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Fotofinish - Eric Frenzels Kolumne

  • Eric Frenzel
Wie ich in Zukunft vermeiden möchte, im Fotofinish zu unterliegen? Was ich mir beim Einlaufen auf der Zielgeraden überlege, um Johannes Rydzek zu schlagen? Ob drei Fotofinish-Niederlagen in Folge bei mir eine psychische Blockade verankern?
Das sind die Fragen, die nach wieder zwei packenden Zweikämpfen in Korea zwischen Johannes Rydzek und mir von Journalisten aufgeworfen werden. Im Stakkato beantwortet möchte ich sagen:

Ich spiele mit dem Gedanken, meine Skier um einen Zentimeter künstlich zu verlängern, um im Fotofinish mit einem halben Zentimeter die Nase vorn zu haben – nein, nein, das war natürlich ein Spaß! Es gibt kein Rezept, ein Fotofinish zu vermeiden, außer der Möglichkeit, ein Rennen auf der Strecke und nicht auf den letzten 100 Metern zu entscheiden. Das strebe ich aber von Natur aus an. Dass ich auf drei Wimpernschlag-Zieleinläufe zurückschauen muss, ist ein großer Zufall, den man nicht überbewerten sollte. Nach wie vor gilt, dass ich versuche, Entscheidungen während des Rennens herbeizuführen, wie in unserem letzten Rennen, als ich am letzten Anstieg attackiert habe, Johannes aber dem Angriff standhalten konnte.

Ich denke auch nicht auf der Zielgeraden; damit würde ich auf Anhieb Energie und Zeit verlieren. Auf der Zielgeraden funktioniert man nur noch körperlich bis –wie Johannes Rydzek es ausdrückte – einem „schwarz“ vor Augen wird. Gedacht, intuitiv gefühlt wird auf der Strecke, während des Rennens, wenn man versucht, die Kraftreserven seines Gegners einzuschätzen.

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Psychisch setzen mir Fotofinish-Niederlagen auch nicht zu, da die Bestätigung damit einhergeht, dass man im Grunde gleichstark mit seinem Konkurrenten ist.

Die zwei wichtigsten zitierfähigen Erkenntnisse sind jedoch: Es macht mir einen Heidenspaß in der jetzigen Situation, im Weltcup gegen Johannes anzutreten. Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf höchstem Niveau und damit eine große Werbung für unseren Sport oder wie es der Bundestrainer am Wochenende ausdrückte: „die brutalste Show aller Zeiten“.

Außerdem glaube ich, dass der Gesamtweltcup nicht in Fotofinishs entschieden wird. Wir kommen nun in das letzte Drittel der Saison, die gerade auch im Hinblick auf die packenden Zweikämpfe zwischen Johannes und mir für uns beide besonders kräftezehrend war. Es wird jetzt im Wesentlichen darum gehen, wer die Kräfte in den verbleibenden Saisonrennen besser mobilisieren kann.

Das Weltcupwochenende in Sapporo auszulassen, ist eine kluge Entscheidung, was die allgemeine Regeneration anbelangt. Das Heimtrainingslager vor der Weltmeisterschaft ist vor allem zu nutzen, auf der Schanze zu arbeiten, um Sprünge zu optimieren. Jeder Meter mehr beim Springen ist besser als jede Hundertstel Sekunde auf der Zielgeraden.

Daran muss man nun mit kühlem Kopf arbeiten!

Herzlichst
Eric

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