Christoph Preuß zieht Bilanz - Das Abschlussinterview zur WM picture alliance

Christoph Preuß zieht Bilanz - Das Abschlussinterview zur WM

  • Redaktion
Nachdem die WM nun seit Sonntag Geschichte ist und wir mit Spanien einen – wie Christoph Preuß meint – würdigen Weltmeister haben, ist es an Zeit, ein Fazit zur deutschen Mannschaft zu ziehen. Ist der dritte Platz enttäuschend? Was fehlte in Südafrika für den ganz großen Wurf, und wie ist es um die Zukunft der deutschen Mannschaft bestellt?

netzathleten: Christoph, mit ein paar Tagen Abstand, was überwiegt bei Dir hinsichtlich des Abschneidens der deutschen Mannschaft, Zufriedenheit oder Enttäuschung?
Christoph Preuß: Ich denke, dass wir letztlich zufrieden sein können. Die Holländer haben es ja im Finale auch nicht geschafft, ein besseres Spiel gegen Spanien abzuliefern als wir. Auch wenn Arjen Robben zweimal frei vor Iker Casillas aufgetaucht ist.

netzathleten: Aber es ist doch schade, die deutsche Mannschaft war erneut so dicht dran am Finale…
Christoph Preuß: Definitiv schade. Aber wenn jemand vor 10-12 Wochen gesagt hätte, ihr kommt mit dieser jungen Truppe ins Halbfinale, dann hätte das wohl jeder unterschrieben. Der Ehrgeiz war natürlich da, ins Endspiel zu kommen und dort auch zu gewinnen. Gegen Spanien haben wir aber nicht die nötigen spielerischen Mittel gefunden. Holland hat im Finale versucht, den Spaniern mit einer gewissen Härte beizukommen. Sie zeigten anfangs keinen Respekt vor dem Europameister, im Laufe des Spiels erarbeiteten sich die Spanier diesen aber wieder.

netzathleten: Lag die Halbfinalniederlage daran, dass Spanien einfach zu stark war, oder waren wir zu schwach an diesem Tag?
Christoph Preuß: Was dem DFB-Team auf jeden Fall an diesem Tag gefehlt hat, waren solche Aktionen, wie sie die Holländer vom Anfang an im Finale gezeigt haben, nämlich eine gesunde Härte an den Tag zu legen. Natürlich war der Karatesprung von de Jong schon fast ein Anschlag auf die Gesundheit von Xabi Alonso, aber die Niederländer haben versucht Zeichen zu setzen und sind zumindest eine Weile lang gut damit gefahren. Aber letzten Endes ist Spanien verdient Weltmeister geworden – fußballerisch gesehen, also technisch und taktisch. Sie waren nicht unschlagbar, aber wie gesagt, letztlich ein verdienter Weltmeister.

netzathleten: Der letzte Titel für den DFB liegt nun schon 14 Jahre zurück (EM 1996). Eine lange Durststrecke. Man ist immer nah dran, holt derzeit aber keine Titel mehr. Hat die Nationalmannschaft ihr Siegergen verloren? Wie siehst Du die Zukunft dieser Mannschaft?
Christoph Preuß: Momentan fehlt einfach noch ein wenig die Konstanz. Die Dominanz auf dem Platz war eben nicht in jedem Spiel zu erkennen. Die haben wir beim Weltmeister gesehen. Unserer Mannschaft fehlen momentan noch einige Persönlichkeiten. Natürlich haben wir neben Schweinsteiger, der ein Superturnier gespielt hat, auch noch weitere Persönlichkeiten in der Mannschaft. Ohne Frage. Aber es fehlen vielleicht einfach noch drei bis vier weitere Spielertypen des Formats Weltklasse. Da hatte Spanien momentan noch mehr zu bieten, ihre Spieler kommen aus Barcelona, Madrid, sie haben allesamt Führungsrollen in ihren Vereinen.

netzathleten: Wie wird es für die Spieler jetzt nach dem Turnier? Fallen sie in ein Motivations-Loch?
Christoph Preuß: Davon gehe ich nicht aus. Nehmen wir das Beispiel Thomas Müller. Alle Welt spricht davon, dass er vor gut einem Jahr noch in der dritten Liga gespielt hat. Jetzt spielt er so ein tolles Turnier, das motiviert doch zusätzlich. Mit dem Titel Torschützenkönig und bester Jungprofi nimmt er einiges mit in den harten Konkurrenzkampf, der bei den Bayern wieder auf ihn zukommen wird. Und so wird es den meisten aus dem Kader ergehen, sie werden das positive dieser WM für sich mitnehmen und weiter reifen.

netzathleten: Christoph, vielen Dank für die Zusammenarbeit und Deine interessanten Kommentare während der WM. Hoffen wir, dass der Hunger auf Titel bei dieser jungen Mannschaft nun so groß ist, dass auch das Siegergen wieder zum Vorschein kommt.
Christoph Preuß: Genau das hoffe ich auch. Nichts zu danken, die Zusammenarbeit hat auch mir großen Spaß gemacht.


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