Es wird kein schönes Spiel – Interview mit Stefan Kretzschmar picture alliance

Es wird kein schönes Spiel – Interview mit Stefan Kretzschmar

  • Derk Hoberg
Nach dem Spiel gegen Slowenien sprachen wir mit Stefan Kretzschmar über die bisherige Leistung der deutschen Handballnationalmannschaft bei der Handball-EM in Österreich. Er ist nach den Spielen als Kollege mit dem Mikrofon auf Stimmenfang unterwegs.

netzathleten: Hallo Stefan, wir haben Dich beim Spiel der deutschen Mannschaft eben beobachtet. Du warst sehr ruhig, bist nicht so mitgegangen wie am Vortag. Beschreibe doch mal Deine Gefühle!
Stefan Kretzschmar: Je länger das Spiel gedauert hat, desto mehr schwanden meine Hoffnungen, muss ich zugeben. In der zweiten Halbzeit hat sich die Deutsche Mannschaft dann wieder rangekämpft, aber für mich war es schwer, emotional wieder reinzukommen, weil ich so enttäuscht war von der ersten Hälfte.

netzathleten: Insgesamt war es ein holpriger Start, wo sind die größten Fehlerquellen?

Stefan Kretzschmar: Was mir heute aufgefallen ist, ist dass die Abwehr auch überraschend schwach war. Normalerweise sind wir da stärker. Wir haben keine ordnende Hand im Angriff, da fehlt ein Leader, der auch mal das Heft in die Hand nimmt. Und wir kommen zu wenig über die Außen. Die anderen Mannschaften haben ihre Topscorer auf dieser Position. Wir tun uns da schwer. Heute können wir mit dem Torhüterspiel von Bitter zufrieden sein, alles andere ließ heute wie gesagt zu wünschen übrig.

netzathleten: Gehst Du denn jetzt mal ein ernstes Wörtchen mit den Spielern reden?

Stefan Kretzschmar: Nein, das ist ja nicht mehr meine Aufgabe. Morgen ist Medientreff, da werde ich mich mal blicken lassen und mit einigen Jungs mal sprechen und mal nachfragen, wie das Innenleben aussieht. Aber ein ernstes Wort muss man da nicht sprechen, die müssen jetzt in Ruhe gelassen werden und müssen sich da im „Endspiel“ gegen Schweden selbst rausziehen.


netzathleten: Wie findest Du die Stimmung hier bei den Spielen?
Stefan Kretzschmar: Die finde ich gut. Vor allem weil auch so viele Polen hier sind. So viele waren das noch nie bei einem internationalen Turnier, die Popularität des Handballs scheint auch dort voranzuschreiten. Gefällt mir gut! Es gab viele Europameisterschaften, die an unglücklichen Orten stattfanden, wo der Sport nicht so beliebt ist. Da spielt man dann vor wenigen Zuschauern. Hier ist das alles anders. Gut organisiert.

netzathleten: Jetzt geht es gegen Schweden – gibt es da einen Plan?

Stefan Kretzschmar: Man muss jetzt sicherlich keine taktischen Vorgaben machen, das wird ein Kampf. Da musst Du nur an die Ehre der Spieler appellieren und sie heiß machen. Da wird man keine großen Änderungen mehr vornehmen können, keine taktischen Raffinessen mehr einstudieren. Da geht es nur ums überleben und das muss jeder Spieler verinnerlichen. Das wird bestimmt kein schönes Spiel am Freitag. Aber spannend.

netzathleten: Du hast die Seiten gewechselt, bist mit dem Mikrofon für das DSF unterwegs. Stellst Du jetzt die unangenehmen Fragen, die Du früher selbst nicht mochtest?
Stefan Kretzschmar: Nö. Ich stelle auch keine Frage, die jemand nicht gerne beantwortet. Ich kann mich ja in die Lage der Spieler versetzen, deshalb sind meine Fragen auch in Ordnung.

netzathleten: Was fragst Du Bundestrainer Heiner Brand am liebsten?

Stefan Kretzschmar: Naja, ich versuche ihn immer erst mal ein bisschen aufzumuntern, damit die Interviews nicht so hart und scharf sind. Aber ich muss sagen, er ist ein sehr angenehmer Interviewpartner.

netzathleten: Okay Stefan, vielen Dank für Deine Einschätzungen und noch viel Spaß bei der EM.

Stefan Kretzschmar: Euch auch, danke.

 

Das Interview führte Derk Hoberg

 

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