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Filmkritik: Die Mannschaft

  • Nils Borgstedt
Am kommenden Donnerstag startet der Film Die Mannschaft von Regisseur Uli Voigt in den Kinos. Das Thema: Deutschlands Triumph bei der WM in Brasilien im Juli dieses Jahres. Der Streifen ist vor allem eines: emotional.

„Wir alle in Deutschland haben uns gefühlt, als wären wir Weltmeister geworden.“, hat Joachim Gauck gestern gesagt, als er den Spielern der Nationalmannschaft das silberne Lorbeerblatt verliehen hat – die größte staatliche Auszeichnung für Sportler in diesem Land. Und genau diese Emotionen aus dem Juli 2014 ruft auch der Film Die Mannschaft wieder hervor, der diese Woche in die Lichtspielhäuser kommt – zumindest bei Fans.

Getöse, Lärm, ein ganzes Stadion singt die brasilianische Hymne. Schnitt. Müller 1:0, Klose 2:0, Kroos 3:0, nochmal Kroos 4:0, Khedira 5:0 und schließlich zwei Mal Schürrle 6:0, 7:0. Gänsehaut. Man ist sofort wieder drin im WM-Modus, wenn der Film mit dem Halbfinale beginnt – dramaturgisch klasse gelöst. Anschließend wird chronologisch der Weg zum Titel nachgezeichnet.

Nur selten richtig nah

Ein richtig tiefes Eintauchen in das Mannschaftsleben selbst kommt allerdings selten zustande. Klar, da gibt es die Szene, in der Christoph Kramer nach dem 4:0 gegen Portugal inbrünstig „When you say nothing at all“ von Ronan Keating intoniert und die ganze Mannschaft einstimmt. Da gibt es die Bilder aus dem Mannschaftsbus, und ja, auch die eine oder andere Kabinenansprache von Jogi Löw und Philipp Lahm hat ihren Weg in den Film gefunden.

Viel Bekanntes

Ansonsten zeigt der Film aber viele Szenen, die es schon während des Turniers ins Fernsehen oder auf die gängigen Videoplattformen geschafft haben – das Mertesacker-Interview nach dem Spiel gegen Algerien (Stichwort: Eistonne), die Ansprache von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach nach dem WM-Triumph (ohne den kleinen Seitenhieb auf UEFA-Präsident Michel Platini, ob er den Pokal auch mal anfassen wolle). Und auch die Nationalmannschaft bei Projektbesuchen in Brasilien sowie die legendären Strandläufe des Bundestrainers sind zu sehen.

Kritische Momente oder Diskussionen, wie man sie beispielsweise aus Sönke Wortmanns Ein Sommermärchen kennt, kommen in Die Mannschaft nicht vor. Es wird ein ausschließlich positives, harmonisches Bild gezeichnet und zwar so sehr, dass man sich fast zwangsläufig fragt, ob es wirklich so gewesen sein kann. Probleme werden nicht thematisiert. Kein Wort zum Ausfall von Marco Reus, kein kritisches Wort zur Lahm-Frage (Wo soll er spielen? Rechter Außenverteidiger vs. Mittelfeld). Hier wären die Überlegungen des Trainerteams spannend gewesen, vielleicht ein Interview mit dem Bundestrainer, vielleicht eines mit den Spielern.

Dass die O-Töne der Protagonisten, in denen sie die Momente Revue passieren lassen, größtenteils nach der WM aufgenommen wurden, bringt den Zuschauer auch nicht näher an die Mannschaft heran.

Für Fans

Und dennoch muss man eines festhalten: Auch, wenn der Zuschauer über Die Mannschaft nicht bis ins Innerste des Mannschaftslebens vordringt, der Film ist für Fans ein emotionaler und unterhaltsamer WM-Rückblick. Wer schon einmal mit seiner Kicktruppe den Kirmespokal oder einen Aufstieg erlebt hat, der erkennt sich vor allem nach dem Triumph sofort wieder. Beim Liedgut, das nach Siegen zum Besten gegeben wird, gibt es eben keinen Unterschied, ob Kreisklasse oder Weltmeister. In gewissen Szenen ist man dann doch mitten drin in der Mannschaft.

Als die primären Gänsehaut- und Emotionslieferanten dienen dennoch die Highlights der Spiele. „Schürrle. Der kommt an. Mach ihn, er macht iiiiihn. Mario Götzeeee. Das ist Wahnsinn!“ Beim Kommentar von Tom Bartels zum Finaltor ist es augenblicklich wieder da: Das Final-Feeling.

Hier gibt's den Trailer zu Die Mannschaft

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