Sind drei Sätze beim Fitnesstraining überhaupt nötig? shutterstock.com/Andresr

Sind drei Sätze beim Fitnesstraining überhaupt nötig?

  • Marco Heibel
Nicht nur im Christentum, sondern auch beim Krafttraining ist die „3“ beinahe schon eine heilige Zahl. Die meisten trainieren so, dass sie von jeder Übung drei Sätze sauber hinbekommen. Doch ist das Dreisatztraining überhaupt der beste und effizienteste Weg, um die Kraft zu trainieren?

Die Diskussion, ob denn nun ein Ein-Satz- oder ein Drei-Satz-Training der beste Weg zu mehr Kraft ist, ist nicht ganz neu. Natürlich hängt die Wahl der Trainingsart immer vom Fitnessgrad, den individuellen Zielen und der zu Verfügung stehenden Zeit ab.

Ein-Satz- versus Drei-Satz-Training


Das Ein-Satz-Training, wie etwa das in den 1970er Jahren populär gewordene High Intensity Training (HIT), bei dem pro Muskelpartie nur ein Satz mit bis 15 zu Wiederholungen absolviert wird, soll in erster Linie für eine Verbesserung der Maximalkraft sorgen. Der Widerstand wird bei dieser Trainingsform so gewählt, dass der Muskel bereits nach einem einzigen Satz völlig ermüdet ist. Hinzu kommt, dass die einzelnen Wiederholungen sehr langsam ausgeführt werden (bis zu 10 Sekunden für eine Wiederholung), was die Ermüdung der Muskulatur noch einmal zusätzlich verstärkt.



Der Vorteil dieser Trainingsform ist die Zeitersparnis. Zwar gehören ein Warm-Up und ein „Anwärmen“ der großen Muskelgruppen mit kleineren Gewichten im Vorfeld dazu; doch das ändert nichts daran, dass man insgesamt weniger Zeit aufwenden muss als bei einem Drei-Satz-Training.

Außerdem haben die Muskeln wegen der hohen Intensität an einer solchen Einheit länger zu knabbern. Deswegen sollte man nach den gängigen Empfehlungen als Hobbysportler nach einer jeden solchen Einheit mindestens eine einwöchige HIT-Pause einlegen. Gerade Neueinsteiger können mit dieser Methode erhebliche Kraftzuwächse erzielen. Dafür ist das Verletzungsrisiko bei dieser Trainingsform erheblich höher als bei Trainingsformen mit mehr Sätzen.

Dem Ein-Satz- steht das Drei-Satz-Training gegenüber. Hierbei wird der Widerstand so gewählt, dass man drei Sätze mit 12 bis 15 Wiederholungen hinbekommt, ohne „abfälschen“ zu müssen. Nach jedem Satz folgt eine Pause von bis zu zwei Minuten. Die Muskulatur ermüdet von Durchgang zu Durchgang kontinuierlich mehr und ist idealerweise erst am Ende des dritten Satzes an ihrem Limit. Sollte dem nicht so sein, wurde der Widerstand zu gering gewählt.

Diese Trainingsform steht im Ruf, eher die Kraftausdauer zu verbessern. Ihr Vorteil liegt in der größeren Kapillarisierung der trainierten Muskelgruppen. Außerdem tut Drei-Satz-Training nicht so weh, ist daher eher massenkompatibel. Der Nachteil: Wer drei Sätze macht, muss naturgemäß deutlich mehr Zeit aufwenden. Doch aus diesem Nachteil wird sogleich ein Vorteil: Absolut gesehen liegt der Kalorienverbrauch wegen der längeren Dauer nämlich über dem eines Ein-Satz-Trainings. Dafür erreicht man dort in kurzer Zeit den höheren Umsatz und verstärkt so den Nachbrenneffekt.

Insgesamt ist das Drei-Satz-Training weiter verbreitet. Erklären kann man sich das wohl am ehesten damit, dass jeder, der ins Krafttraining einsteigt, zunächst auf diese Trainingsform eingeschworen wird. Hat man sich einmal darin gewöhnt, nimmt man es dann als selbstverständlich hin bzw. empfindet weniger Sätze als nicht ausreichend. Dass man diese Ansicht jedoch hinterfragen kann, legen eine deutsche und eine US-amerikanische Studie nahe.

Der Vergleich: Welche Trainingsform bringt mehr?


So ergab eine auf 13 Wochen angelegte Studie der University of Florida, an der 42 Kraftsportler in zwei Gruppen (Gruppe I: Ein-Satz-Training, Gruppe II: Drei-Satz-Training) mit einer durchschnittlichen Trainingserfahrung von 6 Jahren teilnahmen, dass die Verbesserungen in Bereichen Kraftausdauer und Maximalkraft bei beiden Gruppen identisch waren – mit dem Unterschied, dass die Probanden in Gruppe I weniger Zeit aufwenden mussten, um ihr Programm abzuspulen.

Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt eine auf drei Monate angelegte Studie der Deutschen Sporthochschule Köln aus dem Jahr 2004: Während die erste Gruppe drei Mal wöchentlich ein Drei-Satz-Training mit 8 bis 10 Wiederholungen bei normaler Ausführungsgeschwindigkeit durchführte, absolvierte eine Parallelgruppe ein Ein-Satz-Training mit 6 bis 9 Wiederholungen, wobei bei jeder Wiederholung eine Zeit von 10 Sekunden vorgegeben war.

Auch hier waren die Verbesserungen in Bereichen Kraftausdauer und Maximalkraft vergleichbar. Was die Hypertrophie, also das Muskeldickenwachstum, angeht, machte die Ein-Satz-Gruppe sogar etwas größere Fortschritte.

Beinahe noch aufschlussreicher als die Fakten war jedoch, dass die Probanden auch nach ihrem subjektiven Befinden gefragt wurden: So wurde das Mehr-Satz-Training als deutlich angenehmer empfunden. Weiterhin klagte die Ein-Satz-Gruppe über einen unangenehm erhöhten Druck auf den Gelenken während der Übungsausführung.

Fazit: Ein-Satz-Training verlangt spezielle Typen


Die oben genannten Ergebnisse belegen, dass es nicht zwangsläufig ein Mehr-Satz-Training sein muss. Für jemanden, der wenig Zeit hat, schnelle Fortschritte machen möchte, oder dem die Pausen zwischen den Sätzen zu lang(weilig) werden, ist ein Ein-Satz-Training eine gute Alternative. Zumindest sofern er bereit ist, sich regelmäßig zu quälen und ihm das Training keine übermäßigen Gelenkbeschwerden verursacht.

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