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Nur Schmerzen zählen

  • Dr. med. Markus Klingenberg
No pain, no gain. Keine Schmerzen, kein Leistungszuwachs. Zu den weit verbreiteten Fitnessmythen zählt, dass man ohne Schmerzen keinen Fortschritt im Training erreicht. Diese Ansicht ist aber weder richtig, noch gesund.

Es gibt einige Sprüche für Sportler, die man getrost aus dem Gedächtnis verbannen kann. Dazu gehören zweifelhafte Weisheiten wie „no pain, no gain“ oder „Schmerz ist Schwäche, die den Körper verlässt“. Beide Weisheiten möchten einem vorgaukeln, dass Leistungszuwachs nur in Verbindung mit körperlicher Pein möglich ist. Doch das ist ebenso falsch wie gefährlich.

„Schmerzen sind beim Sport nie etwas Gutes“, sagt Sportmediziner Dr. Markus Klingenberg. „Eher das Gegenteil ist der Fall. Schmerzen deuten grundsätzlich auf eine Überbelastung oder sogar auf eine Verletzung hin. Und wenn man trotz Verletzung weiter trainiert, oder sein Pensum sogar noch einmal steigert, riskiert man eine Verschlechterung.“

 

Markige Werbe-Sprüche

Die Phrase „no pain, no gain” geht auf den Anfang der 80er Jahre zurüc, als Fitness-Queen Jane Fonda ihre Aerobic-Videos mit martialischen Sprüchen wie „feel the burn“ (spür, wie es brennt) oder eben dem no pain-Slogan vermarktet hat. In der Fitness- und Bodybuilder-Szene wurden diese markigen Sprüche auf das eigene Training übertragen. Mit zweifelhaftem Erfolg.

„Trainiert man beispielsweise mit einem Muskelkater, riskiert man, dass die Mikrorisse in der Muskulatur sich vergrößern und die Probleme größer werden“, erklärt Dr. Klingenberg. Und auch sonst sind Schmerzen eher ein Signal des Körpers, eine Pause einzulegen.

Schmerzen können beim Sport auf verschiedene Weise entstehen. Etwa durch den schon erwähnten Muskelkater, durch Verletzungen, oder durch Anpassungsschmerz.

Kein Sport mit Schmerzen


„Um eine Verletzung nicht zu verschlimmern, sollte man sofort mit dem Sport aufhören“, sagt Dr. Klingenberg. Dabei spielt es keine Rolle, ob es eine Zerrung, eine Prellung oder ein Bänderriss ist. Bei einer Überlastung ist der Muskel erschöpft. Trainiert man dennoch weiter, ist das Training kontraproduktiv: Die Regenerationszeit verlängert sich und man riskiert im schlimmsten Fall eine schwerwiegendere Verletzung.

Auch beim Dehnen muss man vorsichtig sein. Schmerz heißt hier nicht, dass das Stretching effektiver wird, sondern dass man dem Gelenk zu viel zumutet. Beim Dehnen sollte man die Gelenke nur so weit strecken, bis ein leichtes Ziehen auftritt und in keinem Fall weiter. Ansonsten überdehnt man das Gelenk und riskiert eine Instabilität.

Einzig beim so genannten Anpassungsschmerz muss man sein Trainingspensum nicht zwangsläufig reduzieren. Diese Form von Schmerzen entsteht überwiegend bei Sport-Anfängern, wenn Gelenke und Bänder sich der ungewohnten Belastung anpassen. „Der Anpassungsschmerz tritt meistens einen Tag nach der Belastung auf und dauert 3-4 Tage an“, erklärt der Sportmediziner. Auch beim Kraft- oder Sprinttraining kann man nach einer Anpassungsphase bewusst eine Muskelschädigung in Kauf nehmen, um das Training effektiver zu gestalten. Und die tut nun eben manchmal weh - aber es sollte alles im Rahmen bleiben. „Sofern sich die Schmerzen nicht verschlimmern, kann man weiterhin Sport treiben. Allerdings muss man schon aufpassen und eine Pause einlegen, falls die Beschwerden größer werden“, empfiehlt Dr. Klingenberg.

Das Motto „No pain, no gain“ mag vielleicht für Jane Fonda gegolten haben, heute ist diese Fitness-Weisheit in jedem Fall veraltet.

Christian Riedel

Details

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  • Star Vita: Dr. med. Markus Klingenberg arbeitet und als Arzt mit den Schwerpunkten Sport- und Ernährungsmedizin und Personal Trainer in Bonn und in der Sportorthopädie der Klinik-am-Ring in Köln. Mehrmals pro Jahr arbeitet er zudem als Tauchmediziner im indischen Ozean. Seine Schwerpunkte umfassen ein Personal Training, Ernährungs-Coaching, und die Leistungsdiagnostik. Als ehemaliger Leistungssportler kombiniert Dr. med. Markus Klingenberg sein Wissen als Sportmediziner und Personal Trainer, um für seine Kunden nachhaltig erfolgreiche individuelle Konzepte zu entwickeln und umzusetzen.
  • Star Erfolge: Arzt, Sportmediziner, Notarzt

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