Basketball in Deutschland - Engtime statt Hangtime pixelio.de/andreas christians; Hält genug Plaätze bereit - die EWE-Arena in Oldenburg

Basketball in Deutschland - Engtime statt Hangtime

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In manchen Basketballspielstätten Deutschlands herrscht ein Problem. Die Hallensituation sorgt für Kopfzerbrechen. In Hagen, Paderborn und Ulm muss sich etwas ändern, damit der Profisport strukturell am Leben bleibt.

Am 15. Oktober lief in den deutschen Kinos der Streifen "Hangtime - Kein leichtes Spiel" an. Darin wirken einige der Profis von Phoenix Hagen mit und zeigen, dass auch hierzulande guter Basketball gespielt wird.

Was aber im Film gezeigt wird, entspricht weniger der Realität. Gemeint ist dabei nicht die Art und Weise, wie die Feuervögel auf dem Platz auftreten, dem Gegner die Leviten lesen oder um wichtige Punkte in der Liga kämpfen.

Am 11.10.2009 fand die erste Bewährungsprobe in der Heimhalle in Hagen statt. 3.035 Zuschauer strömten in die Phoenix-Halle in der Färberstraße. Die während der Sommerpause umgebaute Tennishalle inmitten eines in die Jahre gekommenen Industrieareals kann zwar nicht die Geschichten erzählen wie zum Beispiel die Sporthalle Ost der Giessen 46ers oder eben die altehrwürdige Ischelandhalle, die ehemalige Heimstätte von Brandt Hagen. Trotzdem wirkt das Gebäude in dieser Spielzeit als Übergangslösung der Hagener Basketballer. Derzeit wird die Ischelandhalle auf das erforderliche Beko-BBL-Fassungsvermögen von 3.000 Zuschauerplätzen ausgebaut. Nächstes Jahr könnten die Feuervögel dann dort ihr Nest beziehen.

Dass die Hallensituation des Aufsteigers dieses Spieljahr als Provisorium herhalten muss, müssen die Fans noch 16 Heimspiele lang aushalten. Bei der Premiere gegen Paderborn (79:85) herrschte weniger auf dem Parkett Chaos, sondern vielmehr seitens der zahlenden Zuschauer.

Wie beispielsweise die Westfälische Post ausführlich erklärt, war es für viele der Anwesenden schwierig, das gesamte Spiel über selbiges zu verfolgen. "Sowohl auf der Stehplatztribüne als auch auf den gegenüberliegenden Plätzen traten erhebliche Sichtprobleme auf", heißt es im Artikel von Axel Gaiser. Es gäbe noch einiges zu tun, um die provisorische Halle auch für die Zuschauer erstligareif umzubauen bzw. auszustatten. Neben den erforderlichen Fluchtwegen und Sicherheitsmaßnahmen sollten die Fans aber vor allem auch in den Genuss des Spiels kommen - ohne ständig stehen zu müssen, obwohl sie für einen Sitzplatz gezahlt haben.


Das Fanblog "Hayphoenix" übt schärfere Kritik: "Injoy [der Name des Fitnesskomplexes; Anm. d. R.] wird zum Engjoy für 3.035 Fans, trotz geplanter Architektur wird jeder Blick zum Feld ein Köpfemanöver, selbst auf den Sitzplätzen. [...] Zehenspitzensicht, minderjähriges Rumzicken, platzreservierende Rentner und discogeplagte Jungordner erschwerten den neuen Standort..." Zudem steht auf der Seite des Blogs ein Foto mit dem Stoßgebet: Halt durch bis Mai. Darauf zu sehen ist eine Innenansicht der Halle.

Angesichts solcher Meldungen offenbart sich die Divergenz der 18 Bundesligisten. Die Hallenfrage legt zum Teil auch die finanziellen Spielräume der Clubs frei. 2007/08 bestritt Science City Jena mit einem Riesenzelt sein einjähriges BBL-Gastspiel. Weil die Sporthalle im Plattenbaugebiet Jena Lobeda-West nicht erstligatauglich war, mussten die Aufsteiger aus dem Osten kurzfristig ein Riesenzelt samt Parkett und Zuschauertraversen für insgesamt 3.000 Fans aufstellen. Apropos Parkett: In der Phoenix-Halle dient der ehemalige Boden der Union Baskets Schwelm als Spielbelag. Der Verein stieg 2004/05 ab und erklärte daraufhin seine Rückzug vom Profisport.

Ist das etwa die Krux der fortschreitenden Professionalisierung im bezahlten Sport? Oder vielleicht der Nachteil des europäischen Ligensystems mit Auf- und Absteigern? Die Strukturen unterklassiger Teams, die aufgrund sportlichen Erfolgs die Spielklassenleiter empor klettern, können nur schwerlich mit den Standards mithalten. Und wenn, dann müssen sie tief in die Tasche greifen, um auch in puncto Infrastruktur auf dem gleichen Niveau wie die Konkurrenz auftreten zu können.

In Ulm zeigte sich Anfang Oktober dieses Jahres ebenfalls diese Ambilvanz. In einer Pressemitteilung hieß es dort: "Ulmer Basketball vor dem Aus". Der Grund: Die Anforderungen der Beko BBL werden ab der Saison 2011/12 verschärft. Konkret: "Ab der Saison 2011/12 sind Sitzplatz-Tribünen auf allen vier Seiten des Spielfeldes ein Muss. [...] Desweiteren sind Deckenkörbe nicht mehr erlaubt, bzw. muss die Linierung auf dem Spielfeld einheitlich sein." Weiterhin wird ein offizielles Schreiben der Liga zitiert: „Die Vereine Ulm und Paderborn benötigen spätestens in zwei Jahren eine neue, oder umgebaute Spielhalle.“ Das heißt im Klartext: "Wenn bis Mitte 2011 keine neue Spielstätte zur Verfügung steht, ist das Ende des letzten Ulmer Erstligateams beschlossene Sache."

Mein Kollege Joshua Wiedmann wies jüngst in seinem Blog-Eintrag "Ultimatum an Ulm" auf diese Maßnahme hin. Bleibt zu hoffen, dass dennoch Lösungen für diese Probleme gefunden werden, damit die Liebe zum Spiel nicht darunter leiden muss und die Zuschauer weiterhin in den Genuss ihres Sports kommen. Denn sie sind immer noch der Motor, der das System am Laufen hält. Auch und vor allem in den Traditionsstandorten des deutschen Basketballs.

Thomas Käckenmeister, crossover-online.de

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