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Glücksmomente - Eric Frenzels Kolumne

  • Eric Frenzel
Mit einer spektakulären Aufholjagd hat sich Eric Frenzel auch bei der dritten Ausgabe des Nordic Combined Triple den Titel geholt und jedes Einzelrennen für sich entscheiden können. In seiner heutigen Kolumne schildert er seine Eindrücke. Emotional.
Ich sitze in meinem Hotelzimmer und weiß gar nicht, mit welchen Worten ich meine Kolumne beginnen soll.  Soll ich kommentieren, dass ich nun das Nordic Combined Triple in Seefeld zum dritten Mal gewonnen habe und dabei alle neun Einzelwettkämpfe, die es je bei diesem Wettbewerb gab, gewinnen konnte? Soll ich schreiben, was man fühlt, wenn einem bei einem so bedeutenden Wettkampf ein Sturz widerfährt oder wie es ist, mit einigen Prellungen in einen Lauf zu gehen, in dem der Führende 56 Sekunden Vorsprung hat und zudem als extrem guter Läufer gilt?

Ich schaue nach draußen durch das Hotelfenster auf das Schneetreiben und denke, dass dieses letzte Rennen des diesjährigen Triple-Wettbewerbs eines der drei Rennen sein wird, von denen ich nach meiner Karriere sagen werde, dass sie die wichtigsten gewesen sind. Die Ausgangssituation war nicht gut. Nach meinem Sturz beim Springen, musste ich mit 56 Sekunden Rückstand auf Akito Watabe in die Loipe. Akito ist ein hervorragender Athlet in der Loipe und die Wahrscheinlichkeit, dass ich meinen dritten Triple-Titel in Folge verpasse, war sehr hoch. Zum Start herrschte dickes Schneetreiben, was die Sache für den an der Spitze laufenden Athleten nicht einfach macht. Dies inspirierte mein Team zu den wildesten mathematischen Spielereien, wie viele Sekunden pro Runde, wie viele Sekunden pro Anstieg ich zu kompensieren hätte, um doch noch zu gewinnen. Ich beteiligte mich an diesen Gedankenspielen nicht, aber tief in mir war der unbändige Wille, es zumindest zu versuchen.
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Ich ging mit einer hohen Frequenz ins Rennen und wurde ständig informiert, welchen Rückstand ich hatte – ich konnte konsequent den Rückstand verringern, aber nicht genug verringern. Dann stürzte Akito beim Laufen, wahrscheinlich auf Grund des neuen Schnees am Rand. Dieser  Sturz kostete ihn nur 5-6 Sekunden, für mich war die Nachricht aber Adrenalin pur. Ich setzte nochmals die Geschwindigkeit hoch, erhielt zeitgleich die Information von unseren Streckenposten, dass Akito sich schwer tun würde. Dann konnte ich ihn endlich vor mir sehen. In diesem Moment sind mir echte Flügel gewachsen und im Nachhinein war es einer dieser unglaublichen Momente im Sport, in denen der Athlet nur noch durch den Willen getrieben wird, es zu schaffen. Akito wehrte sich nicht mehr  und ließ mich vorbei.

Auf der Strecke in dem Bewusstsein, dass es gelingen wird und auch jetzt allein in meinem kleinen Hotelzimmer liegt trotz aller Erschöpfung das Sportlerglück.

Herzlichst,
Eric

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