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Big Data im Sport: Fakten statt Bauchgefühl

  • Redaktion
Sport lebt vor allem von Emotionen, von Leidenschaft und Intuition. Dennoch arbeiten am Spielfeldrand immer häufiger auch Datenspezialisten mit Trainern und Sportwissenschaftlern zusammen, um die erfahrenen Experten mit Analysen bei ihrer Aufgabe zu unterstützen. Eva Murray, Head of Business Intelligence bei Exasol, gibt Einblicke in Data Analytics bei Sportvereinen.
netzathleten: Wie kommt es, dass Exasol als Anbieter einer In-Memory-Analytics-Datenbank mit Sportvereinen zusammenarbeitet?

Eva Murray: Immer mehr Sportvereine setzen mittlerweile Data Analytics ein, um ihre Entscheidungen richtig zu fundieren. Denn wie bei jeder Organisation stehen ja auch hinter Sportvereinen letztendlich wirtschaftliche Ambitionen. Manager und Geldgeber möchten sicher gehen, dass ihre Investitionen nicht im Sande verlaufen. Und auch die Fans wollen nicht enttäuscht werden. Daher sammeln viele Vereine auf dem Spielfeld über Hochleistungskameras, Sensoren und Tracker diverse Daten. So ein großer Datenschatz bietet tiefe Einblicke in die Performance eines Teams oder auch einer ganzen Liga. Es ist aber so, dass mit den Daten allein noch kein Trainer arbeiten kann. Sie müssen so aufbereitet werden, dass sie echte Erkenntnisse liefern. Excel-Tabellen stoßen bei so großen Datenbergen oft an ihre Grenzen. Da kommen wir oder viel mehr unsere Analysesoftware ins Spiel. Wir zeigen den Vereinen, wie man aus den vorhandenen Informationen und Daten neues Wissen schaffen kann, damit ein echter Wettbewerbsvorteil entsteht.

netzathleten: Wie kommen solche Datenberge in Sportvereinen zustande? Welche Daten werden erfasst und wie läuft die Auswertung ab?

Eva Murray: Eigentlich wird ja heute jeder Schritt auf dem Spielfeld erfasst. Somit werden mehrere Dutzend Datensätze pro Spieler und Sekunde aufgezeichnet: jeder Pass und Winkel, einzelne Körperpositionen und somit die gesamte Formation. Daten zu Geschwindigkeiten und Beschleunigungen gehören genauso dazu, wie Aufzeichnungen von Trainings. Hinzu kommen Daten von Wettbewerbern aus verschiedenen Saisons, Clubs oder Ligen. Da kommt also einiges zusammen. Spannend sind vor allem die Analysen in Echtzeit. Denn auch beim laufenden Spiel nutzen Experten die Daten, um dem Trainer immer wieder aktuelle Informationen zukommen zu lassen. So kann dieser seine Strategie anpassen. Gerade bei solchen Echtzeitanalysen kommt es auf Schnelligkeit und eine gute Performance der Analysesoftware an. Für die Auswertung ist dann auch eine gute Visualisierung wichtig, denn der Trainer soll ja auf einen Blick eine gute Entscheidung fällen können. Graphen oder Zeitachsen müssen also einfach zu erfassen sein und eine eindeutige Botschaft vermitteln. Die Vereine haben da ganz verschiedene Wege: Einige arbeiten mit Datenmappen, PDF-Dokumenten oder auch interaktiven Dashboards, die während des Spiels live auf einem Tablet gezeigt werden.

netzathleten: Bei einer derartigen Flut an Daten stellt sich die Frage nach der Datensicherheit?

Eva Murray: Gerade bei den sensiblen Spielerdaten ist Datensicherheit von höchster Bedeutung. Denn natürlich werden auch persönliche Daten zu gesundheitlichen Aspekten erfasst. Herzfrequenzen und Vitalwerte gehören beispielsweise dazu. Die Spielerverbände achten sehr akribisch darauf, dass alle Richtlinien zur Datensicherheit eingehalten werden. Krankenakten, biometrische Daten und persönliche Informationen werden deshalb von den Vereinen auf privaten Datenbanken vor Ort gespeichert. Um flexibel zu bleiben, nutzen die Vereine dann zusätzlich Cloud-Lösungen für weniger sensible Informationen.

netzathleten: Und wozu nutzen Vereine die Daten dann genau?

Eva Murray: Kurz gesagt: Sie fundieren das Bauchgefühl der Profis mit messbaren Fakten. Denn das Problem ist ja immer das Gleiche: Der Trainer und sein Team brauchen umfangreiche Informationen, um aus ihrem Team das Beste rauszuholen. Gerade wenn auf dem Spielfeld die Emotionen hochkochen, muss der Trainer einen kühlen Kopf bewahren, um die eine, spielbeschließende Entscheidung zu treffen. Datenanalysen geben ihm dafür die richtige Basis.

netzathleten: Wird der Trainer künftig als Zwischeninstanz überflüssig sein?

Eva Murray: Auf keinen Fall! Unsere Analysemöglichkeiten bieten eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Wertvoll werden sie aber erst in Verbindung mit der taktischen Erfahrung der Trainer. Sie müssen die richtigen Fragen stellen. Und sie müssen die richtigen Schlüsse aus dem Material ziehen. Damit sind sie dann in der Lage, ihre Strategie anzupassen oder sogar kommende Spielzüge vorauszusehen.

netzathleten: In welchen Bereichen, die nicht unmittelbar mit dem Spiel selbst zu tun haben, profitiert das Sport Business noch von Data Science?

Eva Murray: Beispielsweise bei der Suche nach jungen Talenten. Mittlerweile setzen viele Vereine auf große Datenpools von Scouting Plattformen, um Zeit und Geld zu sparen. Denn der Auswahlprozess ist komplex: Es kommt nicht nur auf das Können des Spielers an. Fast noch wichtiger ist, dass sein Profil in das Team passt. Um das herauszufinden, setzen die Analysten auf Datenmodellierungen. Diese basieren auf dem Exasol Skyline Algorithmus. Damit reduzieren sie lange Listen mit potenziellen Kandidaten auf wenige, passende Spieler. Aber auch Bereiche wie das Marketing profitieren von Datenanalysen. Indem Ticket- und Merchandise-Verkäufe gezielt ausgewertet werden, lässt sich das Fanerlebnis weiter verbessern.

netzathleten: Die beschriebenen Datenanalysen werden oft mit der Sportart Fußball assoziiert. Welche weiteren Sportarten bieten noch Potenzial für Datenanalysen?

Eva Murray: Eigentlich alle, in denen Daten erhoben werden können. Wir arbeiten seit einiger Zeit mit Sportvereinen im Bereich Fußball zusammen. Das hat sich so entwickelt. Aber auch Rugby und Basketball, American Football, Hockey und Tennis sind sehr spannende Bereiche für Data Analytics. Klar eignen sich einige Sportarten besser als andere – je nachdem welche Daten für welchen Zweck erhoben werden. Mannschaftssportarten haben beispielswiese generell eine höhere Komplexität, da einfach mehr Daten erfasst und ausgewertet werden, als bei Einzelspielern.

datenanalyse im sportZur Person: 

Eva Murray ist Head of BI bei Exasol und Tableau Evangelist. Sie treibt den Wissensaufbau über Datenanalyse voran und betreut die Umsetzung der Datenstrategie der Exasol AG. Der Hersteller einer In-Memory-Analytics-Datenbank unterstützt Unternehmen wie auch Sportteams Big Data-Analysen zu fahren.
 

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