Wenn über 400 klassische Fahrzeuge durch mittelalterliche Gassen röhren, Zuschauer jubelnd an der Strecke stehen und italienische Orte wie aus dem Bilderbuch in Motorenduft und Retro-Romantik getaucht werden, dann ist es wieder so weit: Die Mille Miglia ist zurück. Die 43. Ausgabe des „schönsten Rennens der Welt“ führte im Juni 2025 erneut durch ganz Italien – von Brescia bis Rom und zurück – und begeisterte mit einer ikonischen „Acht-Strecke“, die an die glanzvollen Vorkriegsrennen erinnert.
Ein besonderes Highlight auf der Route war der Halt in San Marino, der ältesten Republikder Welt. Mit seinen engen Gassen, der spektakulären Lage auf dem Monte Titano und seinem UNESCO-geschützten Stadtbild bot der Kleinstaat nicht nur ein einzigartiges Panorama, sondern auch emotionale Gänsehautmomente für Fahrer und Fans. Unter den rund 400 historischen Boliden war auch Porsche prominent vertreten: 28 Fahrzeuge aus Zuffenhausen traten in diesem Jahr an. Mitten im Feld: Michael Stehle Doukas, der einzige deutsche Porsche-Pilot, der gemeinsam mit seiner Tochter Zoe im seltenen Porsche 356 A 1500 GS Carrera Speedster an den Start ging. In unserem Interview erzählt er von Teamgeist, Vater-Tochter-Bindung, dem Zauber San Marinos und der unvergesslichen Magie dieses Ausnahme-Events.
Herr Stehle Doukas, Sie sind der einzige deutsche Porsche-Fahrer bei der diesjährigen Mille Miglia – was bedeutet Ihnen diese besondere Rolle?
Mir war das gar nicht bewusst und so gesehen erfüllt es mich auch etwas mit Stolz.
Welche Bedeutung hat die Mille Miglia für Sie persönlich – ist es eher ein sportliches Abenteuer oder eine Zeitreise durch die Automobilgeschichte?
Seit 2010 fahre ich ununterbrochen die Mille Miglia. Für mich ist es aufgrund der langen Strecke sowohl eine körperliche Herausforderung als auch immer wieder ein gelebter Traum.
Sie fahren mit Ihrer Tochter Zoe – was macht dieses Vater-Tochter-Erlebnis bei einem so traditionsreichen Rennen für Sie besonders?
Zoe ist mit Oldtimern aufgewachsen und schon ganz früh wuchs der Wunsch, dass wir zusammen die Mille Miglia fahren.
Was lernen Sie als Vater aus diesem gemeinsamen Abenteuer mit Ihrer Tochter?
Das Urvertrauen, das Zoe und mich verbindet, war die perfekte Voraussetzung für das Abenteuer Mille Miglia. Wir haben uns gegenseitig jederzeit zu 100 % vertraut und dadurch als Team wunderbar harmoniert.
Sie fahren einen Porsche 356 A 1500 GS Carrera – ein Fahrzeug mit Seltenheitswert. Können Sie uns etwas über die Geschichte Ihres Wagens erzählen?
Der Wagen ist ein seltener Pre-A Carrera Speedster mit einer beeindruckenden Rennhistorie. 1957 gewann Skip Hudson in dem SCCA National Rennen in Laguna Seca, was den größten Rennerfolg eines Carrera Speedsters darstellt.
Der Porsche 356 A 1500 GS Carrera gilt als Meilenstein der Rennsportgeschichte – was fasziniert Sie persönlich an diesem Modell?
Insbesondere fasziniert mich der Fuhrmannmotor. Ein reinrassiger Rennmotor, der wirklich extrem schnell und drehfreudig ist.
Welche Herausforderungen bringt ein solch historischer Wagen auf einer über 2.000 Kilometer langen Strecke mit sich?
Im Grunde kann man sich über jeden gefahrenen Kilometer freuen, denn selbstverständlich ist es nicht, wenn der Wagen die lange und anspruchsvolle Strecke durchhält.
Gab es besondere Vorbereitungen, die Sie für das Rennen mit dem Fahrzeug treffen mussten?
Der Wagen wurde komplett überholt und die Reifen erneuert.
Die Mille Miglia 2025 führt wieder über viele eindrucksvolle Etappen – welche Abschnitte der Route waren für Sie und Ihre Tochter bislang die eindrucksvollsten?
Die Etappe rund um den Gardasee. Einfach unbeschreiblich schön mit großer deutscher Unterstützung. Fast schon eine Art Heimspiel.
Die Passage durch die Republik San Marino ist ein Höhepunkt der diesjährigen Route – was hat diesen Moment für Sie besonders gemacht?
Nebst der grandiosen Aussicht von der Burg aus, waren es die Zuschauer, die ganz eng am Straßenrand in den Cafés saßen und jedes Auto gefeiert haben.
Gab es Momente auf der Strecke, die Ihnen emotional besonders im Gedächtnis geblieben sind?
Die Ankunft in Brescia, da waren wir glücklich, dass wir es geschafft haben und gleichzeitig ein wenig traurig, dass das Rennen zu Ende ging.
In diesem Jahr waren 28 Porsche-Fahrzeuge bei der Mille Miglia am Start – Sie als einziger deutscher Fahrer mittendrin. Gab es Austausch oder besondere Begegnungen mit den anderen Porsche-Teams?
Automatisch haben wir uns gleich mit der Porsche Community verstanden und mit dem ein oder anderen Team haben wir auch Nummern getauscht, weil wir in Kontakt bleiben wollen.
Haben Sie das Gefühl, dass sich unter den Porsche-Fahrern so etwas wie eine eigene kleine Community innerhalb des Mille-Miglia-Felds bildet?
Ja, das Porsche-Fahren verbindet auf jeden Fall.
Hatten Sie ein persönliches Ziel für dieses Jahr – Klassensieg oder einfach nur genießen?
Wir wollten primär genießen und doch haben wir sämtliche Zeitprüfungen seriös und manchmal auch durchaus ambitioniert abgearbeitet.
Wird es für Sie und Zoe ein einmaliges Erlebnis bleiben – oder sehen wir Sie nächstes Jahr wieder am Start?
Zoe wird sicher in der nächsten Zeit selbst die Mille Miglia fahren.
Was würden Sie anderen Oldtimer-Enthusiasten sagen, die davon träumen, einmal selbst an der Mille Miglia teilzunehmen?
Wenn es sich irgendwie darstellen lässt, dann muss man es unbedingt machen. Es gibt meiner Meinung nach kaum eine schönere Oldtimerveranstaltung.
Hintergrund: Die Mille Miglia 2025 im Rückblick
Fünf Tage, über 1.900 Kilometer und 400 Klassiker in Bewegung – das war die 43. Neuauflage der Mille Miglia. Sieger der diesjährigen Ausgabe waren erneut Andrea Vesco und Fabio Salvinelli im Alfa Romeo 6C 1750 SS von 1929 – ihr sechster Titel in Folge. Ebenfalls auf dem Podium: Zwei argentinische Teams mit Erejomovich-Llanos und Tonconogy-Ruffini. In der Ferrari Tribute-Kategorie siegten Roland Hotz und Giordano Mozzi im F8 Spider, bei der 1000 Miglia Green waren Mirco Magni und Federico Giavardi im Polestar 4 erfolgreich.