Der Y-Balance Test - Wieder fit für Sport? Markus Klingenberg

Der Y-Balance Test - Wieder fit für Sport?

  • Christian Riedel
Das Thema Return-To-Play ist in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus orthopädisch-unfallchirurgischen Kongresse und Forschungsarbeiten gerückt. Es existieren zahlreiche qualitative und quantitative Testverfahren, deren Umsetzung im Praxis- oder Klinikalltag oft zu aufwendig ist. Mit einem einfachen Test kann ein Arzt feststellen, ob ein Sportler wieder fit genug ist.

„Der Y-Balance Test (YBT) ist ein funktionelles Goniometer und quantifiziert reproduzierbar die funktionelle Bewegungsfähigkeit des Sportlers in vier Quadranten“, erklärt Sportmediziner Dr. Markus Klingenberg. „Die Aufteilung in Quadranten ermöglicht es, Ober- und Unterkörper, sowie linke und rechte Seite getrennt auf Asymmetrien zu überprüfen.“ Gegenüber einer sicherlich ebenfalls notwendigen isolierten Überprüfung einzelner Muskeln und Gelenke können so funktionelle Zusammenhänge im Sinne auf- und absteigender Ursache-Folge-Ketten unter Belastung besser erfasst werden. Dem Mediziner wird vereinfacht gesagt schneller deutlich, ob und wenn ja in welchem Quadranten ein verletzter Sportler noch Defizite hat.


Getestet werden beim YBT Kraft, Beweglichkeit, neuromuskuläre Kontrolle, Core Stabilität und Bewegungsausmaß der einzelnen Quadranten. In der Zusammenfassung der Ergebnisse erhält der Untersucher einen guten Gesamteindruck der Mobilität und Stabilität des Sportlers und eine Baseline für den Erfolg weiterer therapeutischer Maßnahmen.


„Ergänzende können selbstverständlich weitere qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden angewendet werden“, erklärt der Sportmediziner. „Der YBT ist aber einfach und schnell durch Praxismitarbeiter, Trainer, Physiotherapeuten und Ärzte durchführbar und lässt über einen Composite Score auch den Vergleich verschiedener Sportler untereinander zu.“

 

Entwicklung


Der YBT basiert auf dem 1995 von Gary Gray entwickelten Star Exkursion Balance Test. Bei diesem Test steht der Sportler auf einem Bein und testet das Bewegungsausmaß des Spielbeins in die 12 Richtungen der Uhr. Untersuchungen haben gezeigt, dass bereits drei Richtungen ebenso gute Ergebnisse liefern bei deutlich kürzerer Untersuchungsdauer. Die drei Richtungen sind: postero-medial, anterior, postero-lateral – also die drei Richtungen eines auf dem Kopf stehenden Y. So ergibt sich der Name des Tests.


„Neben den beiden unteren Quadranten kann ebenfalls der Oberkörper getestet werden“, erklärt Dr. Klingenberg. „Die Ausgangslage ist eine Liegestütz Position mit einer Hand auf der Standbox. Aus dieser Position schiebt der freie Arm die Markierungsboxen in die Richtungen medial, superior-lateral und inferior-lateral. Die ermittelten Werte zeigen Asymmetrien im Bereich der oberen Extremitäten an und eigenen sich daher zur Beurteilung einer therapeutischen oder Trainingsintervention.“

 

Seitendifferenzen und Composite Score

Mehrere prospektive Untersuchungen an College Sportlern ergaben, dass eine Seitendifferenzen der unteren Quadranten von 4 cm nach anterior mit einem 2,5 fach erhöhten Verletzungsrisiko einhergeht. Bei den Richtungen postero-medial und postero-lateral wird eine Seitendifferenzen von 6 cm angenommen.

Um verschiedene Sportler relativ miteinander zu vergleichen bildet man für die untere Extremität einen Composite Score. Auch hier zeigt sich ein deutlich erhöhtes Verletzungsrisiko, wenn der Score des Sportlers im unteren Drittel des Vergleichskollektivs liegt bezogen auf sein Geschlecht, seine Sportart und seinen Leistungslevel.

Testdurchführung untere Extremität

 

Der Sportler steht ohne Schuhe an der roten Markierungslinie der Standfläche. Von hier aus schiebt er mit dem freien Bein die Markierung zuerst nach postero-medial, dann nach anterior und nach postero-lateral.


Jedes Bein wird im Wechsel 6x getestet und der beste Wert wird notiert. Untersuchungen haben ergeben, dass innerhalb der ersten 6 Versuche eine deutliche Lernkurve erfolgt, die anschließend ein Plateau erreicht. Der Test der Beine im Wechsel dient dazu, eine Verfälschung der Ergebnisse auf Grund von Ermüdung zu vermeiden.

Voraussetzungen dafür, dass ein Versuch gewertet werden kann sind
1) Der Sportler behält zu jedem Zeitpunkt das Gleichgewicht im Einbeinstand, ohne von der Standplattform zu fallen oder das Spielbein abzusetzen.
2) Das Spielbein behält bei der Bewegung bis zum Endpunkt jederzeit Kontakt mit der Markierungsbox und stößt diese nicht mit Schwung weiter vor.
3) Es wird kein Gewicht des Spielbeins auf die Markierungsbox gelegt.
4) Das Spielbein wird wieder auf Höhe des Standbeins zurück geführt.

Testdurchführung obere Extremität

  

Eine Hand wird auf der Standbox mit der lateralen Handkante an der Markierungslinie aufgesetzt. Die Beine befinden sich in einer Liegstützposition schulterbreit auseinander, die Schultern sind unmittelbar über den Händen. Die freie Hand schiebt die Markierungsbox in die drei Richtungen medial, superior-lateral und inferior-lateral. Die Kriterien für die Wertung gleichen denen der unteren Extremität.

Zusammenfassung

Der YBT schafft eine objektive Grundlage (Baseline), zur Einschätzung von Asymmetrien im Bewegungsverhalten der vier Quadranten. Er kann als einer der ersten Schritte zu einer Return-to-Play Entscheidung herangezogen werden und um den Erfolg therapeutischer Interventionen (Orthesen, KG, OP) in Bezug auf die Stabilität und Mobilität einer zuvor verletzten Extremität zu objektivieren.



Beispiele

 postero-medial + Anterior + postero-lateral
-----------------------------------------------------  x 100 = Composite Score
3 x Beinlänge


Sportler: Thomas Mustermann
Keine OP. Keine Verletzung. Beinlänge bsd. 1 m.
Testdauer: untere Extremität 11 min.

  rechts (cm) links (cm) Differenz
PM 92, 105, 110, 103, 111, 111 96, 104, 106, 106, 113, 107 2
A 60, 64, 69, 67, 69, 69 67, 68, 69, 68, 72, 69 3
PL 98, 108, 97, 103, 104, 103 102, 97, 99, 106, 105, 107 1

Composite Score
Links (113+72+107/100x3)x100 = 97
Rechts (111+69+108/100x3)x100 = 96



Sportler: Dr. med. Markus Klingenberg
Keine OP. Z.n. Distorsionstrauma linkes OSG vor 20 Jahren, konservative Versorgung. Beinlänge 93 cm.

  rechts (cm) links (cm) Differenz
PM 107, 117, 114, 115, 119, 120 111, 115, 121, 129, 119, 124 10
A 56, 58, 54, 60, 59, 61 60 , 65, 66, 69, 64, 64 8
PL 97,5 , 112, 103, 108, 108, 117 112, 113,108, 120, 112, 115 3

Composite Score
Links (129+69+120/93x3)x100 = 114
Rechts (119+61+117/93x3)x100 = 106

Details

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  • Star Vita: Dr. med. Markus Klingenberg arbeitet und als Arzt mit den Schwerpunkten Sport- und Ernährungsmedizin und Personal Trainer in Bonn und in der Sportorthopädie der Klinik-am-Ring in Köln. Mehrmals pro Jahr arbeitet er zudem als Tauchmediziner im indischen Ozean. Seine Schwerpunkte umfassen ein Personal Training, Ernährungs-Coaching, und die Leistungsdiagnostik. Als ehemaliger Leistungssportler kombiniert Dr. med. Markus Klingenberg sein Wissen als Sportmediziner und Personal Trainer, um für seine Kunden nachhaltig erfolgreiche individuelle Konzepte zu entwickeln und umzusetzen.
  • Star Erfolge: Arzt, Sportmediziner, Notarzt

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