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Welches Training ist mehr wert? ASICS

Welches Training ist mehr wert?

  • Redaktion
Viele Läufer haben Probleme, den relativen Nutzen und die Bewertung unterschiedlicher Belastungsformen einzuschätzen. Was ist effektiver: Eine Stunde in einem bestimmten Tempo zu laufen oder nur 40 Minuten, dafür jedoch schneller? Aber nur, wer weiß, welches die jeweils effektivste und verträglichste Belastungsform ist, kann einen Trainingsplan verstehen.

Der für innovative Trainingskonzepte bekannte Leistungsphysiologe Dr. Eric Banister von der University of British Columbia hat sich des Problems angenommen und als Ergebnis von Untersuchungsreihen auf dem Laufband eine Erfolg versprechende Lösung konzipiert (u. a. in „The influence of inspired oxygen on the oxygen uptake response to ramp exercise“, European Journal of Applied Physiologie, V 72, Nr. 1-2/Januar 1995). Für die praktische Anwendung dieses „Banister-Systems“ ist es zunächst erforderlich, die Auslenkungsbreite der eigenen Herzschlagfrequenz festzustellen, das heißt die Differenz zwischen Maximalpuls und Ruhepuls.

Ausgehend von der im Verlauf von verschiedenen Trainingsformen gemessenen Herzschlagfrequenz, wird daraufhin ein Auslenkungsfaktor berechnet, aus dem sich – multipliziert mit der tatsächlichen Belastungsdauer – der relative Belastungswert des jeweiligen Trainingslaufs ergibt.

Das Anwendungsprinzip von Banisters Methode lässt sich am besten an einem Beispiel erläutern: Nehmen wir an, Ihr Ruhepuls liegt bei 50 und Ihr maximal erreichter Belastungspuls bei 200 Schlägen in der Minute. Die Auslenkungsbreite beträgt demzufolge 200 minus 50 gleich 150 Schläge. Sollte Ihre Pulsfrequenz nun bei einem bestimmten Trainingstempo im Durchschnitt 125 Schläge pro Minute erreichen (das heißt 75 Schläge über dem Ruhepuls), so käme man speziell für diese Trainingseinheit auf einen Auslenkungsfaktor von 0,5 (nämlich 75 geteilt durch 150). Hätten Sie insgesamt eine Stunde auf diesem Niveau trainiert, würde der Banister-Formel zufolge daraus ein Belastungswert von 30 resultieren (60 Minuten multipliziert mit dem Faktor 0,5).

Ausgestattet mit dieser Berechnungsgrundlage, wird es Ihnen jetzt möglich, die eingangs gestellte Frage zu beantworten und einen Vergleich zwischen einem einstündigen Training und einem schnelleren Lauf kürzerer Dauer anzustellen. Eine 40-minütige Belastung zum Beispiel mit einem Durchschnittspuls von 170 ergibt dann einen Belastungswert von 32 (40 x 0,8) und stellt demzufolge ein etwas härteres Training dar.
„Ein wenig Kopfrechnen mag zwar ganz amüsant sein, doch welchem Zweck soll dieses Bewertungssystem dienen?“, werden Sie sich fragen. Ein Vorteil des Banister-Systems besteht darin, dass sich Trainingseinheiten besser steuern lassen, wenn aus verschiedensten Gründen an bestimmten Tagen mehr oder weniger Zeit für das Laufen zur Verfügung steht. Ist die Zeit begrenzt, lässt sich durch Anpassung des Tempos (bis zum Erreichen einer genau kalkulierbaren höheren Pulsfrequenz) dennoch die gleiche Trainingsbelastung wie bei einem längeren Lauf erzielen.

Andererseits lässt sich mithilfe der Banister-Formel auch der Belastungsgrad bei einem wöchentlich abgestuften oder zyklischen Trainingsaufbau besser steuern. Da sowohl
Intensität als auch Dauer der Belastung in die Berechnung eingehen, ist eine weitaus präzisere Aussage zur Trainingsgestaltung, als durch den Kilometerumfang allein gegeben. Aus der Summe der Belastungswerte für bestimmte Wochen- oder Monatsabschnitte kann man dann relativ sicher ableiten, wann das Training aufgestockt werden sollte oder wann ruhigere Phasen angeraten sind.

Wenn Sie das Banister-System in Ihre eigene Trainingsgestaltung einbeziehen möchten, sollten Sie folgende Grundregeln beachten:

• Ganz wichtig ist es, die exakten Werte für Ruhe- und Maximalpuls zugrunde zu legen und nicht etwa Schätzwerte. Zur Bestimmung des durchschnittlichen Ruhepulses empfiehlt sich die Pulsmessung direkt frühmorgens, unmittelbar nach dem Aufwachen, an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. Um den Maximalpuls zuverlässig zu ermitteln, hat sich folgende Methode als günstig erwiesen: Laufen Sie nach gründlichem Aufwärmen 800 m so schnell wie möglich, am besten im Stadion. Nach einminütiger Trabpause wiederholen Sie die 800 m im Maximaltempo, wobei besonders die letzten 100 m mit vollem Einsatz zu laufen sind. Messen Sie unmittelbar im Ziel die Herzfrequenz.
• Die Berechnung des Belastungswerts für Intervalltraining kann sich als schwierig erweisen. Sie ermitteln die Werte für Aufwärmtraining, Tempoläufe, Trabpausen und Auslaufen getrennt und addieren sie.
• Da der konkrete Trainingscharakter von der Banister-Methode nicht erfasst wird, sollten Sie die Spezifik des Trainings natürlich nach wie vor auf Ihren Zielwettkampf abstimmen. So bringen zwar drei Stunden Laufen bei einem Auslenkfaktor von 0,5 einen hohen Belastungswert, dürften aber nicht die geeignete Vorbereitung auf ein schnelles 5-km-Rennen sein.

Grundsätzlich ist das Banister-System eine hilfreiche Methode zur Trainingssteuerung. Es ermöglicht Ihnen vor allem nach erfolgreichen Wettkämpfen oder einer Bestzeit, Ihre Trainingsaufzeichnungen nach einem objektiven Kriterium auszuwerten, um anschließend die gewonnenen Erkenntnisse zur optimalen Vorbereitung auf künftige Ziele einzusetzen.

Text: Martin Grüning

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