Interview mit Reinhold Messner - Alle Diskussionen sind lächerlich picture alliance, Südwest Verlag

Interview mit Reinhold Messner - Alle Diskussionen sind lächerlich

  • Derk Hoberg
Vor einigen Tagen lief Joseph Vilsmaiers Film "Nanga Parbat" in den Kinos an. Die Tragödie um Reinhold Messners Bruder Günther wird darin geschildert. Wir sprachen mit Reinhold Messner über die Hintergründe und stellen zwei Bücher zum Thema vor.

netzathleten: Herr Messner, Der Film Nanga Parbat ist vor kurzem unter großem Medienecho gestartet. Erzählen Sie uns etwas über diesen Berg. Was zeichnet den Nanga Parbat aus? Warum ist er so faszinierend?
Reinhold Messner: Es ist seine Ersteigungsgeschichte, die ihn so faszinierend macht. Zudem ist die berühmte Rupalwand, also die Südwand des Berges, mit 4.500 Metern Höhe die höchste Fels- und Eiswand der Welt.

netzathleten: Wie sehr haben Sie mit dem Schauspieler, der Sie in dem Film spielt, zusammengearbeitet. Haben Sie ihm gesagt wie er in bestimmten Situationen handeln muss, um möglichst authentisch zu sein?
Reinhold Messner: Meine Aufgaben war die bergsteigerische Beratung, Drehorte auszusuchen, die Ausrüstung und die Sicherheit aller Beteiligten. Natürlich habe ich den Schauspielern auch die Stimmung und die Lage von damals geschildert.


netzathleten: Wollten Sie damit nochmals Ihre Sicht der Dinge verdeutlichen?
Reinhold Messner: Nein. Mein Buch „Die rote Rakete am Nanga Parbat“ sagt alles. Der Fund der Leiche meines Bruders Günther im Jahr 2005 beweist, dass meine Widersacher gelogen haben.


netzathleten: Stellen das Buch und der Film für Sie in gewisser Weise einen Abschluss mit der teilweise kontroversen Diskussion um den tragischen Tod Ihres Bruders dar?
Reinhold Messner: Alle Diskussionen seit dem Fund der Leiche sind ehrlich gesagt lächerlich…



netzathleten: Was machen Sie jetzt, welche Projekte stehen in naher Zukunft an?
Reinhold Messner: Ich werde viel reisen. Dieses Jahr geht es nach Namibia, an den Amazonas und in den Himalaya. Meine Hauptaufgabe sehe ich derzeit in der Ausgestaltung des letzten von fünf Bergmuseen, der Messner Mountain Museen (MMM). In Schloss Bruneck in Südtirol entsteht derzeit das MMM Ripa. (Anm. d. Red.: Dem Berg und dessen Kultur hat Reinhold Messner ein Museumsprojekt mit fünf ungewöhnlichen Standorten in den Alpen gewidmet.)


netzathleten: Sie haben mal gesagt, Sie hätten Stoff für mindestens drei weitere Filme… wie sähen diese aus? Worum ginge es?
Reinhold Messner: Ich bin nur in der Auseinandersetzung von Mensch und Wildnis erfahren. Dazu gäbe es aber noch einiges zu erzählen. Sowohl in Büchern, als eben auch in Filmen. Mein bisheriges Leben gibt die Themen sozusagen vor.


netzathleten: Welche Ihrer Expeditionen sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Reinhold Messner: Zu allererst natürlich die Tragödie am Nanga Parbat. Ich glaube, das wird auch in den Büchern und im Film deutlich. Dann die Besteigung des Kangchendzönga, dem dritthöchsten Berg der Welt, 1982. Auch die „Grönland-Traverse“, insgesamt 2.200 Kilometer Laufstrecke und die Durchquerung der Wüste Gobi (2.000km, Anm. d. Red.) im Alleingang beschäftigen mich noch. Auch die Expedition in die Sahara mit meinem Sohn Simon war ein tolles Erlebnis.


netzathleten: Wann denken Sie ans Aufhören mit extremen Expeditionen?
Reinhold Messner: Meine Expeditionen finden ja nicht mehr im Grenzbereich statt. In Zukunft gilt es also weniger Gipfel zu erreichen. Vielmehr geht es darum, Bilder für die Leinwand zu bannen.


netzathleten: Sie sind sicherlich ein Vorbild für viele. Aber haben Sie eigentlich Vorbilder? Wenn ja warum genau diese Person?
Reinhold Messner: Paul Preuß (1886-1913, Anm. d. Red.), ein Wiener Jude. Er war der Philosoph unter den Kletterern. Er ist noch heute berühmt für seine Leitsprüche.


netzathleten: Was empfinden Sie als Bergsteiger, wenn Sie an den Klimawandel denken? Gerade in den Bergen werden die Folgen besonders deutlich…
Reinhold Messner: Die Felsen verwittern, das Eis der Gletscher schmilzt. Wir werden uns anpassen müssen! Gegensteuern können wir nur in den Ballungsräumen, in den Bergen üben wir den Verzicht. Ich lebe mit meiner Familie CO?-Neutral. Aber beinahe 7 Milliarden Menschen auf der Welt sind schon zu viel. Zudem fällt uns allen das Verändern von liebgewonnenen und energieintensiven Gewohnheiten zu schwer. Ich glaube nicht, dass die Politik die Probleme lösen kann. Vielleicht kann es die Technologie.
netzathleten: Hoffen wir das Beste. Vielen Dank für das Gespräch Herr Messner und viel Erfolg bei Ihren weiteren Projekten.

Das Interview führten Derk Hoberg und Nils Borgstedt


Die Messner-Brüder am Nanga Parbat

Das offizielle Buch zum Film von Joseph Vilsmaier.

40 Jahre nach der Tragödie am „Schicksalsberg“ erscheint der Film über die Brüder Günther und Reinhold Messner und deren spektakuläre Überschreitung des Nanga Parbat im Jahre 1970 – von der nur ein Bruder zurück kehrte: Reinhold Messner. Erstmals werden im Kinofilm von Joseph Vilsmaier die dramatischen Ereignisse am Berg in beeindruckenden Bildern hautnah erzählt.

Das Buch zum Film beleuchtet die Geschichte des Berges Nanga Parbat mit historischen (Bild-) Dokumenten, zeigt das Original-Drehbuch mit vielen Bildern aus dem Film sowie Hintergrundberichte und Fotomaterial zum Making Of.

Informationen zum Buch:
Verlag: Südwest

Ralf-Peter Märtin (HG)
160 Seiten, 150 Farbfortos
Preis: € 14,95 [D], € 15,40 [A], CHF 27,50 (UVP)
ISBN: 978-3-517-08622-4

 

Die rote Rakete am Nanga Parbat

Das Schlüsselwerk zum Tod von Günther Messner am Nanga Parbat.
Am Schicksalsberg Nanga Parbat verlor Reinhold Messner seinen Bruder Günther. Jetzt kommt die aufwendige Verfilmung der Tragödie in die Kinos – und Messners ureigenes, bewegend-authentisches Schlüsselwerk liegt – mit neuem Vorwort und um etliche Fotos ergänzt – wieder vor.

Am 27. Juni 1970 gelingt den Südtiroler Brüdern Reinhold und Günther Messner erstmals die Durchsteigung der Rupalflanke am Nanga Parbat. Doch der Abstieg über die andere Seite ins Diamirtal endet tragisch mit Günthers Lawinentod. Auf Betreiben des Expeditionsleiters werden die wahren Umstände der Katastrophe unterschlagen. Reinhold Messners eigene Darstellung der dramatischen Odyssee, eigenwillig wie ein Drehbuch geschrieben, wird verboten; er selbst zum Ziel jahrzehntelanger Rufmordkampagnen, den jüngeren Bruder seinem Ehrgeiz geopfert zu haben. Erst jetzt, vierzig Jahre danach, ist sein lange vergriffenes, bis heute hoch gehandeltes erstes Buch zum Geschehen am »nackten Berg« wieder erhältlich.

Informationen zum Buch:
Verlag: Malik

Reinhold Messner
304 Seiten – insg. 221 Abbildungen
Preis: € 19.95 (D) / € 20.60 (A)/ sFr 34.90
ISBN: 9783890293738

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