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Teamcheck Griechenland

  • Redaktion
Viele Experten hatten vor dem EM mit einem Viertelfinale Deutschland – Polen oder Deutschland – Russland gerechnet. Die stets unterschätzten und für ihre destruktive Spielweise belächelten Griechen haben aber wieder einmal alle überrascht. Was ist für den Sensations-Europameister von 2004 gegen Deutschland drin?

Ein überraschendes 1:1 gegen Polen zum Auftakt, dann eine 1:2-Pleite gegen die Tschechen – vor dem letzten Gruppenspiel gegen Russland hätte kaum jemand einen Pfifferling auf den Viertelfinaleinzug der Griechen gesetzt. Doch mit einer Mischung aus Disziplin, Wille und Glück zwangen die Hellenen die höher eingeschätzten Russen mit 1:0 in die Knie und sicherten sich das Ticket für die K.O.-Runde. Damit hat Griechenland schon vor dem Spiel gegen Deutschland sein Soll übererfüllt – doch nicht nur das macht das Team von Trainer Fernando Santos so gefährlich.

Typisch Griechenland


Die Griechen gehören nicht gerade zu den spielstärksten Mannschaften des Kontinents. Da aber selbst technisch gute Teams wie Portugal gegen Deutschland das Hauptaugenmerk auf die Defensive gelegt haben, dürfte es niemanden überraschen, wenn die Griechen am Freitagabend zwischen 20:45 Uhr und 22:40 Uhr (und vielleicht sogar darüber hinaus?) äußerst defensiv und kompakt stehen. Selbst wenn das deutsche Team rasch in Führung gehen sollte, ist nicht davon auszugehen, dass die Griechen frühzeitig aufmachen. Vielmehr werden sie – wie in allen bisherigen Partien – geduldig weiterspielen, auf Standards und gelegentliche Konter lauern und darauf hoffen, die wenigen sich bietenden Chancen zu nutzen.

Das System


Griechenland spielt nominell mit einem 4-3-3-System, weil die offensiven Außenpositionen mit gelernten Stürmern besetzt werden (vermutlich der lange Samaras links und der quirlige Salpingidis rechts). Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Die beiden Außen werden eher aus dem Mittelfeld kommen und dosiert in die Spitze stoßen. Philipp Lahm und Lars Bender/Jerome Boateng sollten daher Raum haben, ihre Flügelpartner (vermutlich Podolski links und Müller rechts) zu unterstützen.

Dahinter bietet Griechenland in aller Regel drei defensiv orientierte Mittelfeldspieler auf, wobei mit Georgios Karagounis (35) der Kapitän und Siegtorschütze aus dem Russlandspiel wegen einer unberechtigten zweiten Gelben Karte im Turnier gesperrt fehlen wird. Ein schwerer Schlag, den die Mannschaft aber über das starke Kollektiv auffangen dürfte.

Die Viererkette verfügt mit den bundesligaerfahrenen Innenverteidigern Kyriakos Papadopoulos (20/Schalke) und Sokratis Papastathopoulos (24/Bremen) über zwei extrem robuste und kopfballstarke Spieler, auf die die deutsche Mannschaft auch und gerade bei generischen Freistößen und Eckbällen achten sollte. Über die defensiven Außenbahnen hat sich die Mannschaft bislang jedoch angreifbar gezeigt. Auch im Tor steht mit Michalis Sifakis (27) ein solider, aber keinesfalls überragender Mann.

Stärken und Schwächen


Die Mannschaft ist defensiv extrem diszipliniert und kaum aus der Ruhe zu bringen. Die deutsche Mannschaft wird ihre liebe Mühe und Not haben, den griechischen Abwehrwall zu durchbrechen, der bei gegnerischem Ballbesitz aus vier Verteidigern und fünf Mittelfeldspielern besteht, die sich extrem weit zurückziehen und die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen gering halten. Gegen die Portugiesen und vor allem gegen die Dänen konnten „Jogis Löwen“ das aber schon einmal üben.

Rasante Kombinationen über mehrere Stationen sind bei den Griechen die Ausnahme. Die Offensivspieler werden in der Regel lang angespielt und versuchen den Ball zu halten, damit das Mittelfeld geordnet nachrücken kann.

Die größte Gefahr geht von Standards aus – zumal die deutsche Abwehr hier gegen die Dänen einige Defizite offenbart hat. Auch der wendige, oft ab- und dann plötzlich auftauchende Theofanis Gekas ist ein permanenter Gefahrenherd. Allerdings ist seine Spielweise den deutschen Verteidigern aus zahlreichen Bundesliga-Duellen nur allzu gut bekannt.

Sonderfall: Die Lage Griechenlands


Nicht unterschätzen sollte man den Willen der Griechen, der auch schon in Interviews mit den Spielern deutlich wurde. Die schwierige wirtschaftliche und politische Lage in der Heimat hat der Mannschaft einen enormen Motivationsschub gegeben. Dass am Freitag auch noch „Buhmann“ Deutschland der Gegner ist, dürfte die griechischen Spieler noch einmal zusätzlich beflügeln das gesamte Land hinter die Mannschaft bringen.

Prognose: Unangenehm, aber schlagbar


Individuell sind die Deutschen dem Gegner auf jeder Position überlegen. Dennoch wird es ein Geduldspiel werden für die Löw-Elf. Ähnlich wie über weite Strecken gegen Portugal und Dänemark, wird die Mannschaft den Gegner einschnüren und „zermürben“ müssen. Dass auf dem Niveau einer Europameisterschaft Kantersiege fast ein Ding der Unmöglichkeit sind, hat der bisherige Turnierverlauf gezeigt. Wer ein schönes Spiel sehen möchte, der sollte am Freitag lieber eine Wiederholung von Deutschland – Argentinien von der WM 2010 in den DVD-Player einlegen.

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