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Deutschland im WM-Finale – ein Rückblick

  • Redaktion
Deutschland hat bislang siebenmal ein WM-Finale erreicht, gemeinsam mit den Brasilianern ist die DFB-Elf in dieser Hinsicht Rekordhalter. Die netzathleten kramen mal wieder im Archiv und blicken zurück auf die bisherigen Final-Teilnahmen.

WM 1954: Das Wunder von Bern


Über das „Wunder von Bern“ ist eigentlich schon alles gesagt worden. Oftmals episch-überhöht, wurde der erste deutsche WM-Titelgewinn, das 3:2 gegen die scheinbar unbezwingbaren Ungarn, zum Symbol für die so genannten „deutschen Tugenden“, welche den Rest der Fußball-Welt noch über Jahrzehnte in Schrecken versetzen sollten.

Und in der Tat kann man die Tatsache, dass sich eine Mannschaft auch nach einem 0:2-Rückstand ausgerechnet im Spiel der Spiele nicht aufgibt um letztlich doch noch zu triumphieren, gar nicht genug würdigen. Doch auf der anderen Seite hat sicherlich auch der Faktor Glück eine Rolle gespielt beim ersten deutschen WM-Sieg (ein Fakt, für den man sich nicht schämen muss; ohne Glück ist – Achtung, Phrase – noch keine Mannschaft Weltmeister geworden).



Doch der Reihe nach: Zunächst einmal war die 54er Mannschaft mit Sicherheit keine “Kloppertruppe“. Fritz Walter, Helmut Rahn oder Hans Schäfer wären auch in vielen anderen Ländern Leistungsträger gewesen. Doch ohne den vom Dauerregen aufgeweichten Platz, ohne die Tatsache, dass Ungarns Schlüsselspieler Ferenc Puskas angeschlagen war, und dass die Magyaren zahlreiche Großchancen ausließen, wäre Helmut Rahns Siegtreffer kurz vor Schluss kaum denkbar gewesen.

Die wichtigsten Daten:


4.7.1954 Wankdorfstadion Bern (60.000 Zuschauer) Deutschland-Ungarn 3:2 (2:2)

Deutschland: Turek, Posipal, Kohlmeyer, Eckel, Liebrich, Mai, Rahn, Morlock, O. Walter, F. Walter (C), Schäfer; Trainer: Herberger

Ungarn: Grosics, Buzánszky, Lantos, Bozsik, Lóránt, Zakariás, Czibor, Puskás (C), Hidegkuti, Kocsis , Tóth; Trainer: Sebes

Tore: 0:1 Ferenc Puskás (6. Minute); 0:2 Zoltán Czibor (8. Minute); 1:2 Max Morlock (10. Minute); 2:2 Helmut Rahn (18. Minute); 3:2 Helmut Rahn (84. Minute)

Schiedsrichter: Ling (England)

WM 1966: Das Tor, das keines war


12 Jahre später zog Deutschland zum zweiten Mal in ein WM-Finale ein. Die Mannschaft um Kapitän Uwe Seeler und den erst 20-jährigen Franz Beckenbauer überzeugte auf dem Weg ins Finale mit teilweise tollem Angriffsfußball und war bereits nach ihrem ersten Auftritt, einem 5:0 gegen die Schweiz, in den Kreis der Mit-Favoriten aufgestiegen. Einzig die gastgebenden Engländer wurden von den Buchmachern noch höher eingestuft, galten sie doch nach wie vor auf heimischem Boden als beinahe unbezwingbar.

Und so trafen diese beiden Mannschaften am 30. Juli 1966 im Wembley-Stadion aufeinander – eine Paarung, die gerade einmal 21 Jahre nach den Ende des Zweiten Weltkriegs durchaus noch Brisanz hatte.

Deutschland ging in der 12. Minute durch Helmut Haller mit 1:0 in Führung. Zu diesem Zeitpunkt hätten abergläubische Deutsche bereits wissen müssen, dass es an diesem Tag nichts mit dem Titel werden würde. Schließlich war bei den vier vorherigen WM-Finals (1950 bis 1962) stets die Mannschaft, die das erste Tor erzielt hatte, als Verlierer vom Platz gegangen. Und der Spielverlauf schien diese These abermals zu stützen: Hurst glich sechs Minuten später aus, und Peters traf in der 78. Minute zum scheinbar entscheidenden 2:1.

Dann kamen jedoch die “deutschen Tugenden“ (s.“Wunder von Bern“) ins Spiel: Weber erzwang in letzter Minute den Ausgleich, das Spiel ging in die Verlängerung. Dort fiel in der 98. Minute das wohl berühmteste Nicht-Tor der Fußballgeschichte, als Englands Stürmer Geoff Hurst aus der Drehung abzog, der Ball an die Unterkante der Latte krachte und auf der Linie aufsprang – was sogar in englischen Studien mittlerweile zweifelsfrei erwiesen wurde.

Linienrichter Tofik Bachramow (Aserbaidschan) sah den Ball jedoch hinter der Linie, woraufhin Schiedsrichter Gottfried Dienst aus der Schweiz auf Tor entschied. In der Folge machten die Deutschen auf und ermöglichten so Hurst seinen dritten (respektive zweiten) Treffer zum 4:2- Endstand.

Das Schöne im Fußball: Man sieht sich immer zweimal im Leben, und so “revanchierte“ sich Deutschland am 27.6.2010 im Achtelfinale gegen England, als bei einem völlig reguläres Tor von Frank Lampard, das eigentlich das 2:2 bedeutet hätte, der Ball von den Schiedsrichtern nicht hinter der Linie gesehen wurde. Deutschland gewann am Ende mit 4:1.

Die wichtigsten Daten:

30.7.1966 Wembley Stadion London (97.000 Zuschauer) England-Deutschland 4:2n.V. (2:2, 1:1)

England: Banks, Cohen, Wilson, Stiles, J. Charlton, Moore (C), Ball, Hurst, B. Charlton, Hunt, Peters; Trainer: Ramsey

Deutschland: Tilkowski, Höttges, Schulz, Weber, Schnellinger, Beckenbauer, Overath, Haller, Seeler (C), Held, Emmerich; Trainer: Schön

Tore: 0:1 Helmut Haller (12. Minute), 1:1 Geoff Hurst (18. Minute), 2:1 Martin Peters (78. Minute), 2:2 Wolfgang Weber (90. Minute), 3:2 Geoff Hurst (98. Minute), 4:2 Geoff Hurst (120. Minute)

Schiedsrichter: Dienst (Schweiz)

WM 1974: Sieg bei der Heim-WM


Auch das WM-Finale 1974 war ein Spiel, in dem die Deutschen schon wie der sichere Verlierer aussahen und doch wieder ins Spiel zurückfanden. Doch der Reihe nach: Gegner Niederlande hatte mit seinen “totalen Fußball“ auf dem Weg ins Finale Giganten wie Argentinien oder Brasilien förmlich auseinandergenommen, und die Truppe um Johan Cruyff galt auch im Endspiel von München als Favorit.

Die DFB-Elf dagegen hatte zwar das Finale erreicht, insbesondere in der Vorrunde jedoch alles andere als überzeugt. Der Glanz vom EM-Gewinn zwei Jahre zuvor war verflogen, Deutschland quälte sich förmlich zu Siegen gegen Chile und Australien, ehe es im dritten Gruppenspiel eine 0:1-Niederlage gegen den “Klassenfeind“ DDR setzte. Ab der Zwischenrunde raufte sich die Mannschaft jedoch allmählich zusammen, gewann dort alle seine drei Spiele und rechnete sich durchaus auch Chancen auf den Finalsieg aus.

Doch bereits nach einer Minute erhielten die deutschen Hoffnungen einen herben Dämpfer: Vom Anstoß weg ließen die Niederländer den Ball in ihren Reihen laufen, ohne dass auch nur ein Deutscher ihn berührte. Der erste, der dies tat, war Torhüter Sepp Maier – nachdem er den Ball aus dem Netz gefischt hatte. Was war passiert? Cruyff war seinem Bewacher Berti Vogts entwischt und mit einem Tempodribbling in den deutschen Strafraum eingedrungen. Dort brachte der hinten aushelfende Stürmer Uli Hoeneß den heranfliegenden Kapitän der Niederländer zu Fall. Elfmeter. Den verwandelter Johan Neeskens in der 2. Minute humorlos mit einem Vollspannstoß in die Mitte des Tores.

Danach ließen die Niederländer Ball und Gegner laufen, dominierten das Spiel nach Belieben, waren allerdings eher darauf aus, den Gegner zu vorzuführen, als das 2:0 zu erzielen. Das sollte sich rächen: Die Deutschen wurden wütend und fanden ab Mitte der ersten Halbzeit immer besser ins Spiel. In der 25. Minute kam Bernd Hölzenbein im niederländischen Strafraum zu Fall (seit diesem Moment kennt der Niederländer das Wort “Schwalbe“). Paul Breitner verwandelte den fälligen Strafstoß.

Kurz vor der Halbzeitpause setzte sich dann auf dem rechten deutschen Flügel ausgerechnet Rainer Bonhof, ein Sohn niederländischer Eltern, durch und spielte den Ball zu Gerd Müller. Der “Bomber der Nation“ macht eine schnelle Drehung und verwandelt zum 2:1. Im zweiten Durchgang schlug dann die (Dreiviertel-)Stunde von Torhüter Sepp Maier. Er wehrte sämtliche Schüsse der wütend anrennenden Niederländer ab und rettete so den deutschen Sieg. Deutschland war zum zweiten Mal Weltmeister. Nicht glanzvoll, aber auch nicht unverdient.

Die wichtigsten Daten:

7.7.1974 Olympiastadion München (78.000 Zuschauer) Deutschland-Niederlande 2:1 (2:1)

Deutschland: Maier, Vogts, Breitner, Schwarzenbeck, Beckenbauer (C), Bonhof, Hoeneß, Overath, Grabowski, Müller, Hölzenbein; Trainer: Schön

Niederlande: Jongbloed, Suurbier, Rijsbergen (ab 68. De Jong), Haan, Krol, Jansen, van Hanegem, Neeskens, Rep, Cruyff (C), Rensenbrink (ab 46. R. van de Kerkhof); Trainer: Michels

Tore: 0:1 Johan Neeskens (2. Minute, FE), 1:1 Paul Breitner (25. Minute, FE), 2:1 Gerd Müller (43. Minute)

Schiedsrichter: Taylor (England)

WM 1982: Chancenlos gegen Italien


Schaut man nur auf das nackte Ergebnis, könnte man die WM 1982 in Spanien aus DFB-Sicht durchaus als Erfolg werten. Immerhin erreichte man das Finale und lieferte auf dem Weg dorthin auch noch ein Jahrhundertspiel ab, den Sieg gegen Frankreich im Halbfinale nach Elfmeterschießen – und das, obwohl man in der Verlängerung bereits mit 1:3 zurückgelegen hatte und im anschließenden Elfmeterschießen auch den ersten Fehlschuss durch Uli Stielicke zu verbuchen hatte.

Doch da war auch noch die so genannte “Schande von Gijon“, ein 80-minütiges Hin- und Hergeschiebe des Balles im dritten Gruppenspiel gegen Österreich: Horst Hrubesch hatte Deutschland, das zum Weiterkommen unbedingt einen Sieg brauchte, in der 11. Minute mit 1:0 in Führung gebracht. Da auch Österreich angesichts dieses Spielstandes noch für die nächste Runde qualifiziert war, arrangierten sich beide Seiten stillschweigend mit diesem Ergebnis – zum Leidwesen der Algerier, die bereits am Tag zuvor vorgelegt hatten und nun tatenlos zusehen mussten, wie man sie aus dem Turnier beförderte. Nach diesem Skandalspiel reagierte die FIFA, sie lässt seitdem den letzten Gruppenspieltag parallel ansetzen.

Doch zum Finale selber: Die – wie üblich – nur schwer ins Turnier gekommenen Italiener (drei Remis in der Vorrunde) hatten sich im Turnierverlauf immer mehr gesteigert und ließen den müden Deutschen, die die 120 Minuten gegen die Franzosen noch in den Knochen hatten, keine ernsthafte Chance. Allenfalls als Cabrini in der 24. Minute einen Strafstoß gegen Toni Schumacher nicht verwandeln konnte, wird der eine oder andere Deutsche zaghaft auf den Sieg gehofft haben.

Doch letzten Endes war die DFB-Elf chancenlos. WM-Torschützenkönig Paolo Rossi brach in der 56. Minute den Bann, wenig später erhöhten Tardelli und Altobelli auf 3:0, Paul Breitner gelang mit seinem Tor in der 82. Minute lediglich ein wenig Ergebniskosmetik. Bilanzierend hat wohl keine andere deutsche Mannschaft jemals so hässlich ein Finale erreicht. Was den Faktor Glück angeht, hat dagegen das Turnier vier Jahre später in Mexiko Maßstäbe gesetzt.

Die wichtigsten Daten:


11.7.1982 Estadio Santiago Bernabeu Madrid (90.000 Zuschauer) Italien-Deutschland 3:1 (0:0)

Italien: Zoff (C), Cabrini, Scirea, Gentile, Collovati, Oriali, Bergomi, Tardelli, Conti, Rossi, Graziani (ab 7. Altobelli; ab 89. Causio); Trainer: Bearzot

Deutschland: Schumacher, Kaltz, Stielicke, K. Förster, B. Förster, Dremmler (ab 63. Hrubesch), Breitner, Rummenigge (C) (ab 70. H. Müller), Briegel, Littbarski, Fischer; Trainer: Derwall

Tore: 1:0 Rossi (56. Minute), 2:0 Tardelli (68. Minute), 3:0 Altobelli (80. Minute), 3:1 Breitner (82. Minute)

Schiedsrichter: Coelho (Brasilien)

WM 1986: Diego gegen Deutschland


Nie zuvor und nie danach wurde eine Fußball-Weltmeisterschaft so von einem einzigen Spieler geprägt wie die WM 1986 in Mexiko vom Argentinier Diego Maradona. Auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit lief alles über den damals 25-jährigen Virtuosen, der zur Not auch mal ein Tor mit der Hand erzielte. Schwerpunktmäßig setzte er sich jedoch mit seinem genialen linken Fuß in Szene. Seine Jahrhunderttore gegen England und Belgien belegen das.

Lediglich im Finale gegen Deutschland wurde er weitgehend “ausgeschaltet“, wie es in der Fußballersprache so schön heißt. Nur einmal, in der 86. Minute, ließ man ihm den Platz, um einen genialen Pass zu spielen, der der deutschen Mannschaft den K.O. versetzte. Doch der Reihe nach.

Nach dem Vorrundenaus bei der WM 1984 wurde Bundestrainer Jupp Derwall entlassen, Franz Beckenbauer wurde verantwortlich für die Nationalmannschaft. Da der “Kaiser“ keinen Trainerschein besaß, durfte er sich allerdings offiziell nicht Bundetrainier nennen, sondern Teamchef.

Was Beckenbauer schon zu seiner Zeit als Spieler ausgezeichnet hatte, die richtige Mischung aus Können und Glück, sollte ihm auch als Trainer hold bleiben. So reichten dem DFB-Team ein Sieg, ein Unentschieden und eine Niederlage, um die Vorrundengruppe mit Schottland, Uruguay und Dänemark als Zweiter zu überstehen. Weiter ging es mit zwei dankbaren Aufgaben: Achtelfinalgegner Marokko wurde glücklich mit 1:0 geschlagen, Gastgeber Mexiko im Viertelfinale nach Elfmeterschießen bezwungen.

Im Halbfinale wartete dann ein “Brocken“: Es kam zur Neuauflage des WM-Halbfinals von 1982 gegen Frankreich. Der Europameister hatte im Viertelfinale in einem der besten WM-Spiele aller Zeiten die Brasilianer nach Elfmeterschießen aus dem Wettbewerb geworfen, war gegen die DFB-Elf jedoch müde und spielte uninspiriert. Die nicht weniger einfallslosen Deutschen gingen dank eines Torwartfehlers von Joel Bats durch Andreas Brehme allerdings früh mit 1:0 in Führung und konnten die Franzosen in der Mittagshitze von Guadalajara laufen lassen und auskontern. So machte Rudi Völler in der 90. Minute mit dem 2:0 alles klar.

Im Finale gegen Argentinien gaben sich die Deutschen zunächst keine Blöße. Erst als Toni Schumacher, der beste Torhüter des Turniers, in der 21. Minute an einer Hereingabe vorbeisegelte, gingen die Argentinier durch Brown in Führung. Nachdem Jorge Valdano zu Beginn der zweiten Halbzeit auf 2:0 erhöhen konnte, schien das Finale entschieden. Doch wenn man eines über den deutschen Fußball weiß, dann dass man eine deutsche Nationalmannschaft nie zu früh abschreiben sollte.

Teamchef Beckenbauer brachte mit Dieter Hoeneß und Rudi Völler zwei frische Stürmer. Diese Einwechslungen sollten sich lohnen. Jeweils nach Standardsituationen brachten die Tore von Rummenigge (73.) und Völler (81.) doch noch den Ausgleich. Deutschland machte nun den Fehler, alles nach vorne zu werfen, um das Spiel noch in der regulären Spielzeit zu entscheiden. Und so kam es zum schon angesprochenen entscheidenden Ballberührung von Diego Maradona, der mit einem Pass die zu weit aufgerückte deutsche Abwehr aus den Angeln hob und Burruchaga zum entscheidenden 3:2 auf die Reise schickte. Deutschland, das weitgehend biederen Kraftfußball geboten hatte, verlor das zweite Finale in Serie. Doch das sollte sich ändern.

Die wichtigsten Daten:

29.6.1986 Aztekenstadion Mexico City (115.000 Zuschauer) Argentinien-Deutschland 3:2 (1:0)

Argentinien: Pumpido, Cuciuffo, Brown, Ruggeri, Olarticoechea, Batista, Giusti, Enrique, Burruchaga (ab 90. Trobbiani), Maradona (C), Valdano; Trainer: Bilardo

Deutschland: Schumacher, Jakobs, Brehme, Förster, Briegel, Berthold, Matthäus, Eder, Magath (ab 61. D. Hoeneß), Rummenigge (C), Allofs (ab 46. Völler); Trainer: Beckenbauer

Tore: 1:0 Brown (21. Minute), 2:0 Valdano (55. Minute), 2:1 Rummenigge (73. Minute), 2:2 Völler (81. Minute), 3:2 Burruchaga (84. Minute)

Schiedsrichter: Filho (Brasilien)

WM 1990: "Diego" für Deutschland


Kaum jemand wird bestreiten, dass 1990 das Jahr Deutschlands war. Zunächst der Mauerfall, allerdings bereits im November 1989, im Herbst 1990 dann die Wiedervereinigung. Und dazwischen der Triumph der DFB-Auswahl im italienischen Sommer.

Der WM-Titel von 1990 war vermutlich der bislang souveränste und verdienteste einer deutschen Mannschaft, angeführt von einem Lothar Matthäus (Inter Mailand) in der Form seines Lebens, der mehr als nur assistiert wurde von den anderen Italien-Legionären um Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann, aber auch von “Diego“ Guido Buchwald. Spielerische Höhepunkte des Turniers, das insgesamt eher schwachen Fußball bot – Parallelen zum möglichen vierten Triumph der deutschen Nationalmannschaft in Südafrika? – waren sicherlich die Spiele gegen Jugoslawien (4:1) und Holland (2:1).

Im Halbfinale hatte die Mannschaft von Franz Beckenbauer gegen starke Engländer dann das Glück, das jeder Weltmeister braucht (s. „Wunder von Bern“), als man sich erst im Elfmeterschießen durchsetzte. Doch im Finale hatten sie dieses nicht mehr nötig.

Erstmals in der WM-Geschichte kam es zu einer direkten WM-Revanche zwischen den Finalisten der letzten Auflage – allerdings mit unterschiedlichen Vorzeichen. Da Titelverteidiger Argentinien um den mittlerweile nicht mehr ganz so genialen Diego Maradona nämlich keineswegs überzeugt hatte, galt Deutschland vor dem Finale als großer Favorit.

Und in der Tat war die deutsche Mannschaft gegen eine auf 0:0 spielende und hart agierende argentinische Mannschaft am Drücker. Letzten Endes benötigte Beckenbauers Elf einen sagen wir fragwürdigen Elfmeter, um den dritten WM-Titel zu gewinnen: Rudi Völler war in der 84. Minute im Strafraum zu Fall gekommen, Andreas Brehme übernahm die Verantwortung und veranlasste das TV-Kommentatorenduo Gerd Rubenbauer/Karl-Heinz Rummenigge zum vermutlich längsten „Ja“-Schrei der jüngeren deutschen Geschichte.

Die wichtigsten Daten:


8.7.1990 Olympiastadion Rom (74.000 Zuschauer) Deutschland-Argentinien 1:0 (0:0)

Deutschland: Illgner, Augenthaler, Berthold (ab 74. Reuter), Kohler, Buchwald, Brehme, Häßler, Matthäus (C), Littbarski, Klinsmann, Völler; Trainer: Beckenbauer

Argentinien: Goycochea, Ruggeri (ab 46. Monzon), Simon, Lorenzo, Serrizuela, Sensini, Burruchaga (ab 53. Calderon), Basualdo, Troglio, Dezotti, Maradona (C); Trainer: Bilardo

Tore: 1:0 Brehme (85. Minute, Foulelfmeter)

Rote Karte: Monzon (65.), Dezotti (87.)

Schiedsrichter: Mendez (Mexiko)

WM 2002 – Ein Titan trifft ein Phänomen


Obwohl der scheidende Teamchef Franz Beckenbauer nach dem Finale 1990 noch frohlockt hatte, dass die deutsche Mannschaft mit den bald hinzukommenden Spielern aus der DDR „auf Jahre nicht zu schlagen“ sei, sollten ganze 12 Jahre bis zur nächsten Finalteilnahme vergehen. Viel ist passiert in diesen 12 Jahren: ein verlorenes EM-Finale gegen dänische Underdogs, ein folgenreicher (Mittel-)Fingerzeig, ein goldenes Tor, aber auch der absolute Tiefpunkt des deutschen Fußballs, das Vorrundenaus bei der EM 2000.

Auch vor der WM 2002 bahnte sich ein Debakel an. Zwar hatte die deutsche Nationalmannschaft seit der EURO 2000 unter der Führung von Teamchef Rudi Völler wieder ein paar Herzen zurückgewonnen, doch durch die 1:5-Heimpleite gegen England in der WM-Qualifikation und den damit verbundenen Gang in die Relegation gegen die Ukraine hing das Ticket für Japan/Südkorea am seidenen Faden.

Rückblickend muss man jedoch sagen, dass diese beiden Relegationsspiele (1:1/4:1) vermutlich das beste waren, was der Nationalmannschaft zu diesem Zeitpunkt passieren konnte. Diese gemeinsam überstandene Hochdrucksituation brachte ein Selbstvertrauen, das das Team nach einem hohen Auftaktsieg gegen Saudi-Arabien (8:0) sowie zwei engeren Spielen gegen Irland (0:0) und Kamerun (2:0) in die K.O.-Runde trug.

Hier wurden vor allem zwei Spieler zu Protagonisten: Michael Ballack, der zweimal den Siegtreffer erzielte (gegen die USA und Südkorea, jeweils 1:0), vor allem aber Oliver Kahn, der insbesondere im Viertelfinale gegen die USA schier unhaltbare Bälle doch noch irgendwie abwehrte. Seine Leistungen im Turnierverlauf ließen ihn mehr und mehr wie ein unüberwindliches Hindernis für jeden Gegner erscheinen, was ihm u.a. den Beinamen “Titan“ einbrachte.

Beinahe folgerichtig war da das Duell im Finale mit dem besten Torjäger des Turniers, dem Brasilianer Ronaldo. “Das Phänomen“ hatte sich nach vielen Verletzungen gerade rechtzeitig zur WM wieder gefangen und war wie Kahn in der Form seines Lebens.

Das Finale selbst verlief dann doch etwas überraschend. Die ohne den gesperrten Ballack angetretenen Deutschen spielten beinahe brasilianischer als die Brasilianer und hatten mehrere gute Chancen zur 1:0-Führung (u.a. traf Neuville bei einem Freistoß den Pfosten); doch wie so oft im Fußball wurde Deutschland für das Auslassen seiner Chancen bestraft.

Wie schon 1986 Toni Schumacher, war es in Oliver Kahn abermals der beste Torhüter des Turniers, der ausgerechnet im Finale einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte: In der 67. Minute ließ er einen eher harmlosen Weitschuss von Rivaldo nach vorne abprallen, sodass der einschussbereite Ronaldo nur noch vollenden musste. Beim vorentscheidenden 2:0 durch Ronaldo 12 Minuten später war Kahn dann chancenlos. Brasilien holte sich seinen fünften Titel, Deutschland konnte sich immerhin mit dem inoffiziellen Titel “Weltmeister der Herzen“ schmücken.

Die wichtigsten Daten:

30.6.2002 International Stadium Yokohama (75.000 Zuschauer) Brasilien-Deutschland 2:0 (0:0)

Brasilien: Marcos, Lucio, Edmilson, Roque Junior, Cafu (C), Kleberson, Gilberto Silva, Roberto Carlos, Ronaldinho (ab 85. Juninho Paulista), Ronaldo (ab 90. Denilson), Rivaldo; Trainer: Scolari

Deutschland: Kahn (C), Frings, Linke, Ramelow, Metzelder, Schneider, Hamann, Jeremies (ab 78. Asamoah), Bode (ab 84. Ziege), Neuville, Klose (ab 74. Bierhoff); Trainer: Völler

Tore: 1:0 Ronaldo (67. Minute), 2:0 Ronaldo (79. Minute)

Schiedsrichter: Collina (Italien)

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