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Interview mit Dirk Nowitzki - „Wir sind für die Playoffs gemacht“

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Dirk Nowitzki freut sich auf die NBA Playoffs 2010. In der ersten Runde trifft er mit seinen Dallas Mavericks auf die San Antonio Spurs. Im Interview spricht der Würzburger über die Saison, die Postseason und die Zukunft des deutschen Basketballs.

Es ist Donnerstagvormittag in Dallas, 18:30 Uhr in Deutschland, als sich Dirk Nowitzki einigen deutschen Medienvertretern zur Telefonkonferenz stellt. Crossover war mit dabei und liefert euch die brandaktuellen O-Töne des Mavericks-Stars.

Du hast vor kurzem 74 Freiwürfe in Folge getroffen. Hast du einen besonderen Trick bei Freiwürfen?
Dirk Nowitzki: Ich weiß auch nicht. Es gibt einfach Serien, in denen es läuft. Es gibt auch Zeiten, da verwirft man drei bis vier hintereinander in einem Spiel. Ich habe bei Freiwürfen dieselbe Routine, seitdem ich in der NBA bin, aber ein bisschen Glück gehört einfach immer dazu. Im Moment habe ich einen guten Rhythmus, nicht nur von der Freiwurflinie, sondern auch so fühle ich mich gut. Ich schieße den Ball gut und freue mich auf die Playoffs.

Inwieweit spielt der Heimvorteil bei den Mavericks eine Rolle, da sie doch auswärts fast genauso erfolgreich sind wie zu Hause?
Wenn du eine Chance hast, in den Playoffs ein Heimspiel zu haben, ziehst du das natürlich vor. Bei den ersten Spielen vielleicht nicht so sehr, aber in Spiel-sieben-Situationen würde ich immer zu Hause spielen wollen. Insofern ist der Heimvorteil wichtig, wenn es zu einem solchen Spiel kommt. Aber ich glaube, dass wir gezeigt haben, auch seitdem wir den Trade [Caron Butler, Brendan Haywood und DeShawn Stevenson kamen im Februar aus Washington] gemacht haben, dass wir auswärts wichtige Spiele gewinnen können - auch wenn wir vorne mal ein wenig straucheln, wie letzte Woche gegen Portland.

Um in die Playoffs zu kommen, muss man relativ viele Spiele absolvieren. Kannst du Fußballspielern mal erklären, wie man das mental schafft?
Mittlerweile spiele ich in meiner zwölften Saison und mein zehntes Jahr hintereinander in den Playoffs. Von daher hat man natürlich seine Routine. Ich versuche vor jedem Spiel mich gleich vorzubereiten, damit bei jedem Spiel auch das Gleiche hinterher raus kommt. Wenn man ein paar Jahre gespielt hat, sind 82 reguläre Saisonspiel schon arg lang. Nach dem All-Star Game freut man sich eigentlich schon die ganze Zeit auf die Playoffs.

Wird dieses Jahr die Saison der Mavericks?
Das muss man sehen. Im Westen sind die Lakers, wenn sie gesund sind und Bynum zurück kommt, noch der Topfavorit. Danach ist der Westen weit offen; ob es Utah, wir oder die hinteren vier sind. Es kommt jetzt einfach darauf, wer in den Playoffs am besten spielt, hinten eine gute Abwehr hat und zur richtigen Zeit heiß läuft. Das wird sich jetzt in den nächsten ein bis zwei Monaten zeigen.

Den Mavericks ist immer vorgeworfen worden, schlechte Defensive zu spielen. Glaubst du, dass die Verstärkungen, die durch den Trade vor der Deadline kamen, Dallas weiter bringen als in den letzten Jahren?
Das ist die talentierteste und tiefste Mannschaft, die wir je in Dallas hatten. Sie ist besser als die Mannschaft, mit der wir 2006 in die Finals gekommen sind. Das Problem ist nur, dass der Rest im Westen auch besser geworden ist. Der Trade war aber auf jeden Fall gut für uns. Wir sind physischer geworden. Wir haben jetzt zwei Center, die unter dem Korb aufräumen können. Caron Butler hat eigentlich auf der Zwei jeden Abend ein Mismatch. Auch Jason Kidd ist einer der physischsten Aufbauspieler der Liga. Wir wissen alle, dass in den Playoffs weniger gepfiffen wird. Ich glaube, wir sind für die Playoffs gemacht, aber wie es wirklich läuft, wissen wir erst wenn erst los geht.

San Antonio ist ein sehr schweres Matchup. Sie spielen seit dreieinhalb Monaten sehr guten Basketball. Manu Ginobili ist wieder da, nachdem er Verletzungsprobleme hatte. In den letzten Monaten hat er unglaublichen Basketball gespielt. Wenn er und San Antonio gut drauf sind, sind sie schwer zu schlagen.


Tony Parker macht traditionell sehr viele Punkte gegen Dallas. Wie habt ihr vor ihn und die Spurs in diesem Jahr zu verteidigen?
Das ist natürlich die Frage gegen die Spurs. Du hast Tim Duncan im Post-Up, der dort nach wie vor sehr gut ist. Dazu noch Tony Parker und Manu Ginobili im Pick-and-Roll. Unser Ziel letztes Jahr war es zu verhindern, dass Parker in die Zone zieht und auf den freien Dreierschützen passt. Wenn diese Würfe fallen, hat man richtig Probleme. Letztes Jahr haben wir Duncan und Parker ihre Punkte machen lassen und haben versucht die Schützen aus dem Spiel zu nehmen. Wenn Parker und Duncan an die 60 Punkte machen, reicht das nicht. Mit der Devise sind wir gut gefahren und haben gegen die Spurs gewonnen.

Dieses Jahr ist das Problem, dass Ginobili wieder dabei ist. Er macht die Spurs offensiv eine Menge besser und explosiver. Wir hatten erste Teambesprechung, wo wir unsere neue Defensivstrategie festgelegt haben. Mal schauen, ob wir wie letztes Jahr spielen oder wegen Ginobili etwas umstellen müssen. Es wird auf jeden Fall ein schweres Matchup.

In diesem Jahr habt ihr ein paar nicht eingeplante Heimniederlagen gegen schwächere Teams kassiert. Wie kam es dazu?
Ich glaube, dass keine Mannschaft über 82 Spiele so konstant ist, dass sie alle Heimspiele gewinnt. Sogar die Lakers oder Cleveland haben gegen solche Mannschaften zu Hause verloren. Das passiert einfach. Es ist manchmal wie verhext, dann geht vorne nichts rein und die andere Mannschaft spielt sich heiß. Das haben aber alle Mannschaften, auch die besten aller Zeiten. Das Wichtigste ist, wie du nach einer solchen Niederlage im nächsten Spiel als Mannschaft auftrittst. Du musst die Niederlage mit deiner Einstellung vergessen machen. Das haben wir eigentlich immer sehr gut hingekriegt. Wir hatten nie lange Niederlagenserien.

Hast du dich auch über Platz zwei gefreut, weil ihr in der zweiten Runde gegen Steve Nash spielen könnt?
Das war ja noch gar nicht klar. Weil Utah erst nach uns noch gegen Phoenix gespielt hat. Nachdem wir gewonnen hatten, wussten wir noch gar nicht, gegen wen wir in der zweiten Runde spielen könnten. Ich habe das Ende des Spiels zu Hause geschaut. Die Suns haben super gespielt und sich so den dritten Platz geholt.

Aber jetzt schon in die zweite Runde zu blicken, wäre viel zu früh. San Antonio ist einer der schwersten Gegner, den man in der ersten Runde haben kann. Wenn ich fünf, sechs Jahre zurück schaue, hatten die Nummer eins und zwei immer relativ leichte Matchups und erst in der zweiten Runde wurde es schwerer. Jetzt gibt es einfach keine leichten Gegner mehr. Es ist noch nicht häufig passiert, dass alle acht Mannschaften in den Playoffs über 50 Spiele gewonnen haben. Das zeigt die Tiefe im Westen. Von daher machen wir uns erst Sorgen um die zweite Runde, wenn es so weit ist. Jetzt gilt das volle Interesse den San Antonio Spurs.


Würdest du weiterhin gerne bei der WM spielen bzw. hängt das vom Abschneiden in den Playoffs ab?
Dieses Jahr hat sich bisher noch nichts geändert. Erst muss man die Saison, hoffentlich mit einem Ring am Finger am Schluss, zu Ende bringen und danach muss man sich zusammen setzen. Ich bin natürlich im stetigen Kontakt mit den Verantwortlichen. Dirk Bauermann war ein paar Tage hier und hat sich ein paar Spiele angeguckt. Es wird wieder eine kurzfristige Entscheidung im Sommer sein, deshalb liegt erst mal mein voller Fokus auf den Playoffs.
Das Gute ist, dass wir eine Wildcard für die WM haben und dadurch automatisch auch für die Europameisterschaft in Litauen qualifiziert sind und die ist ja dann die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2012. Von daher gibt es bei der WM jetzt nicht richtig was zu holen, aber für die WM spricht, dass sie relativ spät ist. In der Zeit würde ich sowieso wieder im vollen Training stehen. Aber man muss erst abwarten, wie alles läuft und im Sommer kann man sich wieder zusammen setzen.

In dieser Saison stach der Rookie Rodrigue Beaubois aus dem tiefen Kader der Mavs besonders hervor. Wie siehst du seine Entwicklung und inwieweit kann er ein Schlüsselspieler für die kommenden Playoffs sein?
Ich bin sehr positiv überrascht von „Ronny“. Ich hatte natürlich vorher noch nichts von ihm gehört, aber bereits im Trainingscamp habe ich gedacht, dass er eine Riesenzukunft vor sich hat, weil er eine super Athletik hat, was in der NBA sehr hilft. Zudem hat er sehr lange Arme, ist sehr explosiv, hat einen guten Wurf und zieht gut zum Korb. Auch in der Zone kann er gut gegen lange Spieler abschließen. Außerdem ist er ein guter Verteidiger. Er hat ein unglaubliches Potential.

Wir sind stolz drauf, wie er sich in diesem Jahr entwickelt hat. Natürlich hat er noch viel zu lernen. Seine Minuten waren auch etwas sporadisch, aber immer wenn er rein kam, hat er uns etwas von der Bank gegeben. Als Rookie hat er auf jeden Fall eine super Saison gespielt.
Ob er schon in diesem Jahr ein Faktor in den Playoffs ist, wird sich zeigen. Auf seiner Position sind wir mit Jason Terry und Caron Butler zu gut besetzt. Dass er in den Playoffs als Aufbau aufläuft, glaube ich weniger.

Das muss man aber von Spiel zu Spiel sehen. Er hat es in diesem Jahr gut hingekriegt, immer bereit zu sein, wenn der Trainer seinen Namen rief und hat dann gute Leistungen gebracht. Das wird er genauso in den Playoffs tun. Er wird auf jeden Fall ein Schlüsselspieler für uns über die nächsten Jahre sein. Es macht auch einfach Spaß ihm zuzuschauen, weil er so elegant spielt.

Was sagst du dazu, dass Tibor Pleiß zum Rookie des Jahres gewählt wurde? Tim Ohlbrecht und Robin Benzing haben auch mit guten Leistungen überzeugt. Inwieweit verfolgt du die Entwicklung und wie beurteilst du sie?
Ich habe online gelesen, dass Tibor bester Rookie geworden ist. Das ist sehr schön, dass die Jungen Spielzeit bekommen und Chancen haben sich zu entwickeln. Für Tim Ohlbrecht freue ich mich sowieso, wir kennen uns ja schon recht lange.

Könnte das Erreichen des Final Fours von Alba Berlin einen neuen Basketballboom in Deutschland auslösen?
Darüber freue ich mich natürlich. Keine Ahnung, ob das einen Boom auslösen kann, aber Berlin war natürlich schon immer eine Basketballstadt. Die hatten die letzten Jahre immer schon an die 8.000 Zuschauer. Es ist schön zu sehen, was dort für ein Erfolg ist – auch international.

Florian Lindemann, crossover-online

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