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Kombinierernachwuchs - Eric Frenzels Kolumne

  • Eric Frenzel
Wie der Vater so der Sohn - wie Eric Frenzels Nachwuchs erste Kombinierer-Schritte macht, berichtet der Olympiasieger in seiner aktuellen Kolumne.
Als ich vom Training in Oberwiesenthal heimkomme und in die Einfahrt fahre, scheint starkes Licht aus dem Wohnzimmmer.
Ich öffne die Haustür und höre Philipps Stimme "Watabe kommt näher, wird er seinen Vorsprung in das Ziel retten?"... auf Zehenspitzen gehe ich durch die Wohnung und schaue vorsichtig durch die Tür und traue meinen Augen nicht. Mein Sohn hat das Wohnzimmer in eine Wintersport-Arena vom Feinsten umgebaut:

Die Rutsche von einem alten Etagenbett ist fachmännisch an die Oberkante des Sofas angebracht und dient als Schanze. Zwei Decken dienen als Schanzenauslauf und geben gute Rahmenbedingungen für einen sauberen, häuslichen Telemark. Rechts und links von der Schanze stehen die zwei Stehlampen aus meinem Arbeitszimmer und leuchten das Areal perfekt aus- davon eingeschlossen ist auch die Loipenführung rund um den Wohnzimmertisch, die durchaus selektiv erscheint, da zwei Fußhocker als Steigung und Abfahrt zugleich dienen.

Inmitten dieser Anlage müht sich also mein Sohn gerade mächtig ab und er scheint auf den letzten Metern eines spannenden Wettkampfs angekommen zu sein, da er größtmögliches Anfeuern von außen simuliert. Zwei Schreie, zwei Stockschübe mit Holzbesenstielen und er sinkt zufrieden in den Zieleinlauf - er scheint das Rennen siegreich beendet zu haben. Erst jetzt bemerkt er mich und lacht.

Stolz führt er mir noch vor, wie die Schanze funktioniert, auf Socken und nicht gerade mit der schnellsten Anlaufgeschwindigkeit. Ich gratuliere ihm in jedem Fall zum Sieg und schlage ein gemeinschaftliches Aufräumen vor, da er hier ja offensichtlich Athlet und Veranstalter zugleich war. Dies verdirbt meinem jungen Wettkämpfer für ein paar Sekunden die Siegerlaune, aber er kann sich doch noch motivieren, als ich ihm nach dem Aufräumen eine ordentliche Siegerehrung mit Podest, Fahne und Medaille verspreche.

Während ich schnell unter die Dusche springe, kommen Laura und Leopold nach Hause. Auf der Treppe zurück zum Wohnbereich höre ich erneut Wettkampfgeräusche: Ziiiiiieeeehhhhh!
Wieder ist das Wohnzimmer die Stätte des Geschehens: Philipp hat seinen kleinen Bruder Leopold geschnappt und simuliert mit ihm einen Flug, indem er ihn mit den Armen nach oben stemmt und ein paar Schritte geht. Leopold scheint das großen Spaß zu machen, wenngleich ihm noch nicht gelingt, das Flug-V ordentlich zu stellen.

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Ich fange die beiden schließlich ab und lasse Leopold sanft landen.

Das gemeinschaftliche Abendessen wird dann noch als Nach-Weltcup-Party zelebriert, danach ist für die Wettkämpfer Regeneration und Nachtruhe angesagt.

Mit Laura sitze ich noch entspannt in der Küche und wir besprechen die Anreise zum Weltcup nach Ramsau, zu dem die Mitnahme der ganzen Familie geplant ist. Vor allem Philipp fiebert an den Wettkampfstrecken gerne mit.

Mit der Erkenntnis, dass wir Kombinierer uns wohl keine Sorgen um den Nachwuchs machen müssen, gehen schließlich auch wir zu Bett.

Herzlichst,
Eric

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