Skibergsteiger Toni Palzer: "Auch mal froh, wenn man keinen Schnee sieht" Red Bull Media House
Interview

Skibergsteiger Toni Palzer: "Auch mal froh, wenn man keinen Schnee sieht"

Mit fünf Jahren hat er mit dem Skibergsteigen begonnen, inzwischen läuft der 23-Jährige seit acht Jahren Wettkämpfe und zählt zur absoluten Weltspitze. Im Interview verrät uns Toni Palzer, wie sich sein Training gestaltet und was Skibergsteigen für ihn ausmacht.
Es steht die jährliche Leistungsdiagnostik für den Nationalkader der Skibergsteiger an, Herzecho, Spiroergometrie, Blutwerte; alles wird im Klinikum Bamberg unter den Augen von Prof. Dr. med. Volker Schöffel gecheckt. Zwischen zwei Untersuchungen haben wir mit Skibergsteiger Toni Palzer gesprochen. Klar, dass es sich dabei auch ums Training und die Saisonvorbereitung gedreht hat.

netzathleten.de: Toni, wie bist Du zum Skibergsteigen gekommen?
Toni Palzer: Eigentlich durch meine Eltern. Mein Vater war der erste Deutsche Meister in der Sportart. Ich komme aus der Ramsau und da hat die Sportart schon Tradition. Wenn man aus einer Region kommt, in der sechs Monate Winter ist, dann sollte man sich vielleicht schon eine Sportart suchen, die mit dem Winter zu tun hat (lacht). Dann noch die Berge vor der Haustüre – das ist ein Geschenk. Und das sollte man dann auch nutzen.

netzathleten.de: Du hast die Berge angesprochen. Kriegst Du bei einem Wettkampf noch etwas mit von der Natur um dich herum?
Toni Palzer: Nein, beim Wettkampf kriegt man natürlich nicht viel mit. Aber ich habe ein Winterpensum von fast 300.000 Höhenmetern und im Training mache ich 70 Prozent im Grundlagentraining. Da kriegt man natürlich schon viel von der wunderbaren Natur mit. Und das macht auch die Sportart aus, denke ich. Bei welcher Sportart kann man so an seine Leistungsgrenze gehen und dann auch noch in der Natur und der Bergwelt unterwegs sein?

netzathleten.de: Hast Du bei einem solchen Trainingspensum abseits des Trainings überhaupt noch Lust und Zeit, auch mal eine Genusstour zu machen?
Toni Palzer: Das hängt immer ein bisschen von meinem Training ab. Aber es besteht ja nicht nur aus Einheiten, bei denen ich an die Leistungsgrenze gehe, sondern auch aus Einheiten mit großem Umfang im niedrigen Pulsbereich. Und das mache ich natürlich im freien Gelände, wenn die Verhältnisse passen. Und dann kann ich das auch voll genießen.

netzathleten.de: Der Wintersportler wird ja klassischerweise im Sommer gemacht. Jetzt haben wir Juli. Wie sieht Dein Training also aus?
Toni Palzer: Jetzt im Juli habe ich eigentlich Grundlagenblöcke. Ich trainiere sechs Tage die Woche und habe einen Ruhetag. An Trainingstagen mache ich in der Regel zwei Einheiten. Am Vormittag steht meistens eine längere Radeinheit von drei bis fünf Stunden auf dem Plan, am Nachmittag mache ich dann meistens Kraftausdauertraining. Insgesamt komme ich momentan ungefähr auf 30 Stunden Training die Woche.

netzathleten.de: Wie ändert sich dein Training, wenn es dann Richtung Saison geht?
Toni Palzer: Dann reduziert sich der Umfang. Von 30 Stunden geht’s runter auf 15, 20 Stunden pro Woche. Dafür werden die Einheiten härter, sind beispielsweise mit Intervallen gespickt. Auch Trainingswettkämpfe kommen dazu. Aber der Grundlagenblock ist das Entscheidende. Eine Pyramide steht umso stabiler, je breiter der Grundstock ist.

netzathleten.de: Und wie gestaltet sich dein Training während der Saison?
Toni Palzer: Da steht dann eigentlich nur noch Regeneration auf dem Programm. Wir haben jedes Wochenende ein bis drei Wettkämpfe. Da ist nicht mehr viel mit Training, außer man hat mal zwei, drei weltcupfreie Wochen. Dann kann es sein, dass man nochmal ein bisschen Aufbau betreibt. Aber das ist eigentlich nur selten der Fall, weil der Weltcup-Kalender so gespickt ist.

netzathleten.de: Trainiert ihr im Sommer auch mal im Schnee, zum Beispiel in Chile, wie es die Alpinskifahrer machen?
Toni Palzer: Nee, gar nicht. Das brauchen wir eigentlich auch nicht. Skibergsteigen ist so ausdauerlastig, dass eine gute konditionelle Verfassung das Wichtigste ist. Und das können wir auch hier perfekt trainieren; mit Radtraining, mit Laufen, mit Skirollern. Die Abfahrten sind zwar beim Skibergsteigen auch extrem wichtig, aber nicht so, dass man dafür extra solche Reisen machen müsste. Und ab Anfang Oktober sind wir sowieso auf dem Gletscher unterwegs. Unser Winter geht bis Ende April, Anfang Mai und ab Oktober sind wir wieder auf dem Gletscher. Da ist man dann auch mal ganz froh, wenn man mal keinen Schnee sieht.

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