50 Tage bis Sotschi – Boykott, Baikalsee und Bestechung gettyimages.de

50 Tage bis Sotschi – Boykott, Baikalsee und Bestechung

  • David Meininger
Der Countdown läuft – noch 50 Tage bis zum Beginn der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi (07.-23. Februar). Wir geben Dir einen Überblick über die Entwicklungen vor Ort und den aktuellen Stand der Dinge.

In Deutschland ein großes Thema, in Russland kaum beachtet: Joachim Gauck, deutscher Bundespräsident, boykottiert die Olympischen Winterspiele 2014. Die Absage des 73-Jährigen sei eine Kritik an den "Menschenrechtsverletzungen und der Drangsalierung der Opposition" in Russland, so das Nachrichtenmagazin der „Spiegel“. Damit verschiebt sich der eigentlich fällige Antrittsbesuch des Bundespräsidenten weiter. Seit März 2012 ist Gauck im Amt, eine offizielle Amtsreise nach Russland gab es bisher nicht. Aus russischen Kreisen wird dem deutschen Staatsoberhaupt daher politische Dummheit und Dickköpfigkeit vorgeworfen. Der Bundespräsident lässt sich angeblich von persönlichen Motiven leiten. Gaucks Vater hatte in einem sowjetischen Straflager in Haft gesessen.

Gauck erntet Zustimmung und Kritik

Die Reaktionen auf Gaucks Boykott könnten unterschiedlicher nicht sein. Auf der einen Seite wird der Bundespräsident für ein klares und mutiges Zeichen in Richtung Russland gelobt. Auf der anderen Seite werden ihm politisches Unvermögen und Selbstinszenierung vorgeworfen, auch Angela Merkel zeigte sich nicht erfreut. Dennoch: Mittlerweile haben sich weitere Politiker dem Boykott angeschlossen, so auch die EU-Justizkommissarin Viviane Reding: „Ich werde sicherlich nicht nach Sotschi reisen, solange Minderheiten weiter so von der russischen Regierung behandelt werden.“

Die Franzosen schlagen diplomatischere Töne an, die Botschaft bleibt jedoch eindeutig. „Es sei nicht vorgesehen, dass hohe Vertreter des Staates anlässlich des Sportereignisses nach Russland reisen“, so der französische Außenminister Laurent Fabius. Damit boykottiert Frankreichs gesamte politische Spitze die Spiele in Sotschi.

Die Korruption in Russland blüht – Investoren mit Geldproblemen

Mit rund 40,6 Milliarden Euro sind die Kosten für die Wettkämpfe bereits höher als die Ausgaben für alle 21 vorangegangenen Winterspiele zusammengenommen. Die Opposition sieht die grassierende Korruption in Russland als Hauptgrund der ausufernden Ausgaben. Knapp die Hälfte der 40 Milliarden soll in eigene Taschen gewandert sein.

Der Großteil der privaten Investoren steht bereits jetzt vor einem Schuldenberg. Sie können Kredite in Gesamthöhe von umgerechnet 5,5 Milliarden Euro bei der Staatsbank VEB nicht tilgen und fordern aus diesem Grund staatliche Hilfe. Noch problematischer wird es unmittelbar nach den Winterspielen. Können die Betreiber der Hotel-und Sportanlagen ihre Kosten nicht decken, dann muss der Staat für die Schulden aufkommen.

Die Show mit der Fackel

Das olympische Feuer ist seit jeher ein Symbol für die Wettkämpfe. Der Fackellauf wird „erst“ seit 1936 durchgeführt. Ungeachtet des traditionellen Charakters versuchen die jeweiligen Organisatoren der Spiele den Lauf mit einem Highlight zu krönen. Der russischen Regierung scheint ein Höhepunkt allerdings nicht genug. Das Resultat ist der aufwendigste und bis dato auch der außergewöhnlichste Fackellauf in der olympischen Geschichte. Innerhalb von 123 Tagen wird die olympische Fackel eine Strecke von 65 000 Kilometern in den Händen von 14 000 Fackelträgern zurücklegen, bis sie schließlich am 7. Februar das Olympiastadion in Sotschi erreicht.

Noch nie hat eine Fackel buchstäblich so viele Höhen und Tiefen erlebt. Mit einem Atomeisbrecher wurde das olympische Feuer am 20. Oktober von der Hafenstadt Murmansk in einer viertägigen Reise an den 5.000 Kilometer entfernten Nordpol gebracht. Bereits wenige Tage später startete die Fackel am 7. November zur Internationalen Raumstation ISS. Dort wurde sie zum ersten Mal, allerdings nichts brennend, in den freien Weltraum getragen. Eine Steigerung zu 1996 und 2000, als die Fackel nur innerhalb der Raumstation blieb. Am 23. November wurde die nun wieder brennende Fackel auf den Grund des Baikalsees gebracht. In 13 Metern Tiefe führten drei Taucher die symbolische Übergabe durch.

Es lässt sich darüber streiten inwieweit eine solche Show noch mit dem ursprünglichen olympischen Gedanken vereinbar ist. Fakt ist: Selbst die gegenüber Wladimir Putin sonst so kritische russische Opposition ist stolz auf diesen Fackellauf. Keine Spur von Protesten oder Wegblockaden. Geht es um die Darstellung von Macht, dann scheint sich in Russland jedermann einig zu sein.

 

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