Dallas Mavericks: Alle Jahre wieder... Picture-Alliance

Dallas Mavericks: Alle Jahre wieder...

  • nba-blog.de
Es kommt einem so vor, als hätte man die Geschichte schon tausendmal gehört: Zu Saisonbeginn sind alle optimistisch - sei es, weil endlich der langersehnte Co-Star da ist, wegen eines neuen Trainers, oder weil Dirk Nowitzki (Foto) nach dem Auslassen nationaler Ehren im Sommer so fit wie nie in die Saison geht. Nur der große Erfolg lässt immer noch auf sich warten in Big D.

Ob es in diesem Jahr so weit sein wird - wer weiß. Von den oben genannten Punkten trifft allerdings nur der letzte zu - weder hat Rick Carlisle nach zwei Jahren das Handtuch geworfen, noch kann man Tyson Chandler, der im Trade mit den Charlotte Bobcats nach Texas kam, als wirklichen Star bezeichnen. Insofern stehen die Vorzeichen auf den lang ersehnten Titel eher schlecht, wenn nicht das bekannte Personal einen deutlichen Schritt nach vorne macht. Dass man sich logischerweise immer noch im win-now sieht, zeigen die anderen Aktivitäten des Sommers: Die Verträge mit Franchise-Spieler Dirk Nowitzki und Center Brendan Haywood wurden langfristig und kostspielig verlängert, während Rookie Dominique Jones für drei Millionen Dollar “erkauft” wurde und zwar als durchaus gut entwickelter Spieler gelten darf, der aber auch nicht mehr allzu viel Luft nach oben hat. Kurz und gut: Es zählt das hier und jetzt in Dallas.

Da lässt es sich immerhin gut an, dass man mit Dirk Nowitzki spätestens seit dem leichten Leistungsknick bei Tim Duncan den besten Power Forward der Liga in seinen Reihen weiß. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass Nowitzki sich in diesem Jahr diesen Platz streitig machen lässt, nachdem er zuletzt eine abermals grandiose Saison spielte, die in wieder in 50-40-90 Reichweite brachte, was seine Quoten anbelangt. Dass er dabei auch in der Crunchtime verlässlich punktet, ist ein durchaus wichtiger Faktor für die Mavs, da hier ansonsten lediglich Jason Terry eine feste Größe ist - wobei dessen Ruf auch nicht unbedingt im Einklang mit zuletzt gezeigten Leistungen steht. Anyway, Nowitzki ist die feste Größe der Mavs, wird seine Karriere in Dallas beenden und weiterhin alles dafür tun, “seinen” Ring zu kriegen. Und es lässt sich wohl schon vor Saisonbeginn sagen, dass der Erfolg dieses Unterfangens kaum von ihm abhängen wird.

Da sei vielmehr Caron Butler genannt, der im Februar mit Brendan Haywood aus der Hauptstadt kam, eine mäßig begeisternde Restsaison abspulte und als einer der Sündenböcke für das Erstrundenaus herhalten musste - was bei einem Blick auf seine Statistiken zunächst unverständlich erscheinen mag, aber im realen Spiel doch recht verständlich war. Nun ist es aber auch selten so, dass ein Mid-Season Trade in der gleichen Spielzeit fruchtet (wie man als Mavericks-Fan seit 2008 weiß), sondern viele Spieler erst nach kompletter Vorbereitung in neuer Umgebung auftauen. Daher mögen die Hoffnungen auf einen “neuen” Butler berechtigt sein, aber ob er wirklich so viel aufholen kann, wie nötig wäre? Schließlich habe ich bei ihm Elemente wie einen gesunden Drive zum Korb, gute Wurfauswahl und engagierte Defense vermisst. Dagegen wurde der Sprungwurf aus der Mitteldistanz - egal, ob verteidigt oder nicht - inflationär benutzt, der mehr als wacklige Dreier ebenfalls viel zu häufig angebracht und hinten eine Defense gespielt, die mit lethargisch noch freundlich umschrieben ist. Keine Frage, dass da mehr kommen muss - vor allem, da mit Veteran Shawn Marion ein mehr als passabler Backup bereit steht, der vor allem defensiv für sich Werbung machen kann.


“Der andere”, der aus Washington kam, hat immerhin für nicht ganz so viel Ärger gesorgt - Brendan Haywood spielte eine zuverlässige Saison an der Seite von Erick Dampier, ist vor allem defensiv stark und macht vorne die Punkte, die ihm vom Gegner geschenkt werden. Dass er das auch weiterhin auf gutem Niveau tun wird, daran habe ich keine Zweifel - daran, dass diese Arbeit aber auch fünf Jahre und 52,3 Millionen Dollar wert sein ist, aber schon. Ich prognostiziere hier schon mal, dass man bald den Vertrag Haywoods ähnlich verfluchen wird wie den für Dampier. Tyson Chandler wird mit 12,75 Millionen Dollar ebenfalls fürstlich entlohnt, allerdings endet der Kontrakt am Ende dieser Spielzeit. Ob er bis dahin wertvoll sein kann, wird sich zeigen - er ist eigentlich eine etwas dünnere, dafür athletischere Kopie von Haywood und kann offensiv lediglich damit aufwarten, auch ein sehr guter Pick-and-Roll Center zu sein (wie hier alle bestätigen werden, die New Orleans verfolgt haben). Nur zu blöd, dass eben jenes Mangelware in Dallas ist… Alexis Ajinca kam ebenfalls aus Charlotte und macht die Center-Rotation immerhin zu einer der tiefsten ligaweit - was bei der Verletzungsanfälligkeit Chandlers aber auch nicht von Nachteil sein sollte.

Somit ist dann die zweite große Hoffnung auf Weiterentwicklung im Backcourt zu finden, trägt die Nummer Drei und hört auf den Namen Rodrigue Beaubois. Mavericks-Fans können seine Rückkehr gegen Ende November (momentan kuriert er noch einen Fußbruch aus) kaum erwarten, nachdem er in der letzten Saison immer wieder sein immenses Talent durchschimmern ließ. Dabei verspricht er, offensiv das rundum-sorglos-Paket zu sein: Sicherer Distanzwurf, schneller und furchtloser Drive zum Korb, dazu mit guten Passqualitäten ausgestattet und jederzeit in der Lage, komplett heiß zu laufen (weitere Fragen diesbezüglich können in Oakland gestellt werden). Bei allem Hype sollte man aber nicht vergessen, dass er nach wie vor ein Talent ist und bisher nicht durch Konstanz auffiel. Und dass er als Shooting Guard Probleme kriegen dürfte, seine Gegenspieler zu verteidigen, ist auch ein offenes Geheimnis.

Wieso wird er dennoch als der Heilsbringer der Mavericks gesehen? Weil er als einziger wirkliche Slasher-Qualitäten zeigte. Jason Terry fühlt sich direkt am Korb nicht mehr wohl, zieht dementsprechend weniger dahin und verkommt mehr und mehr zum reinen Jumpshooter. Jason Kidd hat sein Spiel mittlerweile so grundlegend geändert, dass er mit seiner eigenen Ausgabe von 2003 kaum noch zu vergleichen ist und Jose Barea ist - gestehen wir es uns ein - auf Dauer höheren NBA-Ansprüchen nicht gewachsen. Somit ist Beaubois übrigens auch der einzige wirkliche Pick-and-Roll-Threat, den die Mavericks haben - außer eben J.J. Barea, der aber kaum genügend Minuten sehen wird.

Die große Wundertüte im Mavs-Backcourt ist Dominique Jones - wie schon erwähnt von den Grizzlies erkauft (sie tradeten die Draftrechte für cash-considerations). Seine Preseason war verheißungsvoll (10-3-3) und in den Partien, in denen er ausgedehnte Spielzeit erhielt, war er überaus effektiv - zum Beispiel mit 19 Punkten gegen die Chicago Bulls, die er in 30 Minuten fabrizierte und während der er 15-mal (!) an die Freiwurflinie geschickt wurde. Dass er von dort ein (für Guards) eher unkonstanter Schütze ist und dass er so gut wie keinen Jumpshoot hat, ist die Kehrseite der Medaille. Befürworter wiederum können mit dem sehr starken Drive zum Korb (und der Fähigkeit, dort auch zu punkten) und der starken Defense argumentieren, die im Mavs-backcourt Mangelware ist. Er ist zwar “nur” ein Rookie, aber es dürfte nicht als Überraschung durchgehen, wenn er sich einen festen Platz in der Rotation erspielt und mittel- bis langfristig auch ein wichtiger Bestandteil des Backcourts wird (ein exzellenter Überblick zur Backcourt-Situation ist auch hier zu finden).

Prognose: Dallas hat nach wie vor ein sehr starkes, erfahrenes und tiefes Team - wobei Tiefe hier nicht zwingend mit qualitativ hochwertig gleichzusetzen ist. Bei allem Hype - Beaubois und Jones müssen sich erst beweisen und bis dahin gehört der Dallas-Backcourt wahrlich nicht zu den Prunkstücken der Mannschaft. Man hat Center, die dagegen halten können, mit Nowitzki einen der besten Spieler der Liga, mit Butler jemanden, der auf dem Papier ein echter Co-Star sein kann, einen guten Coach - und doch sehe ich nur wenig Chancen, wie dieses Team den Titel holen kann. Guards werden nur sporadisch verteidigt und nicht zuletzt das Playoff-Phlegma beeinträchtigt die Titelaussichten für Nowitzki & Co. immens. Auf dem Papier ist das Team aber auf einer Stufe mit den Thunder, Jazz und Spurs, weshalb ein erneuter zweiter Platz im Westen und somit eine Teilnahme an den Conference-Finals keine Utopie sind. Was danach kommt, hängt von viele Faktoren ab - wohl eher zu vielen.

Malte Arndt

Kontakt

Copyright © 2017 netzathleten