Welchen Einfluss hat Musik auf die sportliche Leistungsfähigkeit? istockphoto.com/Rich Vintage

Welchen Einfluss hat Musik auf die sportliche Leistungsfähigkeit?

  • Marco Heibel
Viele Sportler können sich ein Training ohne Musik nicht mehr vorstellen. Dabei machen sich wahrscheinlich die wenigsten Gedanken über die genaue Zusammenstellung und die Reihenfolge der Songs. Dabei hat beides einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Leistung, wie eine britische Studie ergab.

Die meisten von Euch erstellen sich für den Sport wahrscheinlich eine Playlist mit ihren Lieblingssongs. Das ist schon einmal gut, denn eine Forschergruppe der Brunel University in London hat herausgefunden, dass Musik leistungsfördernd ist, wenn sie bei uns positive Emotionen hervorruft und Bilder vor dem inneren Auge weckt. Doch darüber hinaus gibt es noch einiges mehr, was man über Musik beim Sport wissen sollte.

Studie: Marathonläufer erreicht Zielzeit mit modifizierter Playlist


Unsere Emotionen können wir nicht ausblenden. Ein nervöser Marathon-Teilnehmer bleibt auch mit Musik ein nervöser Marathon-Teilnehmer. Doch er kann seine Nervosität zumindest durch ablenkende, ruhige Musik – im Fachjargon dissoziative Musik – auf den ersten Kilometern eindämmen und so möglicherweise verhindern, dass er den Lauf zu schnell angeht. Dies ergab eine Studie der Brunel University, bei der die Forscher einen Marathonläufer (Pseudonym: Joe) unter ihre Fittiche nahmen.

Joe hatte bereits mehrfach einen Marathon im Bereich von 3 Stunden gefinisht, zu seiner angepeilten Zeit von 2:45 Stunden hat es jedoch trotz mehrerer Anläufe nie gereicht. Eine Analyse der Zwischenzeiten seines letzten Starts ergab, dass er die ersten 10 Kilometer sehr schnell angegangen war und hinten heraus deutlich an Tempo eingebüßt hatte.



Dann folgte eine Analyse seiner Playlist. Joe hatte 26 ruhigere Lieder auf seinen MP3-Player geladen, die in zufälliger Reihenfolge abgespielt wurden. Die Wissenschaftler ließen Joe nun jedes einzelne dieser Lieder auf einer Skala, dem so genannten Affect Grid, nach seinen emotionalen Reaktionen wie Stress, Entspannung oder angenehmen Empfindungen bewerten. Anhand dieser Ergebnisse stellten ihm die Forscher der Brunel University eine Playlist für seinen nächsten Marathon zusammen. Lieder, bei denen er keine besondere Gefühlsregung zeigte, wurden an den Anfang der Playlist verschoben. Dann folgten Titel, die Joe pushten. Nachdem alle 26 Lieder in ihrer Reihenfolge überarbeitet waren, glich das Ergebnis einer Achterbahn aus entspannender und anregender Musik – mit dem Resultat, dass Joe es bei seinem nächsten Marathon etwas langsamer angehen ließ, nach Kilometer 30 nicht mehr einbrach und sein Ziel von 2:45 Stunden erreichen konnte.


Das Modell Joe lässt sich leider nicht 1:1 auf jeden Sportler übertragen. Je nach Typ und Sportart variiert natürlich die Zusammenstellung der Playlist. Joe‘s Beispiel zeigt jedoch, dass Musik dabei helfen kann, unsere Aufmerksamkeit zu steuern. Musik erzeugt Emotionen, und Emotionen beeinflussen die Reaktion unseres Körpers. Auch die Lautstärke und die beats per minute spielen hierbei natürlich eine Rolle.

Dabei gilt es jedoch, verschiedene Situationen zu unterscheiden. Die Brunel University gibt verschiedene Empfehlungen. Hierbei unterscheiden die Wissenschaftler zwischen assoziativem Denken (Konzentration auf Atmung, Technik oder Gegner) bzw. dissoziativem Denken (weniger leistungsbezogen; abschweifende Gedanken). Bevor man seine Titelliste zusammenstellt, sollte man daher individuell für sich ausmachen, wie man auf den Song XY anspringt und welche Emotionen er weckt.

Trainingsform bestimmt Playlist


Die von der Brunel University ausgegebenen Empfehlungen beziehen sich allein auf Trainingseinheiten und Wettkämpfe für Läufer. Fast jeder wird jedoch Parallelen zu seiner eigenen Sportart finden.

Kurz zusammengefasst, kann man sagen: Je höher das Tempo, desto mehr Beats und desto lauter darf die Musik sein. Sprinter haben es da am einfachsten: Wer Gas geben will, sollte nur Lieder auswählen, die ihn pushen. Bei Intervallen ist kontrollierte Offensive angesagt. Wer sich im Vorhinein klar ist, wie lange die Tempo- und Ruhephasen dauern, sollte seine Playlist danach ausrichten. Pop-Balladen wären vielleicht nicht die richtige Wahl für eine Tempopassage, ebenso wenig wie Metal in den Ruhephasen dabei hilft, herunterzufahren.

Bei harten Trainingseinheiten oder Wettkämpfen von mittlerer Dauer empfehlen die Forscher ein Verhältnis von 80:20 zwischen anregender und eher entspannender Musik. Bei allem, was sich jenseits einer Stunde bewegt, wird zu einem Verhältnis von 50:50 (siehe Joe) geraten.

Persönliche Empfindungen dominieren Stil


Musikgeschmäcker sind natürlich verschieden. Dementsprechend kann nur jeder für sich selbst entscheiden, was ihn antreibt. Schließlich verbinden wir mit vielen Liedern Erinnerungen an einem bestimmten Moment aus unserem Leben. Und wenn es nur eine Sequenz aus einem Musikvideo oder eine bestimmte Filmmusik ist, die einen inspiriert.

Marco Heibel

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