Was ist eigentlich 3D-Vibration? Christian Riedel

Was ist eigentlich 3D-Vibration?

  • Marco Heibel
Ein Traumkörper in Rekordzeit und ohne Anstrengung – das versprechen immer wieder Anbieter von Hightech-Methoden wie dem Vibrationstraining. Der neuste Clou von Power Plate & Co.: 3D-Vibrationen sollen noch bessere und schnellere Erfolge bringen. Was ist wirklich dran?

Es gibt mittlerweile einige Studien, welche die Wirksamkeit von Vibrationstraining bestätigen. Dennoch ist die Studienlage längst nicht eindeutig. Kritiker führen an, dass viele der Untersuchungen mit Kranken, Alten oder Kindern durchgeführt wurden. Und bei genau diesen Personengruppen reicht oft ein kleiner Reiz, um einen Trainingseffekt zu erzielen.



Sportler scheinen aber auch vom Vibrationstraining zu profitieren. Eine Studie mit Profi-Volleyballerinen ergab beispielsweise, dass die höchste Muskelaktivierung (EMG-Messung) bei einer Frequenz von 30 Hertz erreicht wird. Die Muskelaktivierung ist ein Anhaltspunkt für die Effizienz einer Kraftübung.

Doktor Heinz Kleinöder von der Deutschen Sporthochschule kam zu einem ähnlichen Ergebnis: Eine vertikale Vibration bei einer Frequenz von 30 Hertz und einer Amplitude von 2 Millimeter bringt demnach den höchsten Kraftzuwachs.

Vertikale, seitenalternierende oder 3D-Vibrationen?


Was bedeutet vertikal? Und warum gibt es verschiedene Vibrationsformen? Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einer linearen und einer seitenalternierenden Vibration. Dabei handelt es sich um verschiedene Konzepte. Bei der Firma Galileo versucht man durch eine kippelnde Platte (seitenalternierend) den menschlichen Gang zu simulieren. Beide Beine werden wechselseitig belastet und über die Hüfte soll so eine Kräftigung der unteren Rückenmuskulatur erzielt werden. Dieser Ansatz lässt allerdings nur wenige Übungsformen zu. In der Regel ist hier auch der Frequenzbereich niedriger als bei den vertikal vibrierenden Platten.

Mehr und schneller


Vertikal bedeutet, dass sich die Platte nur hoch und runter bewegt. Auf diese Auf- und Abbewegung reagiert der Körper mit einem so genannten Dehnungs-Verkürzungs-Reflex. Genau genommen werden sogar hunderte Reflexe bei einem 10-minütigen Training ausgelöst, wodurch es zu einer sehr schnellen Ansteuerung von Muskelfasern (Frequenzierung) kommt.

Außerdem werden dabei wesentlich mehr Muskelfasern gleichzeitig (Rekrutierung) angesprochen als bei einem klassischen Gerätetraining. Beides erklärt den erstaunlichen Trainingseffekt nach nur wenigen Trainingseinheiten auf einer solchen Vibrationsplatte.

Warum also 3D?


Bisherige Studien beziehen sich dabei auf eine vertikale Vibration. Welchen Vorteil bieten dann also 3D-Vibrationen? Bevor man das beurteilen kann, muss man erst mal verstehen, was 3D-Vibrationen sind und wie sie entstehen.

Dreidimensionalität bezieht die Länge, Breite und Tiefe des Raumes ein. Es handelt sich also um Vibrationen, die nicht rein linear von oben nach unten oder von links nach rechts auftreten, sondern gleichzeitig in allen drei Dimensionen des Raumes schwingen.

Stochastische Therapie


Es gibt beispielsweise Geräte, die sowohl vertikal, als auch horizontal schwingen und gleichzeitig eine Kippbewegung zulassen. Solche Vibrationen kommen bei der so genannten stochastischen Therapie zum Einsatz. Der ehemalige Weltklasseskifahrer Hermann Maier hat sich nach seinem schweren Motorradunfall 2001 mit dieser Methode wieder fit gemacht.

Entscheidend dabei ist aber sowohl eine niedrige Frequenz um 10 Hertz, als auch das zufällige Auftreten der Vibrationen, um eine Gewöhnung an den Trainingsreiz auszuschließen. Man spricht daher auch von variablen Vibrationen. Der erwünschte Trainingseffekt ist hier kein Kraftzuwachs wie bei vertikal vibrierenden Platten, sondern eine propriozeptive Anpassung. Man kann damit also in erster Linie seine koordinativen Fähigkeiten schulen.

Beides geht nicht


Da könnte man eigentlich meinen, es sei sinnvoll, diese beiden Trainingsformen in einem Gerät miteinander zu kombinieren. Eine Vibrationsplatte, die mit 3D-Effekt quasi für mehr Kraft und mehr Koordination sorgt. Wäre da nicht das Problem mit den unterschiedlichen Frequenzen. In der Praxis sieht es nämlich so aus, dass man sich entscheiden muss.

Will man seine Koordination schulen, benötigt man niedrige Frequenzen um 10 Hertz. Will man dagegen seine Fitness verbessern, sind höhere Frequenzen um 25-35 Hertz ideal, während sich Frequenzen über 40 Hertz lediglich für Massagen anbieten, da das Nervensystem bei derart schnellen Vibrationen nicht mitkommt.

Fazit: 3D ist Marketing


Die üblichen Geräte in Fitnessstudios sind meist auf einen Frequenzbereich von 30 bis 50 Hertz ausgelegt. Wird hier dennoch mit 3D-Vibrationen geworben, sind diese wenig sinnvoll und teilweise sogar kontraproduktiv, weil Sehnen und Bänder durch schnelle horizontale Schwingungen unnötig belastet werden. Tatsächlich scheint es eher eine Qualitätsfrage zu sein. Möglicherweise bekommen einige Hersteller die Schwingungen in ihren Vibrationsplatten nicht unter Kontrolle und machen kurzerhand aus einer Schwäche eine Innovation. Studien, die den Nutzen von mehrdimensionalen Vibrationen in einem hohen Frequenzbereich bestätigen, gibt es jedenfalls keine.

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