„Fair, oder gar nicht!“ – Olympiasiegerin Sabine Spitz im Interview Ralf Schäuble

„Fair, oder gar nicht!“ – Olympiasiegerin Sabine Spitz im Interview

  • Sabine Spitz
Mountain Bike Olympiasiegerin Sabine Spitz spricht über ihren Kampf gegen das Doping, ihre Auszeichnung vom IOC, den sie für ihren Einsatz bekommen hat, und über die Notwendigkeit, mit Entschiedenheit und Härte bei Doping durchzugreifen.

netzathleten: Du wurdest kürzlich vom DOSB mit der „IOC-Trophy 2009 for Sport and the fight against doping“ ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch dazu. Was war das für ein Gefühl, diesen Preis entgegenzunehmen.
Sabine Spitz: Ich war sehr überrascht, als ich davon erfahren habe, dass ich diese Auszeichnung bekomme. Ich freue mich sehr darüber und sehe es auch als Bestätigung dafür, dass man mit dem schwierigen Thema offen und offensiv umgehen muss, um die Situation zu verbessern. Ich sehe es auch als eine gewisse Anerkennung für den Mountainbikesport, der sich in diesem Punkt klar vom Straßenradsport abgrenzt.

netzathleten: Der Preis kommt ja nicht von ungefähr, du hast dir schon seit Jahren einen Namen als Verfechterin des fairen Sports ohne Doping gemacht.
Sabine Spitz: Für mich war Doping im Sport – wie es eigentlich für alle Sportler sein sollte – immer in absolutes No Go, egal welche Konsequenzen damit verbunden waren. Doping steht im klaren Widerspruch zu Fairplay und den Werten, für die der Sport stehen sollte. Genau das habe ich auch immer so kommuniziert. Man kann im Sport nur sauber erfolgreich sein. Zumindest wenn man ehrlich sich selbst gegenüber ist. Davon bin ich fest überzeugt.



netzathleten: Auch wenn deine Haltung offiziell mit keinem Argument auszuhebeln ist, bist du sicherlich oft unter der Hand auf Widerstand gestoßen. Wie anstrengend kann eine so offene Haltung gegenüber der Öffentlichkeit und damit auch gegenüber anderen Sportlern sein? Welche Erfahrungswerte hat man?
Sabine Spitz: Es gibt natürlich immer auch kritische Stimmen, die man sich auch anhören sollte. Insgesamt habe ich aber keine wirklich negativen Erfahrungen gemacht. Manche finden es geheuchelt, manche naiv, wie auch immer. Für mich gilt, dass der Sport ohne Betrügereien sein sollte und finde es wichtig, dass man sich dafür einsetzt.

netzathleten: In den letzten Jahren gab es in beinahe jeder Sportart Doping-Gerüchte und tatsächliche Nachweise. Wie hast du diese Entwicklung beobachtet?
Sabine Spitz: Das ist grundsätzlich eine gute Entwicklung, weil es zeigt, dass das Netz enger wird, die Tests ausgefeilter sind und sich keiner mehr sicher sein kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass Doper erwischt werden, ist heute höher als noch vor ein paar Jahren. Neben der Einsicht ist die Abschreckung die wichtigste Waffe gegen das Doping. Gewiss machen viele Negativmeldungen den Sport erst einmal unglaubwürdig und stellen diesen unter Generalverdacht, was eigentlich fatal und falsch ist. Langfristig ist es aber die einzige Chance für den Hochleistungssport, um zu überleben.

netzathleten: In Deutschland gibt es bereits einige Doping-Verfolgungs-Instanzen. Eine viel beklagte Methode dabei ist das ADAMS-System. Viele Sportler fühlen sich verfolgt und in ihrer Freiheit beschnitten. Was denkst du darüber?
Sabine Spitz: Ich kann das kaum nachvollziehen. Ich fühle mich weder verfolgt noch in meiner Freiheit beschnitten. Allerdings will ich das nicht verallgemeinern. Jeder hat seinen eigenen Lebensstil und für manche ist es vielleicht tatsächlich ein Problem, wobei ADAMS ja gerade auch alle Möglichkeiten bietet, sehr kurzfristig auf ungeplante Situationen zu reagieren. Manchmal habe ich das Gefühl, dass das Thema in Öffentlichkeit dramatisiert wird, um Aufmerksamkeit zu generieren. Um im Training effizient und zielorientiert kontrollieren zu können, muss der Aufenthaltsort der Athleten bekannt sein. Daran führt keine Weg vorbei.



 

netzathleten: In deinem Gang gegen Doping hast du die strafrechtliche Verfolgung von Doping-Tätern verlangt. Für eine Straftat muss es ein Opfer und einen Geschädigten geben. Wer, deiner Ansicht nach, ist in einem Doping-Fall der Geschädigte?
Sabine Spitz: Vor allem der saubere Athlet, der unwiderruflich um seinen sportlichen, emotionalen aber auch wirtschaftlichen Erfolg betrogen wird. Aber auch die Fans, die Sponsoren und die Medien. Vor ein paar Jahren wurde ich z.B. von einer russischen Athletin bei einem Rennen in Deutschland geschlagen. Ich hätte als Erste in der Geschichte dieses Rennens zum dritten Mal in Folge gewonnen. Ein paar Wochen später wurde sie in einer Wettkampfkontrolle positiv getestet. Das war ein klar zu beziffernder Schaden für mich.

netzathleten: Du versuchst ja auch in Jugendkreisen das Thema Doping anzubringen. Wie sieht deine Arbeit hier aus und was soll sie bezwecken?
Sabine Spitz: Das Wichtigste ist, mit den jungen Sportlern zu sprechen und mit Ihnen professionell zu arbeiten. Sie müssen überzeugt sein, auch ohne Doping erfolgreich sein zu können und lernen, dass der Sport und der Sieg nicht das Wichtigste und Einzige im Leben ist. Wenn diese Einsicht da ist, ist schon viel gewonnen.

netzathleten: Du sagtest einmal sehr schön: „Ein Sieg, den ich durch Betrug erreicht habe, ist für mich wertlos.“ Wie erklärst du dir dann, die bei vielen Sportlern manchmal so leichte Inkaufnahme von Betrug durch Doping, um an sein Ziel zu gelangen?
Sabine Spitz: Letztlich müsst Ihr das die betreffenden Sportler fragen. Ich denke, es ist eine Kombination aus falschen Umfeld und falschem Ergeiz, um möglichst schnell zu Geld und Ruhm zu kommen, der fehlende Glaube an sich selber und manchmal auch Bequemlichkeit. Mit Doping kann man sicher schneller und einfacher erfolgreich sein, obwohl das natürlich zu kurz gedacht ist.

netzathleten: Immer schneller, höher, weiter… Ein Stück weit ist auch unsere Leistungs-Gesellschaft für die Haltung unserer Sportler zu Doping verantwortlich. Hast du gar kein bisschen Verständnis für Sportler, bei denen der Druck scheinbar so groß geworden ist, dass sie nichts anderes konnten als auf unerlaubte Mittel zurückzugreifen?
Sabine Spitz: Die Leistungsgesellschaft ist vielleicht insofern verantwortlich, dass nur noch der absolute Erfolg, der Sieg zählt. Es ist nicht eine Frage des höher, schneller, weiter. Das gehört zum Sport und ist kein Argument für Doping. Ein Problem ist gewiss der respektlose Umgang und die Ignoranz gegenüber Leistungen, die nicht ganz gereicht haben, um an die Spitze zu kommen. Das ist sicher für viele Sportler ein Problem. Diese Kritik geht auch an die Medien, wo nach wie vor nur erste Plätze Aufmerksamkeit generieren. Wenn man vom Mainstream einmal absieht, wird doch nur dann von Sportereignissen berichtet, wenn Deutsche gewinnen oder zumindest zu den Favoriten zählen.
Allerdings sehe ich all das nicht als Entschuldigung. Der Zweck alleine darf nie die Mittel rechtfertigen. Insofern habe ich auch kein Verständnis für die Betrüger unter den Sportlern.

netzathleten: Wenn du an dieser Stelle ein klares Statement abliefern könntest, was Sport und Doping anbetrifft, was würdest du sagen:
Sabine Spitz: Nur Sport ohne Doping ist erfolgreicher Sport. Alles andere ist Beschiss.

 

Das Interview führte Maria Poursaiadi.

Details

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  • Star Vita: Sabine Spitz ist am 27.12.1971 in Bad Säckingen. Seit 1994 übt sie das Mountainbiking professionell aus. Zuvor arbeitete sie im Chemielabor. Zu ihren Disziplinen gehört neben dem Marathon, das Cross-Country und das Rad-Querfeldein. Sabine fährt derzeit im Team central Sabine Spitz pro Team. Sabine wurde vom DOSB mit der „IOC-Trophy 2009 for Sport and the fight against doping“ ausgezeichnet.
  • Star Erfolge: Olympiasiegerin 2008, Weltmeisterin Mountainbike Marathon 2009, Europameisterin Cross Country 2007/ 2008, Europameisterin Marathon 2007

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