Dabei sein ist schön, aber nicht alles - Magdalena Neuner im Interview picture-alliance

Dabei sein ist schön, aber nicht alles - Magdalena Neuner im Interview

  • Nils Borgstedt
Der Olympische Winter steht vor der Tür. Eine Athletin, die Großes in Vancouver vorhat, ist Magdalena Neuner. Die Biathletin wird zwar erstmals an Olympischen Spielen teilnehmen, geht aber dennoch als Favoritin an den Start. Wir sprachen mit der sympathischen Bayerin über ihre Ziele, Motivation und was sie an ihrem Sport fasziniert.

Netzathleten: Der letzte Winter war schwer für Dich… Du warst krank, hast Trainingsrückstand gehabt. Das spiegelt sich ja auch im Kopf wieder. Was willst Du tun, damit das heuer anders läuft?
Magdalena Neuner: Ganz wichtig war, denke ich, dass ich im Sommer im Vergleich zum letzten Jahr nur ein Drittel der Termine gemacht habe. Ich habe viel abgesagt und das war glaub ich das Beste, was ich machen konnte. Ich war diesen Sommer überhaupt nicht krank, habe alles trainiert, was ich mir vorgenommen habe. Es lief richtig super. Ich glaube letztes Jahr war einfach das Problem, dass ich mich übernommen habe.

Netzathleten: Inwieweit spürt man eine solche Überlastung im Kopf?
Neuner: Ich glaube, man merkt das eher physisch als psychisch. Körperlich merkt man einfach, dass man krank ist. Bei mir kam aber dann auch eine Phase in der ich gemerkt habe, ok ich bin total kaputt und fertig, ich will nicht mehr, ich fühl mich einfach ausgebrannt. Ich habe das aber, denke ich, recht früh gemerkt und mir dann auch mal wieder schöne Dinge gegönnt und das Ganze gut in den Griff bekommen. Kopf und Körper hängen aber natürlich auch zusammen. Wenn es einem nicht gut geht, ist man einfach schlecht drauf, schnell genervt und merkt, dass man alles nicht mehr so leicht verkraftet. Wenn nur das Telefon geklingelt hat, war ich schon gestresst. Aber ich denke, das waren Erfahrungen, die ich machen musste. Und dadurch weiß ich es jetzt auch viel mehr zu schätzen, wie gut es mir im Moment geht, wie gut ich auch vom Kopf her drauf bin und wie glücklich ich bin. Von daher sind solche Erlebnisse nicht immer nur negativ.

Netzathleten: Wie gehst Du diese Saison an? Legst Du voll los, oder sagst Du Dir „lieber am Anfang nicht überpowern und dann bei Olympia Vollgas“?
Neuner: Ich denke, dass man jeden Wettkampf von Haus aus voll angeht. Ich werde von Anfang an mein Bestes geben, weil ich einfach gut drauf bin. Ich muss auch mein Bestes geben, weil ich mich ja für Olympia qualifizieren möchte. Dafür sind auch die guten Platzierungen entscheidend. Man muss aber auch immer beachten, wie man drauf ist. Wenn ich merke, ich bin nicht zu hundert Prozent fit, werde ich vielleicht auch mal einen Wettkampf auslassen. Das würde ich sonst vielleicht nicht machen. Ich versuche einfach gesund zu bleiben, da ist man also in so einer Saison vielleicht etwas sensibler.


Netzathleten: Wie motivierst Du Dich? Hörst Du zum Beispiel bestimmte Musik?
Neuner: Gute Frage. Da muss ich erstmal überlegen. Das ist immer sehr unterschiedlich. Für die Motivation brauch ich eigentlich nicht so viel. Ich bin von Haus aus motiviert. Es gibt halt Tage, da hört man gerne etwas „gute-Laune-mäßiges“. Wenn ich mich erstmal ein bisschen pushen muss, dann höre ich auch mal etwas Lauteres. Greenday, Red Hot Chili Peppers – also Rock oder Punkrock. Und sonst eigentlich alles, was so aktuell ist.

Netzathleten: Vancouver werden Deine ersten Olympischen Spiele sein. Geht man da mit einem anderen Grundgefühl rein, ist da ein anderes Kribbeln da?
Neuner: Ehrlich gesagt, ich weiß es noch nicht. Für mich ist Olympia noch weit weg. Ich werde mich jetzt erstmal auf die ersten Weltcups konzentrieren, aber natürlich ist Olympia im Hinterkopf. Ich freue mich auch darauf. Ich freue mich, dass meine Eltern mitfliegen, das ist das Private. Aber ich freue mich einfach auf das Ganze, auf Kanada, auf Whistler. Wir waren ja letztes Jahr schon dort und es ist einfach unglaublich schön. Allein dort dabei sein zu dürfen und das ganze Flair zu erleben, mit den ganzen Sportlern zusammen zu sein, das ist toll. Gerade auch, weil eben nicht nur Biathleten da sind, wie beispielsweise bei der WM. Ich bin gespannt, weil es einfach mal etwas ganz Neues ist.


Netzathleten: Wie fühlst Du dich jetzt, im Vergleich zu Deinem ersten großen Winter?
Neuner: In meinem ersten großen Winter, da war ich eigentlich auch entspannt, weil ich froh war, dass ich überhaupt dabei sein durfte. Und dann durfte ich bei der WM dabei sein, das war einfach super. Schwieriger war mein zweiter Weltcup-Winter, bei dem ich dann schon fest zur Mannschaft gehörte und auch wusste, dass von mir erwartet wird, dass ich gut bin.

Netzathleten: Du musst ja sehr oft auch bei Veranstaltungen mitmachen, die Dir nicht unbedingt in den Zeitplan passen, einfach, um als Aushängeschild mit von der Partie zu sein. Hast du überlegt, auch mal nicht mitzumachen?
Neuner: Na klar habe ich das. Ich denk mir schon manchmal, oh Mann, überall muss die Magdalena Neuner da sein, weil ich ich bin. Und die Verantwortlichen kennen mich ja. Ich sage dann halt: OK, ich mach’s, auch wenn’s mir nicht rein passt. Aber ich hoffe, dass ich dann auch mal was gut habe und mal nicht mitmachen muss. Und ich habe da schon eine Idee, wo ich mich mal ausklinken werde. Das ist der Radlehrgang auf Ibiza im nächsten Jahr. Ich hasse das! Und deshalb hab ich auch dieses Jahr gesagt: Ok, ich mache die Sommerbiathlon-WM und stelle dafür meine Trainer vor die Tatsache, dass ich nächstes Jahr mein Radtraining daheim mache.

Wissen das die Trainer schon?
Neuner: Nein, das wissen sie noch nicht. Aber sie wissen, dass ich den Lehrgang total hasse, und ich habe schon immer angedeutet, dass ich da nicht mehr mitfahre. Aber das kauft mir keiner ab. Die sagen alle: „Ach was, du fährst schon wieder mit“. Und dann sitze ich immer 100 km auf meinem Fahrrad und fluche die ganze Zeit.

Im Video erfahrt ihr mehr zu Magdalena Neuner, was sie an ihrem Sport fasziniert und was sie tut, um sich am Schießstand zu konzentrieren.

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Das Videointerview führten Derk Hoberg (Video) und Nils Borgstedt (Gespräch und Video)

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