Wen juckt´s – Warum Kratzen jucken verschlimmert thinkstockphotos.de

Wen juckt´s – Warum Kratzen jucken verschlimmert

  • Christian Riedel
Wenn es juckt, soll man sich nicht kratzen. Das hört man immer wieder und eigentlich weiß man es auch selber. Aber stimmt das auch oder und warum sollte man eine juckende Stelle besser in Ruhe lassen?

Eine juckende Stelle zu ignorieren ist in etwas so unmöglich wie bei einer Tafel Schokolade das letzte Stück liegen zu lassen. Entgegen besseren Wissens kratzt man gerne daran herum. Schließlich verschafft man sich dadurch zumindest kurzzeitig eine Erleichterung. Langfristig sollte man aber besser seine Finger von juckenden Stellen lassen. Denn statt Linderung zu erfahren, verschlimmert such das Jucken und man kratzt noch mehr und noch stärker. Doch besser wird es nicht und wer zu stark kratzt, fügt sich leicht offene Wunden zu und öffnet dadurch Keimen die Tür. Aber wie kommt es überhaupt zu dem Teufelskreis aus Jucken und kratzen?

Kratzen hilft gegen einen Juckreiz. Zumindest kurzzeitig. Das haben vergangene Studien bereits gezeigt. Denn der leichte Schmerz, den man sich beim Kratzen zufügt, überlagert den Juckreiz und führt so zu einer kleinen Linderung. Über die Nervenzellen wird ein Schmerzsignal an das Gehirn gesendet, das die Wahrnehmung des Juckens dämpft. Allerdings bleibt die Ursache des Juckens erhalten. Insofern wird es nur kurzzeitig unterdrückt.

Bei der Übertragung von Schmerzreizen spielt der Neurotransmitter Serotonin eine Rolle. Serotonin wird aber auch beim Kratzen im Gehirn freigesetzt. Vor diesem Hintergrund wollten Forscher um Zhou-Feng Chen von der Washington University School of Medicine in St. Louis herausfinden, welche Rolle Serotonin beim Juck-Kratz-Teufelskreis spielt.

Kratzmäuse


Für ihre Untersuchung veränderten die Forscher das Erbgut von Mäusen und unterdrückten so die Serotonin-Produktion. Diese Tiere bekamen nun eine Substanz verabreicht, die im Normalfall einen Juckreiz auslöst. Auffällig war, dass die genetisch veränderten Mäuse sich deutlich weniger kratzten als die normalen Nager. Bekamen die Mäuse aber zusätzlich eine Dosis Serotonin, kratzten sie genau so viel wie die Kontroll-Tiere.

Also folgerten die Forscher, dass der leichte Schmerzreiz durch Kratzen im Gehirn Serotonin freisetzt. Anschließend breitet sich der Botenstoff bis ins Rückenmark aus. „Hier springt er gleichsam auf die falschen Gleise – von den Schmerzleitungen über zu Nervenzellen, die für die Übermittlung von Juckreizen verantwortlich sind", erklärt Chen gegenüber wissenschaft.de. Serotonin kehrt also zum Ursprung des Schmerzes zurück und erzeugt dort ein zusätzliches Jucken. Durch weitere Untersuchungen konnten die Forscher beweisen, dass ihre Theorie zutrifft.

Wenn man kratzt, verstärkt sich das Jucken also. Es bleibt die Frage, was man aus dieser Erkenntnis gewinnen kann, außer dass sich der eine oder andere alleine schon beim Lesen eines Textes über Juckreiz zu kratzen beginnt. Zum einen hat man den Beweis, dass man doch besser die Finger lassen sollte, um den Juckreiz nicht zu vergrößern. Zum anderen könnten die Ergebnisse wichtige Hinweise bei Menschen mit chronischem Juckreiz liefern oder Hilfe leisten bei Krankheiten wie Neurodermitis, bei denen ein Juckreiz zu den Symptomen gehört.

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