Auf den Punkt Bestleistung - Interview mit Gerhard Blöchl

netzathleten: Du fährst Buckelpiste. Erkläre uns doch einmal, wo die Besonderheiten in dieser Disziplin liegen?
Gerhard Blöchl: Die Besonderheit in meiner Disziplin ist die Kombination von Skitechnik und Akrobatik. In der Buckelpiste sind alle Sprünge erlaubt und es ist sozusagen die olympische „New School“ Disziplin des Skisports.

netzathleten: Spielt Taktik auch eine Rolle bei Wettkämpfen in der Buckelpiste oder gibt’s nur ein Gas – Vollgas?
Die Taktik spielt für mich keine so große Rolle. Ich versuche meine persönliche Bestleistung auf den Punkt zu bringen.

Die 21. Olympischen Winterspiele in Vancouver/Kanada beginnen am 12. Februar 2010 und enden am 28. Februar 2010. Nach Montreal 1976 und Calgary 1988 ist Vancouver die dritte kanadische Stadt, die Olympische Spiele veranstaltet. Insgesamt werden 86 Goldmedaillen in 7 Sportarten vergeben.

netzathleten: Wann und wo hast Du gemerkt, dass Du dafür Talent hast?
Mein Bruder Armin hat mich als kleiner Junge immer zum Buckelpistenfahren mitgenommen und es hat mir einfach einen riesigen Spaß gemacht. Das tut es heute noch. Es gab keinen richtigen Zeitpunkt an dem ich mein Talent entdeckt habe. Ich bin eher zielstrebig im Leistungssport und gebe alles um nach vorne zu kommen – das ist das wichtigste, was man zum Talent noch benötigt.

netzathleten: Der Ski Freestyle Weltcup wird lange nicht so in der Öffentlichkeit registriert, wie der Eurer alpinen Kollegen. Woran liegt das?
Unsere Sportart steht hauptsächlich bei den Olympischen Spielen im Fokus der Öffentlichkeit. Das Medieninteresse ist in Deutschland immer groß, wenn deutsche Sportler in einer Sportart ganz vorne dabei sind. Dies war im Freestyle lange Zeit nicht der Fall, aber meine Teamkollegen und ich arbeiten schwer daran, dies in Zukunft zu ändern.

netzathleten: Trefft ihr häufig andere Sportler bei Eurer Weltcup-Tour, beispielsweise die Alpinen?
Während der Weltcuptour treffen wir die Alpinen Kollegen nicht, da diese eine eigene Weltcup-Tour fahren. Aber man kennt sich untereinander von verschiedenen DSV-Events wie z. B. der offiziellen Einkleidung bei Adidas.

netzathleten: Du hast noch eine Menge anderer Projekte am Laufen, Dein Sportclub Dr. Core, Du vertreibst Skisportprodukte. Leidet da nicht die Vorbereitung?
Bei meinen Projekten habe ich starke Partner, wie meine Bruder Armin Blöchl und Freund Dr. Aly Sabri. Somit kann ich mich voll auf den Sport konzentrieren. Dies stärkt mich sogar in meiner Vorbereitung, wenn ich mich in einem Trainingsumfeld wie den Dr. Core Sportclub vorbereiten kann. Ich lade jeden übrigens herzlich in unser Fitnessstudio der nächsten Generation ein. Meine Skicletts sind Fashion für den Ski. Da die Designs fertig gestellt sind, gibt es da nichts, was mich ablenken könnte. (mehr dazu auf Seite 2)

netzathleten: Wie verlief denn die Vorbereitung?
In meiner Vorbereitung setzte ich in diesem Jahr auf Qualität statt Quantität und fühle mich so bereit wie nie vor der Saison. Ich würde alles wieder genau so machen.

netzathleten: Und wie sieht es mit der Olympiaqualifikation aus? Kann man sagen, dass Du nach deinem 13. Platz in Finnland schon mit einem Ski in Kanada stehst?
Ja, die halbe Norm des Nationalen Olympischen Komitees ist geschafft. Jetzt benötige ich noch einen weiteren Platz unter den Top 15 und los geht´s nach Kanada.

netzathleten: Was sind Deine Ziele für Vancouver?
Meine persönliche Bestleistung zu zeigen und dabei Spaß zu haben.

netzathleten: Ist das Buckelpistenfahren nicht eine extreme Belastung für die Knie? Wie lange machen deine das noch mit?
Das sieht nur schlimm aus, ist es aber nicht. Ehrlich! Bei einer guten Technik hält man immer Schneekontakt mit dem Ski und somit bekommt man keine Schläge ab. Es handelt sich somit um eine Beuge- und Streckbewegung die völlig unbedenklich für die Knie ist und das kann sogar jeder gute Skifahrer lernen!

netzathleten: Hast du Rituale vor einem Wettkampf? Wie läuft ein Wettkampftag bei dir ab?
Das wichtigste Ritual ist das Aufwärmen für mich. Sonst habe ich keine besonderen Angewohnheiten.

netzathleten: Kann man als Profi Freestyle Skifahrer von den Einnahmen leben?
Die Einnahmen sind sehr gering. Ohne die Bundeswehr wäre für mich der Leistungssport nicht zu realisieren. Dank der Sportfördergruppenplätze können wir uns voll auf den Sport konzentrieren.

netzathleten: Du hast gemeinsam mit deinem Bruder Armin das Skilehrbuch „New School“ geschrieben. Worum geht es darin genau?
Es beschreibt methodische Wege, wie jeder schnell und vor allem sicher den ein oder anderen New School Sprung erlernt. Dieses Buch wird für jede skifahrerische Leistungsstufe einen passenden Trick bereithalten: Für den Anfänger die notwendigen Informationen für erste Aufrechtsprünge mit einfachen Grabs und Rotationen und für alle Fortgeschrittenen etwas komplexere Überkopfsprünge. Außerdem wird vermittelt, wie man mit Skiern in der Halfpipe und der Buckelpiste fährt oder über Rails grindet. Nach dem Erfolg des Buches beim Meyer & Meyer Verlag brachten wir eine überarbeitete englische Version des Buches New School in den Handel.

netzathleten: Vielen Dank für das nette Gespräch Gerhard. Dann hoffen wir mal, dass Du so bald wie möglich die Qualifikation unter Dach und Fach bringst. Dann sprechen wir uns sicherlich noch vor Olympia wieder!

Mehr zu Gerhards Buch und zu dessen Bestellung unter www.bloechl.com. Über den Sportclub Dr. Core erfahrt Ihr mehr unter www.dr-core.com. Die witzigen Designs der Skicletts kann man sich unter www.skiclett.com anschauen.

Das Interview führten Derk Hoberg und Nils Borgstedt.