Sportler greifen häufiger zu Antidepressiva Shutterstock.com/Jonathan Larsen

Sportler greifen häufiger zu Antidepressiva

  • Jörg Birkel
Depressionen bei Sportlern sind kein Einzelfall und nehmen in den letzten Jahren deutlich zu. So hat sich die Zahl der Sportler, bei denen in der Dopingprobe Antidepressiva festgestellt wurden, zwischen 2006 und 2008 verdreifacht. Besonders Ausdauersportler sind betroffen.

Sport soll ja angeblich glücklich machen. Doch gerade bei Ausdauerathleten scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein. Zumindest immer mehr Leistungssportler greifen zu Antidepressiva. Laut einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln hat sich die Zahl der Dopingproben, in denen Spuren von Antidepressiva gefunden wurden, zwischen 2006 und 2008 verdreifacht. „Wir haben in diesem Zeitraum einen auffälligen Anstieg festgestellt, der über der Gesamtbevölkerung liegt“, sagte Professor Wilhelm Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule gegenüber der Apothekenumschau.

Noch dramatischer fallen die Zahlen ins Gewicht, wenn man die letzten 10 Jahre betrachtet. Von den 11.500 getesteten Athleten wurden bei 73 Sportlern Antidepressiva festgestellt. 1999 waren es 8 von 7.600. Der Anteil an Sportlern war 2008 also rund sechsmal so hoch.

Besonders häufig werden Antidepressiva bei Ausdauersportlern gefunden. Die Kölner Sportwissenschaftler schreiben diesen einen „erheblichen und regelmäßigen Gebrauch von Antidepressiva“ zu. Bei Radsportlern beispielsweise war die Zahl der Funde dreimal so hoch wie bei Mannschaftssportarten.

Der Leistungsdruck nimmt zu


Dass die Zahl der Antidepressiva so stark zunimmt, führen die Sportwissenschaftler auf den gestiegenen Leistungsdruck und die permanente Medienpräsenz zurück, dem Spitzensportler ständig ausgesetzt sind. „Immer mehr Sportler können den mentalen Druck nicht verarbeiten und greifen daher zu Antidepressiva“, vermutet der Kölner Professor Mario Thevis. Dazu passt auch eine Studie der Universität Tübingen. Bei dieser Untersuchung gab bereits jeder zweite Athlet an, sich durch die hohen Anforderungen immer häufiger kraftlos und ausgebrannt zu fühlen.

Obwohl die Zahl der Antidepressiva-Funde deutlich steigt, bleibt die Frage, ob das ein sportspezifisches oder ein gesellschaftliches Problem ist. Denn auch in der Arbeitswelt nimmt die Zahl der Depressionen in der Bevölkerung zu. „Dass Sportler unter ihrer außergewöhnlichen Belastung häufiger zu Antidepressiva greifen als der Rest der Bevölkerung, können wir noch nicht sagen“, sagt Wilhelm Schänzer. Dazu müssen zunächst weitere Studien durchgeführt werden. Auffällig ist nur, dass seit zehn Jahren in der Bevölkerung immer häufiger Antidepressiva verschrieben werden. Bei Sportlern nimmt die Zahl der Antidepressiva-Funde erst seit 2006 sprunghaft zu.

Christian Riedel

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