Interview mit Oliver Pongratz: „Würde alles genauso wieder machen“

Interview mit Oliver Pongratz: „Würde alles genauso wieder machen“

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Er war der Topstar des deutschen Badmintonsports - vor Björn Joppien und Marc Zwiebler. In den Neunzigern kam in Deutschland keiner an ihm vorbei. Sieben deutsche Meistertitel in Folge (1993 bis 1999) und einige Erfolge auf internationaler Bühne sprechen eine deutliche Sprache. Die Rede ist von Oliver Pongratz. Badzine sprach mit dem gebürtigen Bayern, der schon mit 16 Jahren in der 1. Bundesliga spielte.

Oliver Pongratz zählt zu den erfolgreichsten Einzelspielern in der Geschichte des deutschen Badmintonsports. 1997 erreichte er bei den Dutch Open erstmals das Finale eines Grand-Prix-Turniers. Bei den German Open konnte er 2000 ins Semifinale einziehen. Die BMW-Open (heute Bitburger Open) gewann er im Jahr 1999. Dazu kommen viele Titel auf dem Circuit von Badminton Europe. Seine beste Weltranglisten-Platzierung war Rang neun.

BADZINE: Oliver, was machst du heute beruflich?
Oliver Pongratz: Ich habe nach dem Karriereende eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht und diese habe ich im Juni 2007 abgeschlossen. Direkt danach habe ich die Elternzeit in Anspruch genommen, in der ich mich immer noch befinde. Ich gehe aber dennoch 30 Stunden die Woche im Steuerbüro in Langenfeld arbeiten, wo ich meine eigenen Mandanten betreue.

BADZINE: Im Jahr 2006 bist du erstmals Vater geworden. Inwieweit hat dich das verändert?
Pongratz: Jeder der Vater ist, weiß was sich beziehungsweise wie einen das verändert. Der Alltag verändert sich, Prioritäten werden neu gesetzt, man lernt die Dinge mit anderen Augen zu sehen und ich empfinde jeden Tag einfach nur Glück und großen Stolz. Luis kam im November 2006 zur Welt. Und im April 2009 sind wir erneut Eltern von unserem Lucas geworden. Zwei wundervolle Kinder. Was könnte ich mir mehr wünschen.

BADZINE: Hat dein ältester Sohn schon Erfahrungen mit Badminton gesammelt?
Pongratz: Natürlich hat Luis schon Erfahrung mit Badminton gemacht, da er oft bei Spielen oder im Training dabei ist. Er hat sehr großes Interesse an Sport im Allgemeinen, aber insbesondere an Badminton und Fußball - was bei Jungs wohl üblich ist. Was ich aber jetzt schon sagen kann ist, dass er noch mehr Talent für Badminton mitbringt als der Papa. Was er später machen will, kann man jetzt noch nicht genau sagen und ich werde ihn da frei entscheiden lassen.

BADZINE: Kommen wir zum Papa zurück. Wenn du deine Leistungssportkarriere Revue passieren lässt, was war dein schönster sportlicher Erfolg?
Pongratz: Rückblickend nach einigen Jahren, muß ich nun sagen, dass ich wohl am meisten stolz darauf bin, wie weit ich mit meinen Möglichkeiten gekommen bin. Ich meine, ich war nicht das allergrößte Talent - habe dies aber mit sehr großer Disziplin, Fleiß, täglich sehr hartem Training und großem Willen wettgemacht. Aber natürlich war da Olympia 1996 in Atlanta herausragend. Die sieben deutschen Meistertitel in Folge, das Thomas-Cup-Finale und sicherlich die Weltmeisterschaft 1997 in Glasgow, bei der ich wahrscheinlich mein bestes Badminton gespielt habe.


BADZINE: Wie verfolgst du heute die Badminton-Szene? Besuchst du Turniere oder Bundesliga-Spiele?
Pongratz: Eigentlich nur noch via Internet. Ich besuche keine Bundesligaspiele oder Turniere. Dafür ist mir die Zeit mit meiner Familie viel zu kostbar.

BADZINE: Oliver, was sagst du zu den jüngsten Erfolgen des deutschen Badmintonsports? Und was glaubst du, hat sich im DBV seit deiner Zeit verändert?
Oliver Pongratz: Natürlich freue ich mich für die Spieler und Spielerinnen, weil ich weiß, wieviel man dafür investieren muß. Und wenn man immer weiter macht, dann stellen sich auch die Erfolge ein. Zur Verbandsseite kann ich nicht viel sagen, weil ich die Strukturen viel zu wenig kenne. Aber ich glaube, dass man ein wenig gelernt hat, in allen Bereichen noch viel professioneller zu arbeiten.

BADZINE: Einer deiner Nachfolger als Nummer eins, Marc Zwiebler, mischt mittlerweile in Europa vorne mit. Was sagst du zu ihm?
Pongratz: Marcs Erfolge sind insbesondere für den deutschen Badmintonsport von großer Bedeutung. Aber auch in Europa und weltweit ist es wichtig, einen Spieler zu haben, der nicht nur wahrgenommen wird, sondern auch respektiert wird. Dennoch sehe ich das ganze immer auch mit einem anderen Auge, weil ich weiß wie es ist wenn man Erfolg hat - und wenn man keinen hat.

BADZINE: Jemals bereut, Badminton als Leistungssport betrieben zu haben?
Pongratz: Auf keinen Fall. Und ich würde alles wieder genauso machen. Durch den Sport habe ich mich nicht nur als Spieler entwickelt sondern auch als Mensch. Ich habe viele Länder und Menschen gesehen und kennengelernt. Musste lernen mit Niederlagen umzugehen, durfte aber auch die Momente des Sieges geniessen. Zudem habe ich durch den Sport meine wundervolle Frau (die Dänin Malene, Anm. d. Red) kennengelernt und habe nun die Möglichkeit, diese ganzen Erfahrungen an meine Kinder weiterzugeben.

BADZINE: Spielst du noch irgendwo regelmäßig Badminton?
Pongratz: Ich habe die letzten zwei Jahre für den STC BW Solingen in der Regionalliga gespielt. Und da wir letzte Saison in die zweite Liga aufgestiegen sind, werde ich auch nächste Saison noch spielen. Ebenso bin ich jeden Freitagabend als Trainer beim BC Burscheid tätig.

BADZINE: Letzte Frage. Sind nach Ende der aktiven Zeit körperliche "Nachwehen" geblieben?
Pongratz: Ich denke, dass ich zu meiner aktiven Zeit einer der fittesten Spieler im Herreneinzel war. Dieses harte Training geht natürlich nicht spurlos an einem vorbei. Natürlich habe ich ab und dann kleinere Verletzungen, weil ich einfach keinen optimalen Rhythmus mehr habe. Aber ansonsten fühle ich mich sehr wohl und habe keinerlei Probleme. Ich muss mich ja noch für meine Söhne fit halten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Mit Oliver Pongratz sprach Manuel Rösler.

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