Resistente Keime – Antibiotika werden zu Blindgängern thinkstockphotos.de

Resistente Keime – Antibiotika werden zu Blindgängern

  • Christian Riedel
Seit der Entdeckung des Penicillins werden Antibiotika zur Bekämpfung vieler gefährlicher Bakterien erfolgreich eingesetzt. Doch die Wunderwaffe hat an Durchschlagskraft verloren. Immer mehr Erreger wehren sich erfolgreich gegen die Antibiotika.

Antibiotika (griech. „gegen das Leben“) töten Bakterien ab oder verhindern zumindest deren Vermehrung. Das macht die Antibiotika zu einem wichtigen Helfer gegen harmlosere Erkrankungen wie eine Grippe. Aber auch schwere Infektionskrankheiten können dank Antibiotika erfolgreich behandelt werden. Oder konnten es zumindest. Denn immer mehr Ärzte schlagen Alarm, weil einige der Antibiotika keine Wirkung auf die Erreger mehr haben. Die Bakterien werden immer resistenter und immer mehr Menschen sterben sogar an Infektionskrankheiten, die früher vergleichsweise einfach geheilt werden konnten.

Hausgemachte Probleme

Dieses Problem scheint vom Menschen hausgemacht zu sein. Denn viele Ärzte verschreiben allzu schnell Antibiotika, ohne dabei auf das Einsatzgebiet zu achten. Hält ein Kratzen im Hals, ein Husten oder der Schnupfen länger als gewohnt an, werden Antibiotika verschrieben. Das gilt auch bei Virusinfektionen, bei der Antibiotika keine Wirkung haben können, da sie nur gegen Bakterien helfen. Auch Michael Kresken von der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. sagte gegenüber dem Focus, dass rund 40 bis 60 Prozent aller Antibiotika-Rezepte in Deutschland Fehlverordnungen sind. Dies kann zum einen an einem allzu verschreibungswütigen Arzt liegen, an Unwissen oder an einem falsch verstandenen Sicherheitsbedürfnis, da man möglichst alle möglichen Ursachen bekämpfen möchte. Auch die Erwartungshaltung der Patienten spielt hier eine Rolle. Langfristig kann diese Denkweise aber sogar tödlich sein.

Zum einen helfen Antibiotika wie erwähnt bei einer Virusinfektion nicht. Antibiotika sind zum anderen wie ein Messer, das gegen Bakterien eingesetzt wird. Doch wenn man mit dem Messer zu oft zusticht, wird es stumpf und das Opfer entwickelt einen dicken Panzer, der vor der Klinge schützt. Teilweise produzieren wir sogar multiresistente Keime. Diese Keime hätten eigentlich schlechtere Überlebenschancen und würden von alleine absterben. Wenn man durch den Einsatz von Antibiotika die sensibleren Keime abtötet, öffnet man neue Lebensräume für die multiresistenten Keime, erklärt Kresken die Gefahr. Die resistenten Keime vermehren sich schnell und es entsteht ein neuer Stamm, gegen den es noch kein Mittel gibt.

Medikamente zweiter Wahl

Je häufiger man also Antibiotika einnimmt, desto weniger helfen die Antibiotika. Das führt sogar dazu, dass vergleichsweise harmlose und als besiegt geltende Erkrankungen wie eine Lungenentzündung einen tödlichen Ausgang haben können, weil die Medikamente keine Wirkung mehr zeigen. Teilweise müssen die behandelnden Ärzte sogar als veraltet geltende Antibiotika aus dem Ausland importieren, da die neuen Produkte wirkungslos geworden sind. Oft helfen auch nur Antibiotika zweiter Wahl, die zwar die Bakterien bekämpfen, aber auch größere Nebenwirkungen haben.

Letztendlich muss ein Umdenken bei Ärzten und Patienten stattfinden. Antibiotika sind kein Allheilmittel, die auch auf Verdacht verschrieben werden sollten. Auch Patienten sollten nicht den Einsatz von Antibiotika bei einer leichten Grippe fordern und eben dem Immunsystem ein paar Tage mehr Zeit geben, eine Infektion zu bekämpfen. Momentan versuchen einige Pharmaunternehmen Systeme zu entwickeln, die mit einfachen Bluttests erkennen können, ob eine Infektion durch Viren oder Bakterien verursacht wird. Bis diese aber in der Praxis eingesetzt werden können, gilt der Hinweis, Antibiotika nicht bei jedem Niesen zu verschreiben.

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