Geduldsprobe Martina Ertl
Die Kolumne von Martina Ertl

Geduldsprobe

  • Martina Ertl
Die Goldmedaille nahm Vinzenz Geiger mit gemischten Gefühlen entgegen. Im Moment seines größten sportlichen Erfolgs kamen ihm nur in beschränktem Maß Emotionen. Zu sehr war er offensichtlich in Gedanken bei denen, die an diesem Wettkampf nicht teilnehmen durften.
Der Dominator Riiber und seine starken Mannschaftskameraden Frenzel und Weber. Vor allem mit Verweis auf Eric Frenzel, dem dreifachen Olympiasieger, der in dieser Saison eine starke Performance abgab und wohl auch mit um die Medaillen hätte kämpfen können, verbat sich der Oberstdorfer Jubelszenen, so wie es Fußballer manchmal machen, die gegen ihren alten Verein ein Tor schießen und statt zu jubeln nur den Finger auf den Mund legen, um alle Beteiligten zum Schweigen anzuhalten.

Das Isolationsdrama um Eric Frenzel und Terence Weber beschäftigt alle; sie werden mit Essrobotern versorgt, bekommen keinen Menschen zu sehen und halten sich im Hotelzimmer fit mit Jogging, Ergometer fahren und Sprungsimulationen. Was für eine gespenstische Vorstellung! Welche Disziplin, welche Motivation ist nötig, um für sich allein unter solchen Bedingungen zu arbeiten. Wieviel Trauer und Frust liegen in den Worten des Olympiasiegers Frenzel, wenn er mit leiser Stimme über Videobotschaften mitteilt, dass er jetzt endlich „raus“ will.

Abseits der Pisten und Schanzen ereignet sich ein Drama, das seinesgleichen sucht und das in seinen einzelnen Aspekten unmittelbar zu einer kritischen Kommentierung führt. Würden die Olympischen Spiele gerade in Europa stattfinden, wäre Frenzel bereits wieder am Trainieren. Stattdessen gilt die chinesische Werte-Skala zum Freitesten und das misslingt den beiden Deutschen immer noch.
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In diese Situation platzt nun die Goldmedaille von Vinzenz Geiger, die Weber und Frenzel in ihren „Zellen“ mitfeierten.

Bundestrainer Weinbuch durchlebt derzeit alle Gefühle, die ein solches Amt mit sich führen kann und schaut auf die nächsten beiden Wettkampfstationen. Was kommen wird, weiß keiner.

Gelassenheit und Geduld fallen von Tag zu Tag schwerer.

Mit vielen Grüßen
Martina Ertl

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