dass man gut ist und vorne im Weltcup mitfährt. Das ist alles kein Wunschkonzert. Am Anfang ist die Überwindung groß. Den Schritt habe ich bei dieser Verletzung jetzt erst noch vor mir. Ich weiß aber noch von letztem Jahr, als ich mich beim Slalom verletzt habe: Beim Riesentorlauf hatte ich überhaupt keine Probleme mit der Überwindung. Da bin ich einfach auf die Ski und drauf los gefahren. Beim Slalom war das etwas ganz anderes. Da muss man sich dann oft selbst ein wenig austricksen.


netzathleten: Ihr erreicht ja unglaubliche Geschwindigkeiten. Verspürt man da nicht manchmal ein wenig Angst? Fährt immer etwas Angst mit oder kann man das total ausblenden?
Niki Hosp: Die Geschwindigkeit ist für uns eigentlich ganz normal, da wir ja die ganze Zeit trainieren. Angst sollte eigentlich nie dabei sein. Wenn man Angst hat, ist das eher schlecht, da dann das Risiko steigt. Respekt ist allerdings eine gute Eigenschaft, weil man dadurch aufmerksamer und konzentrierter ist.


netzathleten: Alpinsport ist ja auch ein Extremsport und erfordert höchste Konzentration. Wenn Du oben am Start stehst, was machst Du, um dich 100%ig konzentrieren zu können. Hast Du irgendwelche Rituale?
Niki Hosp: Ich mach immer das Kreuzzeichen. Den Lauf geht man eigentlich immer vorher noch mal im Kopf durch. Man holt sich alles in Erinnerung, um möglichst wenig Fehler zu machen. Auch die Fehler, die man vorher gemacht hat, holt man sich nochmals ins Gedächtnis und formuliert sie positiv. Wenn man zum Beispiel zu schmal gefahren ist, fährt man die Strecke schon in Gedanken breiter und versucht dann, es während des Laufs umzusetzen.


netzathleten: Hast Du eigentlich eine Lieblingsdisziplin?
Niki Hosp: Ich mag die Mischung – mir liegt die Abwechslung sehr. Ich mache extrem gerne Super-G und ich fahre auch sehr gerne Slalom. Aber es ist auch lässig zwischendurch eine Abfahrt zu fahren. Die Mischung macht es eben! Spezialistin in einer Disziplin möchte ich nicht sein.


netzathleten: Und Deine persönliche Lieblingsstrecke?

Niki Hosp: Ich mag Strecken, die technisch anspruchsvoll sind! Die in Aare (Norwegen, d. Red.), weil ich dort eine WM-Medaille gewonnen habe. Das wird dann einfach automatisch zur Lieblingsabfahrt. In Österreich habe ich die Strecke in Lienz sehr gern. Lienz hat so eine heimische Atmosphäre, eine gute Stimmung und der Hang gefällt mir sehr. Das ist eigentlich mein persönliches Lieblingsrennen.


netzathleten: Was war bis jetzt der bewegendste Moment in Deiner Karriere?
Niki Hosp: Sicherlich als ich Gesamtweltcupsiegerin und Weltmeisterin geworden bin – das waren die zwei größten Highlights.


netzathleten: Wenn Du Dich mit fünf Eigenschaften beschreiben müsstest, welche wären das?
Niki Hosp: Das ist eine gute Frage! Sich selbst zu beschreiben ist immer ein wenig schwierig. Sicherlich willensstark, optimistisch, eine Kämpferin, humorvoll würde ich noch sagen und hundeliebend.


netzathleten: Was sind Deine nächsten großen Ziele?
Niki Hosp: Erst einmal gesund werden, denn wenn ich nicht fit bin, kann ich die nächsten Ziele nicht verfolgen. Danach möchte ich in Garmisch im März noch mal so richtig zuschlagen!


netzathleten: Niki Hosp in 10 Jahren: Wo siehst Du Dich?
Niki Hosp: Daheim, mit einer Familie und mit Hunden. Ich weiß noch nicht, was ich nach der Karriere machen möchte, sicherlich aber eine Familie gründen. Beruflich schau ich mal was sich so ergibt. Ich habe noch keine wirklichen Pläne, denn es kommt sowieso immer alles anders als man denkt. Mal schauen, was so auf mich zukommt.


Vielen Dank, Niki, für das nette Gespräch. Wir wünschen Dir gute Besserung und für die Zukunft alles Gute!


Das Interview führte Sabrina Schaich.

 

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