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"Ich bleibe in der NBA" - Interview mit Dirk Nowitzki

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Dirk Nowitzki spricht live aus Dallas über die aktuelle NBA-Saison mit den Mavericks, das bevorstehende All-Star Weekend, die Trading Deadline, seine Zukunft und die beiden Jungnationalspieler Elias Harris und Lucca Staiger.

Es ist Donnerstagvormittag in Dallas, 17:45 Uhr in Deutschland, als sich Dirk Nowitzki einigen deutschen Medienvertretern zur Telefonkonferenz stellt. Crossover war mit dabei und liefert euch die brandaktuellen O-Töne des Mavericks-Stars.

Die Dallas Mavericks standen vor einem Jahr um diese Zeit auf Platz sieben der Western Conference. Jetzt sind sie Dritter hinter den Denver Nuggets und den Los Angeles Lakers. Was läuft besser als 2008/2009, was zeichnet das Team in diesem Jahr aus?
Dirk Nowitzki: Wir haben ein bisschen mehr Athletik. Mit Shawn Marion läuft’s ein bisschen besser in der Verteidigung, obwohl wir in den letzten paar Wochen einige Schritte zurück gemacht haben. Das war etwas enttäuschend. Wir haben ein paar Spiele verloren, die wir eigentlich hätten gewinnen müssen. Wir waren ja die ganze Zeit Zweiter und sind nun wieder hinter Denver gefallen. Aber in einer langen Saison mit 82 Spielen gibt es immer Höhen und Tiefen.

Zurzeit stecken wir in einem kleinen Loch. Da müssen wir uns wieder heraus kämpfen. Aber ich mag die Mannschaft. Erick Dampier ist momentan verletzt. Wenn er gesund ist, ist er ein sehr wichtiges Spieler für uns. Auch die Neuzugänge sind sehr gut, Drew Gooden, Shawn Marion und Quinton Ross passen gut rein. Der Rookie aus Frankreich (Rodrique Beaubois) ist auch ein sehr guter Spieler und wird in Zukunft noch für Furore sorgen. Von daher finde ich die Mannschaft sehr, sehr gut. Nun müssen wir uns eben nur noch aus dem kleinen Loch wieder heraus kämpfen.

Ihr habt ziemliche Schwankungen vor allem in der Defense. Woran liegt es, dass ihr keine Konstanz in die Verteidigung habt?
Ich glaube, dass wir am Anfang sehr gut in der Verteidigung waren und viele Mannschaften um die 40 Prozent aus dem Feld gehalten haben. Außerdem haben wir viele Spiele im November und Dezember gewonnen. Auch wenn unsere eigene Offense nicht so toll war und wir selbst nur 40 Prozent getroffen haben, konnten wir trotzdem das Spiel gewinnen. Das hat uns eigentlich gezeigt, dass wir hinten sehr gut gestanden haben.

Seitdem das neue Jahr angefangen hat, haben wir da einige Schritte zurück gemacht. Wenn wir die Playoffs erreichen wollen, müssen wir wieder dahin zurückgehen, dass wir in der Verteidigung wieder zulegen. In letzter Zeit haben uns einige Spieler an die 50 Punkte eingeschenkt [Andre Miller 52 Punkte, Monta Ellis 46 Punkte]. Wir haben einige Spiele verloren, die wir hätten gewinnen müssen, weil die gegnerischen Mannschaften einfach zu gut aus dem Feld geschossen haben. Wir müssen wieder solide sein und einander helfen.
Ich hoffe, dass wir mit Selbstvertrauen in die All-Star-Pause gehen können. Dann gewinnt jeder ein bisschen Abstand, sodass wir dann nach der Pause wieder voll angreifen können.


Sind die Formschwankungen von Josh Howard möglicherweise auch ein Grund für dafür?
Josh hat eine schwere Saison gehabt, weil er wieder viel verletzt war. Mal hat er gespielt, mal nicht. Dann hat sein Fuß wieder weh getan. Das war einfach schwer für ihn, da einen Rhythmus zu finden. Ich glaube, dass er sich jetzt besser fühlt. Sein Fuß ist wieder ganz okay. Man sieht auch, wie er sich bewegt, dass er sich wieder wohler fühlt auf dem Spielfeld. Jetzt muss er einfach am Ball bleiben. Von Null auf Hundert ist einfach schwer. Da muss er sich durchkämpfen und auch im Training weiterhin hart arbeiten. Dann wird er schon wieder der dominante Spieler sein, der er war.

Das All-Star Weekend steht an. Dazu auch noch in Dallas. Was bedeutet das für dich?
Das ist etwas Besonderes, auch wenn ich schon acht Mal dabei gewesen bin. Mein bestes Erlebnis war nach wie vor das allererste, weil es natürlich mein Traum immer war, einmal dabei zu sein. Dann zwischen den Athleten zu hocken, von denen ich Fan war, wie [Michael] Jordan, Shaq [O’Neal], Kevin Garnett, Kobe [Bryant]. Mit all den Leuten mal in der Umkleide zu sitzen, war ein unglaubliches Gefühl.
Ich glaube, dieses Jahr kommt nochmal knapp daran. Weil es jetzt auch mal in der Stadt ist, in der ich seit elf, zwölf Jahren spiele, wohne und mich sehr wohl fühle. Hinzu kommt natürlich noch, dass es in der neuen Arena ist, in dem Riesending, wo schon fast 90.000 Tickets verkauft worden sind und das größte Basketballspiel der Welt stattfinden wird. Dort ein Teil der Geschichte zu sein, ist auch etwas Spannendes. Das ganze Wochenende wird eine Riesensache werden und darauf freu ich mich schon.

Du bist jetzt zum neunten Mal dabei und immer von den Trainern und nie von den Fans gewählt worden. Wie erklärst du dir diese unterschiedliche Wertschätzung?
Dieses Jahr war ich ein wenig enttäuscht, weil es eben in Dallas ist. Es wäre eine schöne Sache gewesen, wenn ich als Starter von den Fans gewählt worden wäre.

In den ersten paar Monaten war ich vor Tim Duncan. In der letzten Auszählung war ich immer noch vorne. Und dann hat er mich zwei Tage vor Schluss noch überholt. Von daher war ich ein bisschen enttäuscht. Aber dabei sein ist alles.

Auch die letzten acht Jahre, als ich kein Starter war, habe ich immer ein super Wochenende erlebt, habe die Mavericks repräsentiert, so gut ich konnte, und von daher wäre es schön gewesen, hier zu Hause Starter zu sein. Aber auch von der Bank aus wird es ein tolles Wochenende und hoffentlich ein schönes Spiel werden.

Wirst du während des All-Star Weekends im Hotel bei der Mannschaft sein oder ziehst du dich dann lieber zurück nach Hause, wo ein bisschen weniger Rummel ist?
Ich würde gern zu Hause bleiben, aber ich hab etwa 20 Leute aus Deutschland zu Besuch. Von daher bin ich nicht zu Hause und schlafe im Hotel.


Du zählt praktisch seit einem Jahrzehnt zu den Topspielern der NBA. Die unvermeidliche Frage: Wie wichtig ist der Meisterschaftsring, um solch eine Karriere zu krönen?
Das ist schon wichtig. Es gibt viele Spieler, von denen sagen sie am Schluss: ‚Ja, er hat eine schöne Karriere gehabt, aber es fehlt was.‘ Und dieses ‚Aber‘ würde ich mir natürlich schon gern ersparen.
Die Meisterschaft war in den letzten Jahren mein Ziel, einmal waren wir nah dran, die letzten Jahre weniger nah dran. Aber das ist der einzige Grund, der mich motiviert, noch zu spielen. Alles andere habe ich erreicht.

Das einzige, was mir noch fehlt, ist die Meisterschaft. Da werde ich natürlich alles dran setzen. Ich weiß auch nicht, wie lange es noch gut geht. Ob ich noch vier, fünf Jahre auf dem Niveau spielen kann, müssen wir mal sehen. Wie der Körper mitspielt und so. Der Rest meiner Karriere ist dem Gewinn einer Meisterschaft gewidmet.

Heißt das, wenn du dieses Jahr Meister wirst, spielst du nächstes Jahr in der Bundesliga?
Solange ich mich noch gut fühle, und es mir hier noch Spaß macht, dann werde ich auf jeden Fall in der NBA bleiben. Dann müssen wir einfach mal schauen, was passiert, wenn ich ein bisschen älter werde, wenn mir einfach 82 Spiele im Jahr zu viel sind, wenn der Körper das alles nicht mehr mitmacht.
Ich habe aber noch Spaß am Spiel. Ob ich mich danach nochmal für Europa entscheide, das lasse ich mir offen. Doch solange es mir hier noch gut geht, dann würde ich hier gern noch ein paar Jahre spielen.

All-Star-Game Zeit ist auch immer Trading-Zeit. Dallas ist wie immer eines der Teams, die immer wieder bei den Gerüchten auftauchen. Mark Cuban hat nach dem Spiel gegen Golden State gesagt, dass er sich ernsthaft Gedanken macht. Was hast du für ein Gefühl? Braucht ihr vielleicht nochmal frisches Blut, um richtig oben anzugreifen?
Man versucht ständig, sich zu irgendwie zu verbessern. Da sind wir bei weitem nicht die einzige Mannschaft. In der Nähe der Trading Deadline versucht man immer Augen und Ohren offen zu halten. Wenn wirklich ein Deal kommt, der uns besser macht, sind wir auf jeden Fall dabei. Aber wir werden jetzt nicht irgendeinen Deal machen, nur um einen Deal zu machen.

Ich glaube, da sind wir als Mannschaft schon gut genug, um da oben mitzuspielen. Aber wie gesagt: Um diese Zeit gibt es auch immer viele Gerüchte, viel Spekulation. Das belebt aber auch ein wenig das Geschäft. Jeden Tag kommen irgendwelche anderen Gerüchte auf. Da muss man einfach sehen, was da wirklich am Ende passiert. Aber der Cuban hat das immer ganz gut gehandhabt.

Hast du die Situation um Lucca Staiger verfolgt?
Nein. Als Coach Bauermann hier war, hat er mir die Nummern von Elias [Harris] und Lucca gegeben. Ich sollte mich bei beiden mal melden und schauen, was los ist. Dann habe ich mich mit Wolfgang Brenscheidt [DBB-Generalsekretär] in New York getroffen. Er meinte, dass Lucca Hals über Kopf abgereist ist und in Berlin unterschrieben hat. Ich habe das gar nicht mitbekommen.

Es ist schon tough, das Team mitten in der Saison zu verlassen. Aber er hat die Entscheidung selbst getroffen. Wenn er meint, dass er sich dort nicht mehr weiter entwickeln kann und ein bisschen mehr Competition braucht, um das nächste Level zu erreichen, dann muss er das machen.

Elias Harris spielt bei Gonzaga in der NCAA und liefert dort starke Leistungen ab. Hast du ihn schon mal spielen gesehen? Bekommst du mit, was da gerade abgeht?
Leider habe ich ihn noch nicht spielen gesehen. Aber ich habe ihm einmal getextet und gratuliert. Das war nach dem Spiel mit 31 Punkten und 13 Rebounds. Im Fernsehen habe ich noch kein Spiel von ihm gesehen. Wir sind natürlich auch viel unterwegs. Aber die Saison dauert ja noch eine Weile. Ich hoffe schon, dass ich ihn nochmal in Aktion sehen kann. Ich habe aber mitbekommen, dass er eine gute Saison spielt. Hoffentlich kann er sich im nächsten Sommer weiter durchsetzen.

Interview: Thomas Käckenmeister, crossover-online.de

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