Sport bei Blasenschwäche – Interview mit Prof. Dr. Daniela Schultz-Lampel thinkstockphotos.de

Sport bei Blasenschwäche – Interview mit Prof. Dr. Daniela Schultz-Lampel

Sport trotz Blasenschwäche: geht das? Prof. Dr. Daniela Schultz-Lampel, Direktorin des Kontinenzzentrums Südwest am Schwarzwald-Baar Klinikum, gibt Tipps für Sportler mit Inkontinenz.
netzathleten.de: Frau Schultz-Lampel, ist Sport mit Blasenschwäche vereinbar?
Prof. Daniela Schultz-Lampel: Ja, auf jeden Fall. Es ist zwar so, dass die Blasenschwäche eine eingeschränkte Lebensqualität mit sich bringt, aber man sollte sich davon nicht unterkriegen lassen und deswegen nicht auf Sport verzichten. Man muss die richtigen Sportarten machen, damit man die Blasenschwäche nicht noch verschlechtert, sondern vielleicht eher verbessern kann.

netzathleten.de: Welche Sportarten sind das?
Prof. Daniela Schultz-Lampel: Jede Sportart, die mit kurzen, starken Anspannungen des Bauchraumes und/oder kurzen, starken Bewegungen verbunden ist, kann die Belastungsinkontinenz verschlechtern – zum Beispiel Trampolin springen, Joggen, Tennis, Volleyball, Handball, Basketball oder Gewichtheben. Eine gute Sportart ist zum Beispiel Schwimmen, weil man durch die Schwerelosigkeit im Wasser den Beckenboden nicht belastet. Pilates und Yoga sind auch gute Sportarten für Menschen mit einer Inkontinenz.

netzathleten.de: Wie kann es beim Sport überhaupt zu Urinverlust kommen?
Prof. Daniela Schultz-Lampel: Grundsätzlich gibt es zwei große Formen der Inkontinenz: einmal die Harnbelastungsinkontinenz, die durch eine Schwäche des Beckenbodenmuskels hervorgerufen wird. Dann gibt es noch die Dranginkontinenz, die mit einem wahnsinnigen Drang verbunden ist, sehr häufig auf Toilette zu gehen und bei der die Blase nur eine geringe Menge Urin fassen kann. Bei der Harnbelastungsinkontinenz kann es bei sportlichen Belastungen zum Urinverlust kommen, weil man beispielsweise zu ruckartige Bewegungen ausführt.

netzathleten.de: Wie kann man eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur stärken?
Prof. Daniela Schultz-Lampel: Das Wichtigste ist, dass die betroffene Person den Beckenboden überhaupt wahrnehmen kann. 50 bis 60 Prozent derer, die eine Inkontinenz haben, haben nach unseren Schätzungen kein richtiges Gefühl für den Beckenboden. Das richtige Beckenbodentraining muss man dann erlernen. Am besten mit einem Physiotherapeuten, der auf dieses Training geschult ist. Dafür gibt es zum Beispiel eine Liste des Zentralverbandes der Physiotherapeuten in Deutschland, in der spezialisierte Physiotherapeuten aufgelistet sind.

netzathleten.de: Wenn ich Sport mache, habe ich irgendwann Durst und möchte Wasser trinken. Ist die Gefahr Urin zu verlieren höher, wenn ich viel trinke?
Prof. Daniela Schultz-Lampel: Wer eine Inkontinenz hat, soll auch weiter viel trinken. Gerade bei einer Dranginkontinenz neigen die Betroffenen dazu, weniger zu trinken, um nicht so häufig auf Toilette zu müssen. Das sollte man aber nicht machen.

netzathleten.de: Gibt es denn auch spezielles Sport-Equipment, das mich vor einem Urinverlust beim Sport schützen kann?
Prof. Daniela Schultz-Lampel: Sportequipment in dem Sinne gibt es meines Wissens nicht. Es gibt aber zum Beispiel für Leute, die gern joggen, sogenannte Inkontinenz-Tampons. Die können bei einem leichten Urinverlust Abhilfe verschaffen.

netzathleten.de: Wenn ich als Betroffener beim Sport Urin verlieren, wie verhalte ich mich dann?
Prof. Daniela Schultz-Lampel: Wer unter einer Inkontinenz leidet, sollte beim Sport auf jeden Fall Einlagen verwenden. Außerdem kann man schwarze Kleidung tragen, auf der man mögliche Urinflecken nicht sehen kann. Wichtig ist, dass man trotz einer Inkontinenz nicht auf Sport verzichten muss. Es gibt zudem die Möglichkeit, eine Operation mit einem kleinen Band, das den Harnröhrenschließmuskel stützt, durchzuführen, die dann angezeigt ist, wenn ein gezieltes Beckenbodentraining nicht ausreichend wirkt. Den Betroffenen kann also geholfen werden.

netzathleten.de: Vielen Dank für das Interview!

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