Warum die (Nachwuchs-)Förderung im Radsport so wichtig ist thinkstockphotos.de

Warum die (Nachwuchs-)Förderung im Radsport so wichtig ist

Raus und rauf aufs Rad, ob zur Arbeit oder ins Grüne – für viele Teil des Alltags. Ist das Radeln diesbezüglich positiv konnotiert, sieht es im Leistungssport anders aus: Der Profi-Radsport wird von Verdachtsfällen auf Dopingmissbrauch überschattet. Michael Kreil, Schulsportbeauftragter des Bayerischen Radsportverbandes, und Frederic Tietjen, 1. Vorsitzender des Radclub Bremen, erklären, warum die (Nachwuchs-)Förderung im Radsport so wichtig ist.
Der Radsport befindet sich (noch immer) in einer Imagekrise. Wer das behauptet, geht nicht zu weit. Wer fortführend behauptet, der Imageschaden sei auf den Profi-Radsport zurückzuführen, hat Recht. Der Dopingskandal um den italienischen Profi-Rennradfahrer Davide Appollonio zählt zu den jüngsten Beispielen – er wurde positiv auf EPO getestet. Selbstredend bedeutet dies nicht, dass jeder Tour de France-Teilnehmer gedopt ist. Dennoch stehen Profi-Radfahrer im Fokus der Medien und vermitteln ein bestimmtes Bild ihrer Sportart, das sich unwillkürlich in den Köpfen der Menschen verankert.

Während der Leistungssport mit Vorurteilen belastet ist, liegt im Breitensport Hoffnung. Schaut man sich auf den Webseiten der Landesverbände in Deutschland um, stößt man immer häufiger auf Vereine und Projekte, die großen Wert auf die Förderung des Radsports legen.

Nachwuchsförderung in Schulen – Bikepool  Bayern

©Bikepool BayernEin Beispiel ist „Bikepool Bayern“. Das Konzept: Ein mit der Schule kooperierender Fachhändler stellt (nahezu) zum Selbstkostenpreis 15 bis 25 Mountainbikes für Schul- und Vereinsaktionen zur Verfügung. Die Restfinanzierung erfolgt durch Eigeninitiative von Schule und Verein mit Patenschaften von Firmen und Sponsoren. Die Organisatoren sehen das Radfahren als Paradebeispiel für lebenslanges Sporttreiben an. Bereits 91 Schulen in Bayern nehmen an „Bikepool“ teil (Schuljahr 2014/2015). „Das Mountainbiken fördert unter anderem Teamgeist, Kameradschaft, Fairness und Verantwortungsbewusstsein der Kinder und Jugendlichen. Behinderte und nichtbehinderte Kinder aller Schularten treten bei Bikepool in die Pedale – Inklusion findet hier auf ganz natürliche Weise, selbstverständlich und problemlos statt“, erzählt Kreil.

Im vergangenen Jahr spendete die „Bikepool“-Gemeinschaft zudem über 200 Fahrräder an die Hilfsorganisation „World Bicycle Relief“ für Kinder in Afrika. Alles Dinge, die dem Negativ-Image des (Profi-)Radsports entgegenwirken. „Will man den Radsport in Deutschland weiterentwickeln, ist eine breite, nachhaltige und zielgerichtete Nachwuchsförderung unabdingbar. Das Radfahren mit all seinen Facetten ist ideal dazu geeignet, in unserer Gesellschaft als ökologische, gesunde Lifetime-Sportart angenommen zu werden. Im Kindes‐ und Jugendalter muss dazu der Grundstein gelegt werden“, so Kreil. Der Schulsportbeauftragte ist der Meinung, dass eine verstärkte Medienberichterstattung über Breitensport-Projekte dem Radsport zu einem besseren Image verhelfen könne: „Außerdem könnten die Verantwortlichen der Radsportverbände den Schwerpunkt auf eine Förderung und Vermarktung des Radsports als Breitensport legen.“

Förderung von Frauen im Radsport – Radclub Bremen (RCB)

Mitunter auf die Förderung von Breitensportlern setzt auch der Radclub Bremen, der 2006 gegründet wurde. Seit 2012 engagiert sich der RCB in der Nachwuchsförderung und bietet Trainingseinheiten in der sportbetonten Schule an der Ronzelenstraße an. „Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, Kindern den Radsport näher zu bringen. Dafür haben wir vereinseigene Räder, die bei Bedarf ausgeliehen werden können. Unsere Trainer vermitteln spielerisch und vielseitig die Beherrschung des Rades, mit angepassten Warm-up- und Cool-down- Phasen“, erzählt Tietjen.

©RCBNeu im Vereinsprogramm ist das 2014 gestartete Frauentraining mit wöchentlichem Treff, der mittlerweile fester Bestandteil des Clubs ist. „Radsport wird in der Regel von Männern dominiert. Unter ihnen gilt er teilweise immer noch als Macho-Sport, bei dem man sich messen kann. Frauen haben da aber eine ganz andere Sichtweise. Nicht die Geschwindigkeit zählt, oft steht die Gemeinschaft im Vordergrund. Der RCB möchte Frauen eine Plattform schaffen, auf der sie sich wohl fühlen und den Radsport mit Begeisterung betreiben können“, so Tietjen.

14 Frauen zähle der Verein derzeit – davon seien allein zehn in den vergangenen 16 Monaten dazu gekommen. In Tietjens Augen auch ein Zeichen, dass der Radsport in Deutschland wieder auf einem positiven Weg nach vorne ist: „Breitensport boomt gewaltig. Das erkennt man an den Teilnehmerzahlen der großen Jedermann-Rennen wie Vattenfall Cyclassics in Hamburg, dem Skoda Velothon in Berlin oder auch dem 24-Stunden-Rennen am Nürburgring. Auch im Lizenzbereich formieren sich die Sportler neu. Es macht Spaß zu beobachten, wie sie sich untereinander messen.“  Einen Imagewechsel des Radsports ausschließlich durch den Breitensport zu vollziehen, empfindet der Vorsitzende des RCB hingegen als schwierig: „Es wird immer schwarze Schafe im Profibereich geben, wie in jeder anderen Sportart auch.“ Wichtig sei es, ob Hobby-Radfahrer oder Leistungssportler, die Leidenschaft für den Radsport nach außen in die Öffentlichkeit zu tragen.

Es ist zu viel verlangt, dem Breitensport aufzuerlegen, das Image der leistungsorientierten Vertreter des Radsports wieder ins rechte Licht zu rücken. Jedoch könnte er ein Wegbereiter sein, da insbesondere die Nachwuchsförderung dazu beiträgt, den Radsport (wieder) mit mehr Leichtigkeit zu konnotieren. Man muss nur genau hinsehen.

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