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Noch 100 Tage bis Sotschi – Probleme über Probleme

  • Stefan Schnürle
Der Countdown läuft – noch 100 Tage bis zum Beginn der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi (07.-23. Februar). Wir geben Dir einen Überblick über die Entwicklung vor Ort und den aktuellen Stand der Dinge. Bis zur Eröffnungsfeier müssen die Gastgeber noch einige Probleme lösen.

Beginnen wir mit ein paar positiven Meldungen aus Sotschi. Jean-Claude Killy, Vorsitzender des IOC-Koordinationsausschusses, hat die Organisatoren bei einer ausführlichen Visite der Sportstätten Ende September ausdrücklich gelobt: "Alles ist wirklich hervorragend. Sotschi ist in keiner Hinsicht spät dran." Lediglich einige kleinere organisatorische Dinge seien noch zu erledigen.

Auch das Anti-Homosexuellen-Gesetz soll kein Problem werden. Deshalb hat Russlands Präsident Wladimir Putin vor wenigen Tagen angekündigt, Diskriminierungen gegen Schwule und Lesben nicht zu dulden. "Wir werden alles tun, um sicherzustellen, dass sich Athleten, Fans und Gäste bei den Olympischen Spielen wohlfühlen, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, der Rasse oder der sexuellen Ausrichtung", sagte Putin bei der Eröffnung des neuen zentralen Bahnhofs. Dieser soll während der Spiele als Verkehrsknotenpunkt dienen. Stündlich sollen über ihn 15.000 Passagieren zwischen Flughafen und Sportstätten transferiert werden.

Leider war es das bereits mit den positiven Meldungen zu den Olympischen Spielen in Sotschi.

Führer der Islamisten droht mit Anschlägen


Nach dem Selbstmordanschlag einer Islamistin in Wolgograd, das rund 1000 Kilometer von Sotschi entfernt liegt, ist in Russland eine Sicherheitsdebatte entbrannt. Zuvor hatte der Führer der radikalen Islamisten im Kaukasus, Doku Umarow, seine Anhänger mehrmals zu Angriffen auf die Olympischen Spiele aufgerufen. Dennoch hat Präsident Putin laut dem Internetportal „russland.ru“ nur einen Tag nach dem Anschlag, der sieben Menschen das Leben kostete, sichere Spiele garantiert.

Um das zu gewährleisten, wurden die Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärft. Als Vorbereitung auf die Spiele hat Russlands Nationales Anti-Terror-Komitee FBS zum Beispiel bereits sieben Mal den Ernstfall geprobt. Außerdem plant der Geheimdienst FSB nach Angaben des Geheimdienstexperten Andrej Soldatow die Kommunikation von Athleten und Zuschauern bei den Winterspielen komplett zu überwachen.

Miserable Arbeitsbedingungen: Mann näht sich aus Protest den Mund zu


Russlands Regierung hat Arbeitslose aus dem ganzen Land aufgefordert, bei den Vorbereitungen und beim Ablauf der Spiele zu helfen. Wie das Arbeitsministerium mitteilte, gibt es in Sotschi noch 7000 freie Stellen. Die Regionen seien daher aufgefordert, Arbeitslose über die Jobs zu informieren. Auch Beschäftigte, die Urlaub nehmen könnten, um in Sotschi in ihrer Freizeit zu arbeiten, seien damit angesprochen.


Ob viele Leute den Aufrufen folgen werden, darf angesichts der Arbeitsbedingungen vor Ort bezweifelt werden. Zuletzt hatte sich ein russischer Arbeiter aus Protest gegen die Ausbeutung von Tagelöhnern auf den Olympia-Baustellen sogar den Mund zugenäht. Der Mann hatte ein Plakat dabei, auf dem er seinen seit zwei Monaten ausstehenden Lohn einforderte. Die Polizei nahm ihn kurze Zeit später fest.

Umweltprobleme: Nicht einmal die Müllabfuhr funktioniert


Auch die Umweltzerstörung in Sotschi ist weiterhin ein großes Thema. Einige Umweltschutzorganisationen wie der WWF beklagen die heftige Verschandelung der Natur. Viele Hektar Bäume fielen den Bauarbeiten zum Opfer und das Ökosystem vieler Flüsse wurde und wird nachhaltig zerstört. Außerdem ist die Gefahr von Erdrutschen deutlich gestiegen. Und während der russische Staat Milliarden Euro für die Olympischen Spiele ausgibt, gibt es in Sotschi bisher nicht einmal eine funktionierende Müllabfuhr.

Wird man in Sotschi mehr Palmen oder Schnee sehen?


In Sotschi, das an der Schwarzmeerküste liegt und auch als russischer Palmen-Kurort bekannt ist, drohen die wärmsten Winterspiele aller Zeiten. Dennoch garantieren die Gastgeber für „weiße Spiele“. Sollte es nicht genügend schneien, werden einfach 30.000 Quadratmeter Schnee verteilt, die Russland in den vergangenen Jahren als Notreserve lagerte. Außerdem sind Hunderte Schneekanonen an den Strecken, um den Winter notfalls künstlich in die Subtropen zu bringen. Umweltschutz geht anders.

Viele Dopingsünder vor den Olympischen Spielen


Vor den Spielen muss die russische Anti-Doping-Agentur Rusada gegen besonders viele Betrüger kämpfen. Insgesamt wurden 2013 in den ersten neun Monaten 88 Sportler für verschiedene Vergehen bestraft und in über 80 Fällen steht noch eine Entscheidung aus. Um die Dopingbekämpfung wirksamer als früher zu gestalten, werden mehr als 50 Prozent der Urin- und Bluttests außerhalb von Wettkämpfen durchgeführt.

Kasper zweifelt an guter Stimmung in Sotschi


FIS-Präsident Gian-Franco Kasper befürchtet, dass die Spiele wenig stimmungsvoll werden. Er glaubt, dass die eingeführten großen Zuschauerbeschränkungen negative Auswirkungen haben. Dabei bereitet Kasper besonders die Stimmung der Wettkämpfe im nordischen und alpinen Skibereich Sorgen: „Das ist eine Region, die kaum Sport kennt. Dort gibt es keine Skiklubs. Es wird schwierig sein, Atmosphäre zu schaffen."

Olympische Flamme kurz erloschen


Immerhin wurde gut vier Monate vor der Eröffnungsfeier das Olympische Feuer in Griechenland erfolgreich entfacht und auch der Transfer nach Russland klappte reibungslos. Doch kurz nachdem die fünffache Olympiasiegerin im Synchronschwimmen, Anastassija Dawydowa, die Fackel am Roten Platz entgegennahm, ist die Flamme noch in Moskau erloschen. Fackelträger Schawarsch Karapetjan musste sich deshalb mit einem Feuerzeug helfen lassen. Man kann nur hoffen, dass das kein schlechtes Omen für die Spiele ist.

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