Mythen rund um die Kniebeuge Marco Heibel

Mythen rund um die Kniebeuge

  • Christian Riedel
Kaum etwas ist im Krafttraining so umstritten wie die Kniebeuge. Für die einen ist sie unersetzlich, für die anderen schlicht gefährlich fürs Knie. Was ist wirklich dran? netzathleten.de deckt die gängigen Mythen rund um die Kniebeuge auf.

Egal ob im Leistungssport oder in der Therapie - tatsächlich ist die Kniebeuge eine der wichtigsten Übungen im Krafttraining. Ohne Kraft ist keine Bewegung möglich. Daher ist es unerlässlich, dass man seine Antriebsmuskeln trainiert. Beim Laufen und Radfahren sorgen die Wadenmuskulatur, die vorderen und hinteren Oberschenkelmuskeln sowie das Gesäß maßgeblich für den Vortrieb. All diese Muskelgruppen werden bei der Kniebeuge trainiert.

Allerdings solltest du die freie Kniebeuge der geführten Variante an Geräten bevorzugen. Bei der freien Kniebeuge wird eine ganze Muskelschlinge gekräftigt und nicht wie bei der Beinpresse lediglich die Beinmuskeln. Insbesondere die Bauch- und untere Rückenmuskulatur werden bei der Kniebeuge mittrainiert. Dabei wurde mittels EMG-Messung in den Bauchmuskeln teilweise sogar eine höhere Intensität gemessen als bei herkömmlichen Bauchübungen.

Halbe oder tiefe Kniebeugen?


Das klingt zunächst einmal gut, aber wie ist es mit der Gelenkbelastung? Die soll ja vor allem bei der tiefen Kniebeuge besonders hoch sein. Auch das haben Biomechaniker untersucht. Tatsächlich ist es so, dass der Anpressdruck der Kniescheibe beim meist empfohlenen 90-Grad-Winkel im Knie am höchsten ist. Anders ausgedrückt, die Belastung für das Kniegelenk ist bei einem rechten Winkel am größten.

Dazu kommt noch der Umstand, dass bei der so genannten halben Kniebeuge (bis 90 Grad) in der Regel höhere Gewichte bewegt werden können. Damit ist die Kniebelastung also tatsächlich höher als bei der tiefen Variante der Kniebeuge. Denn zum einen kann man dabei nur geringere Gewichte bewegen und zum anderen lässt der Anpressdruck nach Überschreiten des 90-Grad-Winkels wieder nach.

Die tiefe Kniebeuge ist also keinesfalls grundsätzlich schädlicher als die meist empfohlene halbe Kniebeuge. Es kommt vielmehr bei beiden Varianten auch auf die Ausführung der Übung an. Der Anpressdruck auf die Kniescheibe wächst in beiden Fällen, sobald die Knie über die Fußspitze hinaus geschoben werden. Aber auch das ist nicht unbedingt die beste Ausführung, obwohl es häufig so empfohlen wird.

Belastung fürs Knie


Studien haben nämlich gezeigt, dass die auftretende Belastung sich lediglich anders verteilt. Gehe ich mit den Knien weiter nach vorne, steigt der Druck im Knie. Gehe ich mit dem Knie weiter nach hinten, steigt der Druck im Hüftgelenk an. Warum die Empfehlung „Nicht über die Fußspitzen“ dennoch immer so gegeben wird, liegt vermutlich daran, dass viele Erkenntnisse zur Gelenkbelastung aus dem Reha-Bereich kommen. Und Patienten mit Vorschädigung des Knies sollten selbstverständlich eine weitere Belastung des Gelenks vermeiden.

Belastung für den Rücken


Kniebeugen sollen ebenfalls schlecht für den Rücken sein. Zumindest, wenn man hohe Zusatzgewichte auflegt. Das Argument hat vor allem dazu geführt, an geführten Geräten wie der Beinpresse zu trainieren, weil hier vermeintlich der Rücken entlastet würde. Die Geräteentwicklung ist ebenfalls stark durch den Reha-Sport beeinflusst. Ein gesunder Sportler braucht bei korrekter Ausführung keine übermäßige Rückenbelastung zu fürchten.

Im Gegenteil, weil bei der Kniebeuge die besagte Muskelschlinge trainiert wird, führt das Training gegen Widerstand bei der freien Variante zu einer Kräftigung der Stützmuskulatur und damit zu einer Rückenentlastung. Wieder die richtige Ausführung vorausgesetzt. Macht man beim Anheben von Gewichten im Lendenbereich einen runden Rücken, steigt der Druck auf die Bandscheiben immens an. Bei einer Vorschädigung kann es dann zu einem Vorfall kommen.

Hohlkreuz erwünscht


Entscheidend für die Ausführung ist daher, die natürliche Wölbung der Wirbelsäule im Lendenbereich (Lordose) während der ganzen Ausführung beizubehalten. Richtig ist also ein leichtes Holkreuz und nicht etwa eine gerade Haltung des Rückens. Außerdem solltest du die Bauchmuskulatur beim Trainieren anspannen. Dadurch wird die Lendenwirbelsäule entlastet.

Nicht zuletzt ist auch die individuelle Beweglichkeit für die richtige Ausführung der Kniebeuge relevant. Fehlt mir die entsprechende Flexibilität in den Sprunggelenken oder in der Hüfte, um die vorgeschriebene Bewegung auszuführen, sollte ich daher zunächst an der Beweglichkeit arbeiten. Du solltest in der Lage sein, in die Hocke zu gehen, ohne dass dabei deine Fersen den Bodenkontakt verlieren. Nur so bist du in der Lage, das Gewicht auf den ganzen Fuß zu verteilen. Außerdem solltest du dabei nicht den Rücken rund machen müssen.

Vorübung für Einsteiger


Bevor du damit beginnst, schwere Hanteln auf deine Schultern zu laden, solltest du die korrekte Ausführung erlernen. Bitte im Zweifel einen erfahrenen Trainer um Hilfe. Eine gute Übung für die richtige Ausführung, sind Kniebeugen an der Wand. Stell dich dafür mit den Zehen direkt vor eine Wand. Die Füße stehen etwa schulterbreit auseinander. Die Nasenspitze berührt die Wand leicht.

Jetzt versuche in die Hocke zu gehen, ohne dabei umzukippen. Die Arme kannst du für eine bessere Balance seitlich zur Wand führen. Senke deinen Körperschwerpunkt langsam ab, indem du das Körpergewicht auf die Fersen verlagerst. Die Nase bleibt immer dicht vor der Wand und die Füße haben immer festen Bodenkontakt. Erst wenn du diese Übung sicher beherrschst, solltest du Zusatzgewichte verwenden.

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