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Interview mit Juliane Schenk

  • Nils Borgstedt
Juliane Schenk zählt zu den erfolgreichsten Deutschen Badmintonspielerinnen. Die Olympiateilnehmerin von Peking spricht über Leistungsdichte, Reisestrapazen und was sie in ihrer Karriere noch für möglich hält.

Netzathleten: Zunächst einmal Herzlichen Glückwunsch zu Deinem tollen Erfolg beim Final-Turnier in Malaysia. Als zweite Deutsche nach Xu Huaiwen warst Du beim Masters-Finalturnier in Malaysia dabei, hast dort dann auch gleich das Finale erreicht. Gegen die Malaysierin Wong Mew Choo bist Du sogar leicht favorisiert gegangen. Überwiegt jetzt im Nachhinein die Freude über Deinen bisher größten Erfolg, oder die Enttäuschung, dass es doch nicht zum ganz großen Wurf gereicht hat?
Juliane Schenk: Für mich ist ein Spieler, der im Finale vor heimischem Publikum aufschlägt, in der Regel immer favorisiert. Ich hatte mir vorgenommen, dieses Finale vollkommen erwartungsfrei zu spielen und konnte demnach nicht enttäuscht sein. Die Freude über das Erreichte zu genießen habe ich gelernt, und dazu gehört, in dem Moment die Gier nach Mehr nicht aufkommen zu lassen.

Netzathleten: Du bist Sportsoldatin und kannst professionell trainieren. Wie sieht Dein Tagesablauf genau aus?
Juliane Schenk: In einer normalen Trainingswoche ist der Rhythmus in der Regel folgendermaßen: Vormittags sowie nachmittags jeweils rund eine dreistündige Trainingseinheit – zwischen den Einheiten stehen Physiotherapie, Termine und organisatorische Dinge an. Mittwochs ist so genannter Regenerationstag, hier wird nur einmal trainiert.

Netzathleten: Wie sieht es mit den Reisestrapazen aus, Ihr seid häufig in Asien unterwegs. Leidet die Leistung darunter?
Juliane Schenk: Mit Sicherheit ist es eine Belastung, regelmäßig nach Asien zu fliegen. Wenn es zu häufig hinter einander vorkommt, merke ich durchaus, dass die Kräfte nachlassen. Hier ist es wichtig, eine bestens abgestimmte Turnierplanung vorzunehmen, die allerdings nicht immer gelingt. Das richtige Maß an Belastung und Regeneration ist wichtig.

Netzathleten: Wie kräfteraubend ist so ein Turnier? Mehrere Spiele innerhalb einer Woche gegen Top-Gegnerinnen, da braucht man wahrscheinlich etwas Regenerationszeit im Anschluss?
Juliane Schenk: Natürlich sollte man nach einer intensiven Turnierwoche ausreichend Regeneration folgen lassen. Zumeist kommt dieser Punkt aber zu kurz, da es die verschiedenen Interessengruppen gibt, die einen fordern, wie z. B. Bundesliga, Bundeswehr, Bürokraten.


Netzathleten: Wie sieht es mit den Preisgeldern im Badminton-Sport aus. Für Deine Finalteilnahme in Malaysia hast Du immerhin 20.000 $ bekommen. Könntest Du von den Preisgeldern leben?
Juliane Schenk: Theoretisch könnte ein Sportler davon leben – allerdings sehr bescheiden. Preisgelder in der Größenordnung sind ja eher selten, und wenn man bedenkt, dass die Ausübung des Sports nur begrenzt zum Lebensunterhalt beitragen kann, gibt’s derzeit keinen Anlass zur Genugtuung. Aber was nicht ist kann ja noch werden.

Netzathleten: Jetzt bist Du erstmals unter den Top Ten der Damenweltrangliste. Was glaubst Du, ist für Dich noch drin?
Juliane Schenk: Alles ;-)

Netzathleten: Ein Blick in die Zukunft… Hast du schon Ziele für die Olympischen Spiele 2012 in London?
Juliane Schenk: Definitiv: mein persönliches Highlight, die Olympischen Spiele, noch einmal mit der ganzen Leidenschaft, die mein Beruf hergibt, in Topform zu bestreiten.

Netzathleten: Badminton wird in der breiten Öffentlichkeit noch nicht wirklich wahrgenommen. Was kann man deiner Meinung nach verbessern, um mehr Aufmerksamkeit für Badminton zu erreichen?
Juliane Schenk: Ich denke, sobald wir aufhören Badminton als Randsport zu titulieren und ständig darauf verweisen, dass er von keinem großen Interesse ist, wäre der Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wenn ich als Sportlerin permanent tiefstapeln würde, könnte ich keine ansehnliche Leistung erbringen. Dieser Ansatz ist auf alle Felder übertragbar. Es gibt wohl kaum einen, der den guten Federball hierzulande nicht kennt, und es werden immer mehr, die Zeuge werden, welch rasanter Spitzensport sich hinter diesem Hochgeschwindigkeits-Ball verbirgt.

Netzathleten: Kommen wir mal zur etwas unangenehmeren Seite des Profisports, den Verletzungen. Gibt es eine „Standardverletzung“ im Badminton, etwa so etwas wie den Tennisarm?
Juliane Schenk: Achillessehnen- und Kreuzbandrisse sind so mit das Schlimmste, was einem als Spieler widerfahren kann und sind leider im Badmintonsport keine Seltenheit.

Netzathleten: Was war die schwerste Zeit in deiner Karriere bisher und wie hast du dich wieder danach aufgebaut?
Juliane Schenk: Ich hatte 2006 eine hartnäckige Schulterverletzung, eine so genannte Werferschulter. Zum Glück konnte ich auf das Badmintonfeld gestärkt zurückkehren, weil ich in dieser Zeit an die richtigen Menschen geraten bin und ich großartige Unterstützung erfahren habe. Für diese Zeit bin ich noch heute dankbar, auch wenn es eine lange, intensive Phase mit allen Höhen und Tiefen war.

Netzathleten: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für die kommenden Wettkämpfe.

 

Das Interview führte Nils Borgstedt

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