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(Kraft-) Training in der nordischen Kombination

Die nordische Kombination besteht bekanntermaßen aus den beiden Sportarten Skilanglauf und Skispringen. Das ist eine besondere Herausforderung für das (Kraft)training, die sonst bei nicht vielen Sportarten vorherrscht.
Langlauf und Skisprung – die beiden Sportarten, die bei der nordischen Kombination kombiniert werden, unterscheiden sich enorm, was ihre Anforderungen in puncto Kraft angeht. „Beim Skispringen brauche ich vor allem Schnelligkeit und Explosivkraft“, erklärt Sportwissenschaftler Ferdinand Bader. Bader war Teil des Trainerteams, das die Nordischen Kombinierer fit für die Olympischen Spiele in Sotschi gemacht hat. Am Ende standen Gold (Normalschanze), Silber (Team) und Bronze (Großschanze) zu Buche. „Beim Langlauf brauche ich zwar vor allem beim Abdruck auch Explosivkraft, deutlich wichtiger ist hier aber die Kraftausdauer“, erklärt Bader weiter.

Zwei konträre Sportarten

Beim Langlauf in der Nordischen Kombination liegt die Gesamtbelastung im Wettkampf nur bei etwa einer halben Stunde. Entsprechend nimmt intensives Ausdauertraining einen großen Teil der Vorbereitung ein. „Das Problem dabei ist, dass sich intensives Ausdauertraining und intensives Krafttraining, etwa Hypertrophietraining, gegenseitig ausbremsen. Vereinfacht ausgedrückt werden bei beiden Trainingsarten Hormone freigesetzt, die an den gleichen Rezeptoren andocken wollen und sich dort dann gegenseitig blockieren“, sagt Bader. „So kann weder das eine noch das andere System verbessert werden.“ Das hat Folgen für die Trainingsplanung.

„Man muss sich überlegen, in welchen Abständen die Trainingseinheiten zueinander liegen. Hier haben sich etwa vier Stunden Pause als sinnvolle Größenordnung ergeben“, erklärt der Sportwissenschaftler. Das gilt für den Hochleistungssport. „Wir haben hier zwei, drei Trainingseinheiten am Tag, was diesen Abstand nicht immer einhalten lässt. Entsprechend wichtig ist es, die richtigen Inhalte der Einheiten zu wählen, um genau diese Blockade zu vermeiden. Optimale Regeneration zwischen den Trainingseinheiten ist dabei eine Grundvoraussetzung.“

Doch eines, so schränkt Bader ein, sei natürlich klar: aus einem Nordischen Kombinierer wird (im Rahmen des kombinierten Trainings) weder ein Spitzenlangläufer noch ein Spitzenskispringer werden. Mit zwei konträren Sportarten, wie sie Langlauf und Skispringen eben seien, wird das nicht funktionieren. Man müsste zu viele Kompromisse gegenüber der jeweils anderen Sportart eingehen.

Wie kann man den Athleten dennoch verbessern?

Genau in dieser Frage liegt das spannende aus Trainersicht. Wie schafft man es, den Sportler dennoch zu verbessern? Das Entscheidende dabei: Individualität. Wo liegen die Stärken des Athleten, wo seine Schwächen? „Habe ich beispielsweise einen sehr starken Läufer, dann werde ich den Teufel tun und ihn so viel Schnellkraft trainieren lassen, dass er beim Laufen heftige Einbußen hinnehmen muss und dafür deutlich weiter springt“, veranschaulicht Bader. „Dennoch wird man natürlich versuchen, seine Sprungleistung derart zu optimieren, dass er ein paar Meter weiter kommt, sodass er am Ende mit seiner Laufleistung auf die vorderen Plätze kommen kann.“ Für die Platzierung ist in der Regel sowieso das Laufen der größere Hebel. „Die Zeiten, in denen ein Nordischer Kombinierer mit einem Sprung weit vorne landete und dann seinen großen Vorsprung auf der Langlaufstrecke über die Zeit gerettet hat, sind inzwischen vorbei. Ein guter Läufer kann heutzutage einen Rückstand von einer Minute durchaus aufholen.“

Das Training

Die Ausdauerleistung wird hauptsächlich über Läufe trainiert. Für die Arme gibt es noch Kraftausdauereinheiten. Größtenteils wird im Schnelligkeits- und Maximalkraftbereich gearbeitet. Vor allem verschiedene Sprungformen werden trainiert. Dabei kommen Analysegeräte wie beispielsweise eine Kraftmessplatte zum Einsatz. „Für alles, was mit Skisprung zu tun hat, ist sie enorm wichtig. Mit den Daten, die man durch die Kraftmessung erhält, kann man gut sehen wo Verbesserungspotentiale liegen. Dadurch kann ich dann das Training individuell steuern“, sagt Bader.

„Als Übungsformen kommen beispielsweise Kurzsprints, Bergabsprints, Kastensprünge oder Unterstützungssprünge mit Gummizug zum Einsatz, um die Spitzengeschwindigkeiten hinzukriegen. Reaktivsprünge spielen eine wichtige Rolle, bei denen sowohl Maximalkraft als auch Schnelligkeit trainiert werden. Und das Koordinationstraining nimmt ebenfalls einen hohen Anteil des Gesamttrainings ein. Hier geht es darum, aus schwierigen Bedingungen, wie zum Beispiel einem wackligen Untergrund, einen Absprung zu gestalten. Das schult die komplette Streckerkette intra- und intermuskulär“, gibt Bader einen Einblick ins Training.

Viel Kraft bei wenig Muskelumfang

Das intramuskuläre Zusammenspiel ist bei der nordischen Kombination deshalb von so großer Bedeutung, da vor allem beim Skispringen auch das Körpergewicht eine Rolle spielt. Es gilt also, maximale Kraft zu generieren, ohne zu viel Muskelmasse aufzubauen. „Bei Übungen, etwa mit der Hantelstange, gilt dazu: Viel Gewicht, wenig Wiederholungen. So werden sämtliche Muskelfasern angehalten zu arbeiten“, erklärt der ehemalige Skispringer.
Außerdem spielen in Sachen Krafttraining in der Nordischen Kombination vor allem rumpfstabilisierende Übungen eine Rolle. Rumpfkraft ist auch für die Flugphase wichtig, gerade weil die exakte Spannung während der Flugphase nicht trainiert werden kann. „Das ist eine der ganz großen Schwierigkeiten beim Skispringen und der Nordischen Kombination.“ Das hat mit den Anforderungen an den Sportler zu tun. „Man kann beim Skispringen nicht die einzelnen Phasen trainieren. Es muss immer ein Sprung von Anfang bis Ende durchgezogen werden. Und: Jeder Sprung beim Skispringen ist ein Wettkampfsprung. Sobald man nicht volle Power gibt, wird es gefährlich“, sagt Bader. Entsprechend ist die Anzahl der Sprünge im Training stark begrenzt. „Nach etwa sechs Sprüngen ist der Athlet in der Regel platt. Und auch zeitlich sind kaum mehr Sprünge möglich. 15 Minuten muss man für einen Sprung schon einplanen – ohne Analyse.“

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