Neue Kufen für Hackls Rodler Stefan Heigl -- Georg Hackl (oben), Julian von Schleinitz (Rennrodler, links) und Sebastian Meyer (BMW Motorsport Renningenieur, hinten re.) beim Tüfteln am Schlitten
Vor Olympia: „Kufengott“ Georg Hackl im Interview

Neue Kufen für Hackls Rodler

Der dreimalige und damit Rekord-Olympiasieger im Rodeln, Georg Hackl (51), galt zu seiner aktiven Zeit als akribischer Arbeiter. Sein stetiger Fleiß bei der Weiterentwicklung des Schlittens leistete entscheidenden Beitrag zu seinem Erfolg im Eiskanal. Wir haben mit dem heutigen Stützpunkttrainer  über die aktuellen technischen Entwicklungen in seinem Sport und die grundsätzlichen Eigenschaften der Kufen gesprochen.
netzathleten: Herr Hackl, Sie galten als absoluter Tüftler, der nächtelang am Schlitten gearbeitet hat…

Georg Hackl: …mei, ja (antwortet bayerisch und lacht).

netzathleten: Was haben Sie in all den Nächten gemacht? Nur die Kufen geschliffen, damit diese möglichst scharf sind?

Georg Hackl: Die Kufen des Rennschlittens dürfen gar nicht scharf sein. Je weniger die Kufen ins Eis eindringen, je weniger scharf sie also sind, umso schneller fährt man. Es geht also darum möglichst runde Kufen zu haben, die allerdings das Problem mitbringen, dass man wenig Griff hat und durch die Bahn driftet, die Kurve womöglich nicht kriegt. Man muss also genau den Punkt in der Mitte treffen – und der ist bei jedem Rodler anders. Das ist die Schwierigkeit und es erfordert Zeit, das optimal zu lösen.

netzathleten: Das war also Ihre Spezialität. Kann man das so sagen?

Georg Hackl: Ja. Und ich mache das auch jetzt als Trainer noch leidenschaftlich gerne. Ich berate unsere Sportler dabei und wir versuchen dadurch, das gesamte System zwischen Rodler und Schlitten gemeinsam weiter zu entwickeln und schneller zu machen.

georg hackl kufen
Rodel und Skeleton Aerodynamiktests des BSD im Windkanal von BMW (©Stefan Heigl)

netzathleten: Wie ist der Stand der aktuellen Entwicklungen? Der Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) arbeitet eng mit seinen Unterstützern an neuen Materialien. Welche Ergebnisse lieferte dieser Wissenstransfer aktuell für die Rodler?

Georg Hackl: Wir haben uns intensiv mit dem Thema Gleitstahl beschäftigt – es ist eines der wenigen Felder, in denen wir Rodler regeltechnisch noch Spielraum haben. BMW ist bereits seit vielen Jahren unser Partner und hat unsere Kufen seit langem durch Plasmanitrieren veredelt. Das heißt, dass gezielt Stickstoff in die äußere Schicht der Kufen eingebracht wurde, um diese härter zu machen. Diese Oberflächenhärtung brachte den Nachteil, dass sie sich durch das Schleifen abgenutzt hat. Die andere Möglichkeit war, die Kufen komplett durchzuhärten. Dann konnte man sie aber nicht mehr biegen. BMW hat nun ein Verfahren entwickelt, bei dem der harte Gleitstahl auf den duktilen, also verformbaren Grundkörper aufgeschweißt wird. Es ist ein Versuch, alle bisherigen Probleme auf einen Schlag zu lösen, wir können die Kufe biegen und lange schleifen. Auf die Idee kamen wir durch die neuen 3D-Drucker, das klang für uns vielversprechend. Der Prototyp ließ sich super fahren, so dass wir das nun in Serie bringen und hoffen, diese Kufen bei Olympia einsetzen zu können.

netzathleten: Würde es Sie persönlich reizen, mit diesem Material nochmal in die Bahn zu gehen?

Georg Hackl: Natürlich, sehr sogar. Aber ich könnte jetzt nicht einfach so aus dem Stegreif wieder in die Bahn zurückkehren. Rodeln ist eine sehr komplexe Sportart, die eine gute Vorbereitung erfordert. Wir sind aber alle hochgradig gespannt, wie sich das Material im Wettbewerb präsentiert.

netzathleten: Wie steht es denn um die Abtriebskraft beim Rodeln? Wären Spoiler wie in der Formel 1 womöglich sinnvoll, um schneller durch die Kurven zu kommen?

Georg Hackl: Das wird eine Spezialität der Rennwagen bleiben, die ja meistens keine Steilkurven auf den Kursen haben. Die brauchen tatsächlich Abtrieb, um in den Kurven möglichst wenig Zeit zu verlieren. Aber wer solchen Abtrieb erzeugt, verursacht insgesamt mehr Luftwiderstand. Genau diesen versuchen zu minimieren, das ist in unserem Sport tatsächlich das Wichtigste. Und die Steilkurven erledigen bei uns den Rest. Sie sorgen dafür, dass wir überhaupt in der Bahn bleiben.

Georg Hackl Derk Hoberg
Derk Hoberg (re.) traf Georg Hackl bei einer Pressekonferenz des BSD in der Münchner BMW Welt

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